Ärztemangel Wie viele Arztstellen in Sachsen-Anhalt nicht besetzt sind
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16. Juni 2022, 05:00 Uhr
Die Menschen in den ländlichen Regionen in Sachsen-Anhalt finden nur schwer Haus- oder Fachärzte. Daten, die MDR SACHSEN-ANHALT ausgewertet hat, zeigen, wo die meisten Fach- und Hausärzte gesucht werden.
- In allen Regionen Sachsen-Anhalts, außer Magdeburg und Halle, werden neue Hausärzte gesucht.
- Besonders viele Psychotherapeutenstellen sind momentan in Magdeburg ausgeschrieben.
- Welche Maßnahmen gegen den Ärztemangel helfen sollen.
Wer in Sachsen-Anhalt auf dem Land erkrankt, muss zum Hausarzt oft weite Strecken zurücklegen. Ungefähr 300 Arzt- und Psychotherapeutenstellen sind unbesetzt. Und die Lage verschärft sich weiter. Das berichtete die Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt (KVSA).
Die KVSA versucht der Entwicklung mit attraktiven Angeboten für junge Ärzte entgegenzuwirken. Zudem wurde 2019 wurde die Bedarfsplanung reformiert. Seitdem wird bei der Berechnung der benötigten Stellen auch ein sogenannter Morbiditätsfaktor berücksichtigt. Dieser Faktor beschreibt, wie alt und erkrankt eine Bevölkerung vor Ort ist.
Was ist die Bedarfsplanung?
Mit der Bedarfsplanung setzt die Kassenärztliche Bundesvereinigung fest, wie viele Ärzte sich an welchem Ort niederlassen dürfen. Die Planung soll eine wohnortnahe Versorgung gewährleisten. Seit der Reform der Bedarfsplanung 2019 wird die Zahl der Ärzte, die sich an einem bestimmten Ort niederlassen können, jedes Jahr auf die Entwicklung der Bevölkerung angepasst.
Eine Datenanalyse von MDR SACHSEN-ANHALT zeigt, in welchen Gemeinden und Landkreisen der Mangel an Haus- und Fachärzten besonders gravierend ist.
Wie viele Hausarztstellen geplant, aber nicht besetzt sind
Für die Planung von Hausärzten werden Gemeinden in Deutschland in sogenannte Mittelbereiche zusammengelegt. Wie die Grafik zeigt, gibt es die meisten unbesetzten Hausarztstellen in Salzwedel. 17 freie Stellen gibt es in Eisleben und 16 in Bitterfeld-Wolfen. Nur in Magdeburg und Halle gibt es keine freien Stellen für Hausärzte und Hausärztinnen.
Auch Facharztstellen bleiben unbesetzt
In den verschiedenen Facharztgruppen zeigen sich regionale Unterschiede.
Wie berechnen sich die verfügbaren Facharztstellen?
Die benötigten Facharztstellen werden pro Landkreis unterschiedlich berechnet. Hier gilt, dass besonders dicht besiedelte Gebiete umliegende schwächer besiedelte Regionen mitversorgen sollen. Fachärzte in Landkreisen, die weit weg von Ballungsräumen liegen, wie zum Beispiel Stendal, sind nur für die dort wohnende Bevölkerung eingeplant.
Engpässe beobachtet die Kassenärztliche Vereinigung bei den Fachärzten zunehmend auch bei einzelnen Facharztgruppen. 3,5 Augenarztstellen sind im Harz ausgeschrieben. Freie Hautarztstellen gibt es nur in Börde.
Auffällig sind die vielen ausgeschriebenen Psychotherapeutenstellen – und das auch in den Städten, die sonst eine hohe Arztdichte aufweisen. In Magdeburg sind 11,5 freie Psychotherapeutenestellen ausgeschrieben, im Saalekreis sind es 7,5 Stellen, in Börde und im Salzlandkreis sieben.
Wann die Bedarfsplanung an ihre Grenzen kommt
Laut einer Pressesprecherin der Ärztekammer Sachsen-Anhalt, hat die Reform der Bedarfsplanung im Jahr 2019 eine deutliche Verbesserung gebracht, da der Morbiditätsfaktor seitdem miteingerechnet wurde. Dieser ermögliche eine realistischere Planung der ambulanten Krankenversorgung, zeigt aber auch, dass das Problem in der Realität noch viel größer war als es zuvor statistisch erfasst wurde.
Trotzdem brauche es weitere Maßnahmen.
Auch eine gute Bedarfsplanung gerät an ihre Grenzen, wenn nicht genug Ärztinnen und Ärzte vorhanden sind, um die ausgeschriebenen Stellen zu besetzen.
Worauf der Ärztemangel zurückzuführen ist
Auch die Kassenärztliche Vereinigung in Sachsen-Anhalt sieht den Ursprung des Ärztemangels grundsätzlich nicht bei der Bedarfsplanung.
Die Ursache des Ärztemangels liegt in der Anfang der 1990er Jahre verringerten Anzahl von Medizinstudienplätzen, verbunden mit den Möglichkeiten, nach dem Medizinstudium auch in versorgungs- und patientenferne Tätigkeiten zu gehen.
Zusammen mit der ab Anfang der 2000er Jahre höher bewerteten Work-Life-Balance habe sich das Bild von der "Ärzteschwemme" Anfang der 1990er Jahre bis heute stark geändert.
Beobachte man dazu noch die Tendenz, dass ländliche Gemeinden zuerst den Ärztemangel spüren, sei klar, dass Sachsen-Anhalt mit seinen weitestgehend ländlich geprägten Regionen hier eher frühzeitig an der Reihe ist, so der Pressesprecher der KVSA.
Maßnahmen gegen den Ärztemangel
Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt (KVSA) machte schon im Januar 2002 auf die Problematik aufmerksam und versuchte, ausländische Ärzte anzuwerben. Laut der KVSA sorgte besonders das späte Handeln der Bundes- oder Landesgesetzgebung für die momentane prekäre Situation.
Um dem Ärztemangel entgegenzutreten, hat die Kassenärztliche Vereinigung mehrere Dinge auf den Weg gebracht, zum Beispiel die Förderung von Studierenden, die Weiterbildung und die Niederlassungsförderung von neuen Ärzten und Ärztinnen.
Daniela Dieterich, Dekanin an der Medizinischen Fakultät der Universität Magdeburg, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, dass die Maßnahmen nicht weit genug gingen. Nach ihrer Einschätzung müsse noch mehr getan werden, um zukünftigen Ärztinnen und Ärzten ein verlässliches und lebenswertes Umfeld zu schaffen. Auch besonders stark betroffene Kommunen forderten weitere Lösungsvorschläge von der Kassenärztlichen Vereinigung.
Nach Angaben der Pressesprecherin der Ärztekammer Sachsen-Anhalt hat die Kassenärztliche Vereinigung im Rahmen ihrer Möglichkeiten alle Mittel ausgeschöpft, um dem Ärztemangel entgegenzuwirken.
MDR (Alexandra Ketterer)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 08. Juni 2022 | 19:00 Uhr
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