Evangelische Studierendengemeinde
Die Evangelische Studierendengemeinde Halle ist im Felicitas-von-Selmenitz-Haus in der Puschkinstraße untergebracht. Bildrechte: Andreas Manke

Glaubensgemeinschaft Ein Fixpunkt zum Bergfest: ein Besuch bei der evangelischen Studierendengemeinde Halle

Von Andreas Manke, MDR SACHSEN-ANHALT

26. Dezember 2023, 17:45 Uhr

Die Evangelische Studierendengemeinde Halle hat seit einem Jahr Conrad Krannich als neuen Studierendenpfarrer. Die Gemeinde trifft sich jeden Mittwochabend zur Andacht. Anschließend wird gemeinsam gegessen und es werden aktuelle Themen besprochen. In der Weihnachtswoche haben die Gemeindemitglieder Weihnachtsplätzchen gebacken – für einen guten Zweck.

Mehrere massive Holztische sind zu einem riesigen Tisch zusammengeschoben. Das ist die Arbeitsfläche, auf der hunderte Plätzchen entstehen. Vanillekipferl, Engelsaugen, Haferflockenkekse, Schneeflöckli und auch Zimtsterne. Insgesamt 40 Backbleche voller Weihnachtsgebäck sind schon ausgestochen. Schnell wandern die Bleche vom Tisch direkt in den Backofen gegenüber, während Weihnachtslieder erklingen. Im großen Gemeinderaum duftet es wie in einer Weihnachtsbäckerei.

Die Evangelische Studierendengemeinde Halle hat sich zum Plätzchenbacken verabredet. Zehn Mitglieder backen, auch mit dabei ist Studierendenpfarrer Conrad Krannich.

In der Studierendengemeinde ist der Pfarrer die Konstante

Sein Studium habe Conrad Krannich nach Greifswald, Tübingen, Jerusalem und am Ende nach Halle geführt. Zuletzt war er in Magdeburg als Pfarrer tätig. Seit einem Jahr ist der gebürtige Thüringer wieder nach Halle zurückgekehrt und Pfarrer für Studierenden- und Hochschulseelsorge. Zudem ist der 40-Jährige in der kirchlichen Rundfunkarbeit engagiert und im Sommersemester in der Theologischen Fakultät der Martin- Luther-Universität im Lehrprogramm als Dozent mit eingebunden. Die Arbeit in der Evangelischen Studierendgemeinde mache aber den Hauptteil seiner Arbeit aus, so Krannich. Er ist damit zugleich die Konstante in der Gemeindearbeit, denn: "Studierendengemeinde heißt auch, dass wir von Semester zu Semester neu starten".

Studierendengemeinde heißt auch, dass wir von Semester zu Semester neu starten.

Conrad Krannich Studierendenpfarrer

Jedes Semester bildet sich wieder eine neue Gemeinde, die sich finden muss, Verbindlichkeiten miteinander entwickeln muss und sich studienbedingt verändert und wieder auflöst. Jedes Semester startet aber nicht mit einer komplett neuen Gruppe. "Im Laufe jeden Semesters stellt sich ein Fließgleichgewicht von 15 Leuten ein, die ziemlich konstant sind, plus fünf die neu dazu kommen und fünf, die wieder gehen."

Die Mitglieder im Alter von 18 bis 25 Jahren blieben im Schnitt etwa für drei Jahre, sagt Krannich. 

Gemeindeleben braucht Verlässlichkeit

Um auf die Evangelische Studierendgemeinde aufmerksam zu machen, und um neue Mitglieder zu finden, mache man Werbung auf den Universitätsgottesdiensten, auf den Hochschulinformationstagen, bei den Einführungsveranstaltungen der Universität, auf Instagram, auf Plakaten, oder Flyern. Für ein lebendiges Gemeindeleben brauche es persönliche Kontakte, spannende Themen und vor allem die Verlässlichkeit, dass an jedem Mittwoch, an dem sich die Gruppe trifft, auch etwas stattfinde. Denn das Zentrum des Gemeindelebens sind die Mittwochabende, die immer mit einer Andacht starten. Dann wird zusammen gekocht und gemeinsam am großen Tisch gegessen.

Paula Müller aus Görlitz ist 22 Jahre alt und studiert Grundschullehramt. Für sie sei der Mittwochabend wie eine Art Bergfest, um den Rest der Woche gut meistern zu können. Nahezu kein Mittwoch in der Gemeinde werde ausgelassen, weil die Gemeinschaft wichtig geworden ist: "Wenn man sich hier trifft, dann lernt man die Menschen aus einer anderen Perspektive kennen und teilt auch Leid. Die Gespräche und die Offenheit, die man untereinander teilt, sind mir einfach super wichtig."

Glaube und Alter würden die Basis für den Zusammenhalt bilden, aber interessant mache die Gruppe, weil viele verschiedene Menschen zusammenkommen, aus ihrem Leben berichten, mal mit und mal ohne Überschneidungen mit dem eigenen Leben.

Gerade die gemeinsamen Aktionen, wie zum Beispiel das Plätzchenbacken und der gemeinsame Gedanke dahinter, was Gutes zu tun, verbindet, findet Paula Müller.  

Weihnachtsplätzchen backen für Häftlinge

Um Gutes zu tun haben sich die Gemeindemitglieder in der Weihnachtswoche, natürlich an einem Mittwochabend, zum Backen getroffen. Die Weihnachtsplätzchen sind für die Häftlinge und für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gefängnisses "Roter Ochse" in Halle. Damit wolle man an eine langjährige Tradition anknüpfen, mit einem Adventsprogramm im Gefängnis die Häftlinge zu erfreuen. In der Corona-Zeit konnte diese Tradition nicht fortgeführt werden. Nun sind wieder Weihnachtsgrüße gesendet worden, diesmal aber in Form von Weihnachtsplätzchen. Sich um Gefangene und um die Mitarbeiter zu kümmern ist eine wichtige, christliche Arbeit.

"Uns als Gemeinde tut es gut, an dieser Stelle unseren Horizont zu weiten und zu wissen, wir sind nicht nur Gemeinde für uns selbst, sondern eine Gemeinde in dieser Welt, in dieser Stadt, mit allen die dazu gehören", sagt Pfarrer Krannich.   

Regelmäßig werden an den Mittwochabenden Themen behandelt, die von den Gemeindemitgliedern diskutiert werden. Dazu werden auch Referentinnen und Referenten eingeladen. Themen der vergangenen Monate waren zum Beispiel "Reproduktive Gerechtigkeit", "Christliches Yoga" und Sexarbeit unter evangelischer Perspektive oder das noch geplante Thema "Weibliche Obdachlosigkeit".

Themensammlung im Themen-Hahn

Die Gemeindemitglieder sammeln das ganze Semester über Themenvorschläge und Vorschläge für Referierende. Dazu gibt es einen "Themen-Hahn", der auf dem Tisch steht und ähnlich wie bei einer Sparbüchse werden in den Hahn anstatt Geld die Vorschläge eingeworfen. Am Ende des Semesters wird in der Vollversammlung über die einzelnen Themen abgestimmt. In der Semesterpause akquiriert Pfarrer Conrad Krannich dann die Referentinnen und Referenten. Daraus werden dann Vorschläge, über die ein weiteres Mal abgestimmt wird. Keine Entscheidung und kein Gestaltungsvorschlag stünde einfach so im Raum, denn über alles wird basisdemokratisch abgestimmt, sagt Krannich. "Es ist und bleibt eine Gemeinde von Studierenden für Studierende, in der Studierende ein Gemeindeleben gestalten, so wie es für sie passt."

Es ist und bleibt eine Gemeinde von Studierenden für Studierende, in der Studierende ein Gemeindeleben gestalten, so wie es für sie passt.          

Conrad Krannich Studierendenpfarrer

Zum Gemeindeleben gehören auch Ausflüge

Zur Gestaltung des Gemeindelebens gehöre, neben den Mittwochabenden, auch unterwegs zu sein. Zum Beispiel wird es im Januar eine kleine Rüstzeit geben. Die Reise geht in die Heimatgemeinde einer Studentin. Dort wird ein aktuelles Thema behandelt, gemeinsam gekocht, Gottesdienst miteinander gefeiert und zusammen die Heimat entdeckt. Neulich war die Gruppe im Puppentheater zur Nachtführung, um mit den Schauspielern ins Gespräch zu kommen. Nach Pfingsten ging es nach Westfriesland zum Segeln. Für Paula Müller, so sagt sie, war dieser Segelausflug mit sehr guten Freunden das absolute Highlight.

"Wir haben zusammen gesungen, zusammen gekocht und an Mini-Tischen auf Eimern gesessen. Ich finde das macht auch Gemeinde aus, das Alternative und das aus der Situation gemeinsam das Beste machen." Auch Annika Trommler aus Dresden stimmt zu. Die Lehramtsstudentin war mit zum Segeln: "Wenn man viele Erlebnisse miteinander hat, dann lernt man die Leute ganz anders kennen und diese Erlebnisse stärken die Gemeinschaft."

Was genau unternommen wird, das liegt an den Wünschen der Studierenden, über die ebenso abgestimmt wird. "Ich habe das Gefühl ich bin dran an dem, was die Generation beschäftigt, die in wenigen Jahren Verantwortung übernimmt. Dort zu arbeiten, das mitgestalten zu können, die Menschen begleiten zu können, ein Stück weg mitgehen zu können, da bin ich sehr dankbar dafür. Das ist die schönste Arbeit, die ich mir vorstellen kann", sagt Pfarrer Conrad Krannich.

MDR (Andreas Manke)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 23. Dezember 2023 | 07:30 Uhr

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