S-Bahn Mitteldeutschland Neue S-Bahn Linie am Geiseltalsee: Pendler und Touristen profitieren
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12. Dezember 2024, 17:30 Uhr
Zum Fahrplanwechsel bei der Deutschen Bahn am kommenden Sonntag wächst auch das Netz der S-Bahn Mitteldeutschland um ein weiteres Stück. Eine neue Linie im Süden Sachsen-Anhalts verbindet dann Halle mit Merseburg und Querfurt. Im Stundentakt – und ohne Umsteigen. Vor einigen Jahren war die Strecke im Geiseltal noch von der Stilllegung bedroht.
- Die neue S-Bahn Verbindung zwischen Halle und Querfurt ist eine ganz besondere: Es werden ausschließlich Dieseltriebwagen genutzt.
- Die Fahrt auf der 50 Kilometer langen Strecke über Merseburg und Braunsbedra dauert knapp eine Stunde.
- Für den Süden von Sachsen-Anhalt sind weitere neue S-Bahn Linien geplant – so für Naumburg, Weißenfels, Merseburg und Zeitz.
Wie er da so steht, in silbergrau und grün, sieht er schmuck aus. Doch das ikonische "S", das in weiß auf grünem Grund auf der Außenhaut prangt, ist für einen Dieseltriebwagen eher ungewöhnlich. Insofern ist die neue Linie S11 der S-Bahn Mitteldeutschland schon mal ein Novum: Es ist die erste, die nicht mit elektrischen Fahrzeugen betrieben wird.
Denn die Geiseltalbahn zwischen Merseburg und Querfurt, über die die Linie zu großen Teilen führt, ist nicht elektrifiziert. Was an diesem Mittwoch die Freude darüber, per S-Bahn – also quasi "standesgemäß" – an die mitteldeutsche Metropolregion angeschlossen zu werden, keinesfalls schmälert, sondern eher noch erhöht. Entsprechend groß ist das Aufgebot an Vertretern aus Politik, Verkehrswesen und Presse, die die neue Linie mit einer Eröffnungsfahrt einweihen.
Als sich der Zug um 11:38 Uhr auf Gleis 7 des halleschen Hauptbahnhofs in Bewegung setzt, sind neben Verkehrsministerin Lydia Hüskens (FDP) und Landtagsabgeordneten aus der Region auch viele Bürgermeister aus den Kommunen entlang der Strecke an Bord. "Wir können uns glücklich schätzen über die neue Verbindung", sagt Braunsbedras Stadtoberhaupt Steffen Schmitz (CDU) an diesem Tag. "Die neue S11 ist eine enorme Verbesserung, ganz besonders für Pendler."
Gleise und Haltepunkte erneuert
Für die Verbesserung bedurfte es zunächst eines Kraftaktes: der umfassenden Sanierung der Geiseltalbahn. Im Frühjahr 2024 wurde die Strecke zwischen Merseburg und Querfurt dafür für mehrere Wochen voll gesperrt. Elf Kilometer Gleis wurden erneuert, zwei Brücken und sieben der elf Haltepunkte. Für den raschen Bauablauf gab es großes Lob an die Bahn. "Die Zusammenarbeit war konstruktiv und auf Augenhöhe – so angenehm, wie man es nicht erwartet hätte", lautet das Fazit von Bürgermeister Schmitz.
Insgesamt investierten das Land Sachsen-Anhalt und die Deutsche Bahn 22 Millionen Euro – und das in eine Strecke, die vor einigen Jahren noch von der Stilllegung bedroht war. Möglich macht es der Investitionsfonds für den Kohleausstieg. Die Region besser zu vernetzen sei hilfreich im Strukturwandel, schätzt Verkehrsministerin Hüskens ein. "Wir merken gerade hier in der Region, dass Menschen auf die Bahn umsteigen, das S-Bahn-Netz auch nutzen und wollen dem ein entsprechendes Angebot entgegensetzen. Der Bedarf ist da."
Aus RB 78 wird S11 Bisher verkehrte die RB 78 zwischen Querfurt und Merseburg. Sie wird ab 15. Dezember durch die Linie S11 ersetzt, die dann Querfurt direkt mit dem Hauptbahnhof Halle verbindet.
Verbesserung für Pendler und Touristen
Bedarf am neuen Angebot haben vor allem Pendler. Denn der Tagebau und die Brikettfabriken, die den Menschen im Geiseltal einst Arbeit gaben, sind längst Geschichte. Seither hat sich das Tal – mitsamt dem größten künstlichen See Deutschlands – aber auch zu einem beliebten Ausflugsziel entwickelt. Man kann im Geiseltalsee baden, ihn mit dem Fahrrad umrunden, an seinen Ufern wandern oder spazieren gehen, eine Bootstour machen und in der Straußwirtschaft des Weinbergs einkehren, der auf einer ehemaligen Kohlekippe angelegt wurde. Mit der neuen S11 lassen sich all diese Ziele erreichen.
Querfurt, Pfännerhall, Geiseltal
Am Ende der Stecke lockt Querfurt mit seiner historischen Burganlage – und etwa auf der Hälfte die frühere Zentralwerkstatt Pfännerhall. Wo einst Maschinen und Gerät für die Brikettfabriken im Geiseltal gewartet wurden, ist ein Museum entstanden. Betrieben wird es durch einen Verein. Man kann alte Bergbautechnik entdecken, viel zur Geschichte des Geiseltals erfahren und das Modell eines riesigen Alt-Elefanten bestaunen, dessen Skelett einst im Tagebau gefunden wurde. Ein Café ergänzt das Ausflugs-Angebot.
Dass der Name Pfännerhall auch an diesem Haltepunkt steht, macht uns besonders stolz.
Der frühere Haltepunkt Braunsbedra-Ost der Geiseltalbahn liegt direkt vor der Haustür. Und trägt ab sofort den Namen "Braunsbedra Pfännerhall". Die Umbenennung sorgt bei Andrea Paloch, die das Haus leitet, sichtlich für große Freude. "Dass der Name Pfännerhall auch an diesem Haltepunkt steht, macht uns besonders stolz.", strahlt sie. "Wir hoffen tatsächlich auf mehr Besucher hier in unserem Haus. Dass wir unseren Bekanntheitsgrad etwas erweitern können."
Eine Stunde Fahrzeit für 50 Kilometer
50 Kilometer lang ist die neue S-Bahn-Linie. Sie bietet erstmals eine umsteigefreie Verbindung zwischen Querfurt samt den Orten im Geiseltal und Halle. Ebenfalls neu ist der Stundentakt, der zugleich auch für eine zusätzliche Verbindung pro Stunde zwischen Merseburg und Halle sorgt.
Für die Strecke von Querfurt nach Halle braucht der Zug zwischen 55 und 59 Minuten. Wer sich in Querfurt ins Auto setzt und die Autobahn nutzt, dürfte schneller sein – aber dieses Argument lässt Peter Panitz nur eingeschränkt gelten. Er ist der Geschäftsführer der Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH (Nasa), die die neue S-Bahn-Linie mit geplant hat und den Verkehr darauf bestellt. Er verweist darauf, dass auch der Zug seine Vorteile hat. "Man kann im Zug lesen, etwas arbeiten, Schüler machen vielleicht noch Hausaufgaben dabei. Wir halten das auf jeden Fall für konkurrenzfähig."
Das Auto stehen lassen und mit der Bahn rasch auf Arbeit, zur Schule oder zum Studium – so lautet das erklärte Ziel. Mit der S11 soll sich die Zahl der Reisenden auf der Strecke verdoppeln: von derzeit 500 auf 1.000 pro Tag. Dafür steht nun eine Flotte von sieben Dieseltriebwagen zur Verfügung, um den erhofften Zuwachs an Reisenden ohne Platzprobleme zu bewältigen. Sie alle werden in der nächsten Zeit den neuen Look in silbergrau und grün anlegen und damit auch sichtbar für S-Bahn-Atmosphäre zwischen Halle und Querfurt sorgen.
S-Bahn-Netz soll weiter wachsen
Fertig ausgebaut ist das Netz der S-Bahn Mitteldeutschland damit noch nicht. Neben Erweiterungen auf der sächsischen Seite – nach Grimma und Döbeln, Glauchau und sogar bis Plauen im Vogtland – sind auch in Sachsen-Anhalt weitere Linien geplant.
Den Anfang macht der Anschluss von Naumburg, der im Dezember 2026 realisiert werden soll. Zunächst auf der Linie von Leipzig über Weißenfels; die Verbindung von Halle aus ist ebenfalls vorgesehen, zeitlich aber noch offen. Fest eingeplant ist die "Merseburger Kurve" bei Großkorbetha, die direkte Fahrten zwischen Merseburg und Leipzig ermöglichen soll. Und auch Zeitz wartet auf Anschluss – schließlich liegt die Stadt nur 40 Bahnminuten vom Leipziger Hauptbahnhof entfernt. Dort wird man sich wohl aber noch bis zum Beginn der 2030er Jahre gedulden müssen.
Dieselbetrieb für S11 Beim Dieselbetrieb muss es auf der ersten derartigen S-Bahn-Linie in Mitteldeutschland nicht bleiben. Die Oberleitung für Elektroloks, die es zwischen Merseburg und Mücheln zu Hochzeiten der Braunkohleförderung gab, dürfte zwar nicht wieder aufgebaut werden. Vielmehr liege die Zukunft des Bahnbetriebs auf solchen Strecken in batteriebetriebenen Zügen, sagte Peter Panitz von der Nasa MDR SACHSEN-ANHALT. "Für die Geiseltalbahn ist das im Moment zwar noch Zukunftsmusik. Aber man darf davon ausgehen, dass der Batteriebetrieb in einigen Jahren kommt."
MDR (Sven Stephan, Luise Kotulla)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 11. Dezember 2024 | 19:00 Uhr
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