Traum vom Eigenheim Grundstückspreise steigen: Wo in Sachsen-Anhalt noch günstig gebaut werden kann
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15. Dezember 2022, 17:44 Uhr
Nicht nur die Inflation und der erneut angehobene Leitzins machen den Traum vom Eigenheim immer teurer, sondern auch die vielerorts steigenden Grundstückspreise. Sachsen-Anhalt ist laut Statistik zwar das Bundesland mit den niedrigsten Kaufwerten für Wohnbauland, doch eine Analyse von MDR Data zeigt, dass auch hier Boden immer teurer wird. Experten raten Bauwilligen zu möglichst viel Eigenkapital und der Bereitschaft zum Pendeln.
- Der durchschnittliche Wert für einen Quadratmeter Bauland variiert in Sachsen-Anhalt je nach Ort um bis zu 180 Euro.
- Die Preise für Wohnbauland sind seit 2012 in 60 Prozent aller Gemeinden angestiegen, aber unterschiedlich stark.
- Wer trotz der aktuellen Preissteigerungen in Sachsen-Anhalt bauen will, sollte möglichst viel Eigenkapital und die Bereitschaft zum Pendeln mitbringen.
In Sachsen-Anhalt wurden 2021 rund 2.000 Ein- und Zweifamilienhäuser fertiggestellt. Was all diesen Bauvorhaben vorausgegangen ist: Die Suche nach einem passenden und bezahlbaren Grundstück. Wie teuer die Grundstücke in einer Gemeinde sind, lässt sich anhand der sogenannten Bodenrichtwerte annäherungsweise nachvollziehen. Die Angaben für alle Wohngebiete in Sachsen-Anhalt werden beim Landesamt für Vermessung und Geoinformation veröffentlicht. Die MDR-Analyse der Daten zeigt: Den höchsten durchschnittlichen Bodenrichtwert hat aktuell Halle mit 192 Euro pro Quadratmeter (€/qm). Ebenfalls teuer ist es in Magdeburg mit 170 €/qm.
Doch bereits wenige Kilometer außerhalb der großen Städte sind die Bodenpreise deutlich niedriger: Vor den Toren Halles in Teutschenthal liegt der durchschnittliche Bodenrichtwert aktuell bei 72, in Wettin-Löbejün bei 50 und in Zörbig bei durchschnittlich 37 €/qm. Östlich von Magdeburg in Gommern, Biederitz und Möser wurden Grundstücke in den vergangenen zwei Jahren für durchschnittlich 40 bis 62 €/qm verkauft.
Anhand der folgenden Karte können Sie nachvollziehen, wie hoch der durchschnittliche Bodenrichtwert in Ihrer Gemeinde liegt. Mit einem Klick auf die Gemeinde können Sie auch sehen, wie stark sich die Werte innerhalb eines Orts unterscheiden:
Welche Gemeinden wurden berücksichtigt? Es wurden nur Gemeinden berücksichtigt, in denen allgemeine Wohngebiete, reine Wohngebiete und Kleinsiedlungsgebiete mit baureifem Land für die sofortige Bebauung von ein- bzw. zweistöckigen Gebäuden (Einfamilienhäuser) verfügbar waren.
Bodenrichtwerte werden alle zwei Jahre für jede Gemeinde neu ermittelt und stellen einen unverbindlichen Orientierungswert für den Quadratmeterpreis dar, der in einem bestimmten Baugebiet in den jeweils zurückliegenden zwei Jahren bei einem Grundstückskauf gezahlt wurde. Die Werte beziehen sich damit immer auf die Vergangenheit, je nach Angebot und Nachfrage können Grundstücke zum tatsächlichen Zeitpunkt des Kaufes auch günstiger oder teurer sein.
So wird der Bodenrichtwert ermittelt
Für jede sogenannte Bodenrichtwertzone werden alle zwei Jahre von den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte der jeweiligen Gemeinden ein Bodenrichtwert festgelegt. Laut Landesamt für Vermessung und Geoinformation ergibt sich der Bodenrichtwert in Gebieten, in denen viele Grundstücke verkauft werden, aus der Summe aller Kaufpreise durch die Anzahl der innerhalb von zwei Jahren verkauften Grundstücke in diesem Gebiet. In Innenstädten beispielsweise, in denen es keine Neubausiedlungen und kaum unbebaute Grundstücke gibt, werde der Bodenrichtwert allerdings von den Gutachtern anhand der Werte aus vergangenen Jahren oder angrenzenden Gebieten geschätzt.
Baugrundstücke in der Altmark und im Kreis Wittenberg am günstigsten
Vergleichsweise günstig sind die Bodenpreise tendenziell im Norden und Osten von Sachsen-Anhalt, besonders im Landkreis Wittenberg und in der Altmark. Durchschnittlich am günstigsten ist Bauland mit zehn bis zwölf Euro pro Quadratmeter aktuell in den altmärkischen Gemeinden Rochau, Iden und Werben (Elbe). Innerhalb der Gemeinden in Sachsen-Anhalt gibt es teilweise sehr unterschiedliche Bodenrichtwerte. Die aktuell teuerste Zone mit 350 €/qm liegt in Magdeburger Stadtteil Stadtfeld-Ost rund um die Roseggerstraße und Herderstraße.
Die Bodenrichtwertzone mit dem aktuell niedrigsten Wert, fünf Euro pro Quadratmeter, liegt in Mangelsdorf in der Gemeinde Jerichow. Laut der Leiterin des dortigen Bauamts, Julia Bolle, wurden in Mangelsdorf in den letzten Jahren kaum Grundstücke gekauft. Auch in Hohenwulsch, einem kleinen Ort in der Einheitsgemeinde Stadt Bismark, ist der Bodenrichtwert mit sechs Euro pro Quadratmeter sehr niedrig. Nach Angaben der Bürgermeisterin der Einheitsgemeinde Stadt Bismark, Annegret Schwarz, ist die Nachfrage nach Bauland in der Gemeinde insgesamt in den letzten Jahren gestiegen.
Es ist leider nicht immer möglich, auf dem Hinterhof der Großeltern einfach so zu bauen.
Das Problem sei allerdings, dass die Kommune kein erschlossenes Bauland ausweisen könne, da keine geeigneten kommunalen Flächen vorhanden seien. Bei privaten Grundstücken scheitere die Bebauung oft an baurechtlichen Grenzen: "Es ist leider nicht immer möglich, auf dem Hinterhof der Großeltern einfach so zu bauen," sagt Bürgermeisterin Schwarz.
Bodenpreise in 60 Prozent der Gemeinden gestiegen
Die Analyse der Bodenrichtwerte der vergangenen zehn Jahre zeigt außerdem: Seit 2012 ist der durchschnittliche Bodenrichtwert in rund 60 Prozent der Gemeinden gestiegen. Prozentual betrachtet stieg der Bodenrichtwert am stärksten im Landkreis Börde in den Gemeinden Oebisfelde-Weferlingen und Hohe Börde.
"Oebisfelde-Weferlingen ist die direkte Nachbargemeinde zum Land Niedersachsen und zu Wolfsburg", erklärt der Geschäftsführer des Immobilienbüros "Engel & Völkers" in Magdeburg, Norbert Steinborn. Da Bauland hier deutlich günstiger gewesen sei als in Niedersachsen, seien viele Mitarbeitende von VW nach Sachsen-Anhalt gezogen. "Spannend ist auch, dass Oebisfelde-Weferlingen sehr viel Bauland ausgewiesen hat. Da hat man also einiges richtiggemacht", so Steinborn.
Der Bauboom in Sachsen-Anhalt
In 60 Prozent der Gemeinden ist der durchschnittliche Bodenrichtwert in den letzten zehn Jahren gestiegen. Laut Steinborn hat das verschiedene Gründe: "Bis 2010 hatten wir eine relativ ruhige Landschaft, was Bauland und auch überhaupt Mietpreise anging. Die Situation hat sich dann verändert, was auch damit zu tun hat, dass sich der Zinssatz nach 2011 immer weiter nach unten bewegte". Durch niedrige Zinsen habe sich für viele Menschen die Möglichkeit geboten, Bauland zu kaufen. "Auch, wenn noch gar nicht die Absicht bestand, tatsächlich darauf zu bauen", meint Steinborn.
Ab 2015 führten Steinborn zufolge die steigenden Bevölkerungszahlen zu einer weiter erhöhten Nachfrage nach Bauland und weiter steigenden Preisen. Im Jahr 2019 haben die niedrigen Zinsen die Nachfrage erneut erhöht: "Da waren wir in diesem halben Prozentbereich, den viele noch aus dem Frühjahr dieses Jahres kannten", so Steinborn. Ein Jahr später kam dann noch die Corona-Pandemie hinzu, die durch eine Normalisierung von Homeoffice-Lösungen dazu geführt habe, dass bei vielen Menschen der Wunsch nach einem Eigenheim aufgekommen sei.
Das Ergebnis: Die Baubranche boomte, die Anzahl der Baugenehmigungen für Wohngebäude stieg laut dem Statistischen Landesamt seit 2017 stetig. Und durch den Bauboom stiegen die Preise für Grundstücke und Wohnungen. Besonders bemerkbar machten sich die Preissteigerungen in den Regionen Halle und Magdeburg, doch auch auf dem Land sind die Preise angezogen. "Wenn es nicht mehr elementar ist, von wo aus ich arbeite, ist es auch gar nicht so wichtig, ob ich binnen zehn Minuten an meiner Arbeitsstelle bin", so Steinborn. Dadurch habe sich der Trend dazu, dass viele Menschen in die Städte gezogen seien, seit Corona ein Stück weit umgedreht.
"Den Bauboom wird es in dieser Form nicht mehr geben"
Beim Blick auf die Zukunft ist sich Norbert Steinborn sicher: Den Bauboom werde es in dieser Form nicht mehr geben. Doch auch mit steigenden Zinsen werden die Menschen noch Eigenheime bauen, meint Steinborn: "Wir haben ein mittleres Zinsniveau zwischen 3,8 und 4,5 Prozent. Noch im Jahr 2000 waren sechs Prozent vollkommen okay." Zudem sind auch die Preise für Energie, Baumaterial und Rohbauarbeiten dieses Jahr stark gestiegen. Baukredite waren jahrelang günstig. Aber seit Jahresbeginn steigen die Zinsen für Hypothekendarlehen wieder, und das deutlich stärker als erwartet.
Alexandra Werner, die gerade in Oschersleben eine alte Fachwerkscheune ausbaut, berichtet beispielsweise von nicht lieferbaren Dachziegeln und Fachkräftemangel: "Wir warten aktuell auf den Trockenbauer, der keine Leute zur Verfügung hat". Auf die Luftwärmepumpe warte Werner schon seit Februar: "Die kommt dieses Jahr nicht mehr," sagt sie. Stattdessen müsse die Baustelle jetzt monatelang mit Strom auf 20 Grad Celsius geheizt werden, damit der Estrich trockne. "Wie teuer das ist, sehen wir dann später erst", so Werner.
Doch Sie habe noch Glück gehabt: "Wir hatten sehr viel Eigenleistung und quasi jeden einzelnen Stein aus dem Haus abgeklopft und selbst wieder eingesetzt". Auch über den günstigen Kredit, den sie noch vor zwei Jahren bekommen hat, sei Werner froh. Dass die Fenster und der Kamin schon eingebaut sind, habe ihnen ebenfalls viel Geld gespart: "Da Glasherstellung ja sehr energieintensiv ist, würden wir jetzt locker das Doppelte zahlen," so Werner.
Tipps für Bauwillige
Anderen, die trotz der aktuellen Lage bauen wollen, rät sie: "Wir sind gut damit gefahren, regionale Leute zu finden, die auch flexibel zur Verfügung stehen, anstatt das von einer großen Firma machen zu lassen". Mit denen könne man direkt reden, wenn es Engpässe gebe. Bei einer großen Firma stecke man dann in einer Hotline fest und wisse nicht, ob das eigene Haus noch rechtzeitig fertig werde. Außerdem solle man immer drei Schritte vorausdenken, so Werner, "weil beispielsweise der Tischler so viele Aufträge hat, dass er zwölf Wochen braucht."
Norbert Steinborn zufolge ist es in dieser angespannten Lage wichtig, so viel Eigenkapital wie möglich anzusparen: "Je mehr Eigenkapital ich in ein solches Vorhaben hineinpacke, desto besser werden die Konditionen, die ich erhalte". Wenn man sich entscheide, wegen der niedrigeren Grundstückspreise von der Stadt wegzuziehen, müsse man "auch die Bereitschaft zum Pendeln mitbringen" und sich beispielsweise fragen, ob man zum Einkaufen wirklich immer mit dem Auto fahren wolle.
Auch für die Kommunen hat Steinborn einen Tipp: "Weist mehr Baugebiete aus!" Denn mehr Angebot reduziere immer den Preis. "Ich mache mir gar nicht so viel Sorgen im Bereich Wohnungsbau. Wir haben noch völlig moderate Mieten. Aber es geht ja um den Wunsch, ein Eigenheim zu haben", und als Kommune müsse man beides bieten, so Steinborn. Laut ihm werde beispielsweise die Stadt Magdeburg der Nachfrage nicht gerecht.
Ein Sprecher der Stadt entgegnet MDR SACHSEN-ANHALT jedoch, dass Magdeburg den Bedarf aus planungsrechtlicher Sicht abdecke. 2023 würden demnach rund 500 Grundstücke über Bebauungspläne für den Eigenheimbau bereitgestellt. Durch die Ansiedlung des Chipherstellers Intel rechne die Stadt mit einem zusätzlichen Bedarf von 6.500 bis 8.500 Wohnungen innerhalb der nächsten zehn Jahre, 300 bis 400 davon in Ein- oder Zweifamilienhäusern. Das sei nur ein Zehntel dessen, was in Magdeburg in jedem Jahr an Einfamilienhäusern und Doppelhäusern entstehe, so der Sprecher. Die Grundstückspreise seien aufgrund der hohen Nachfrage und hoher Erschließungskosten stark gestiegen. Nach dem Ende der extremen Niedrigzinsphase zeige sich nun aber eine sinkende Nachfrage, die das Preisniveau stabilisiert.
MDR (Marie Zinkann)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 16. Dezember 2022 | 05:00 Uhr
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