Wirtschaft Sachsen-Anhalt: Steigt der Wasserpreis für die Industrie?
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08. April 2023, 05:00 Uhr
In Sachsen-Anhalt könnte auf die Industrie ein höheres Entgelt für die Wasserentnahme aus Flüssen und Brunnen zukommen. Umweltminister Armin Willingmann kündigte bei MDR AKTUELL an, bei der Reform des Wassergesetzes auch über den Preis reden zu wollen, den die Industrie fürs Wasser bezahlt. Das Umweltbundesamt ist für eine bundesweite Angleichung der "Entnahmeentgelte".
- Das Umweltbundesamt hält weitere Einsparungen beim Wasserverbrauch für dringend geboten.
- Die Preise, die die Industrie für Wasser zahlt sind je nach Bundesland unterschiedlich. Der Manager des Chemieparks Leuna sieht hier Nachteile.
- Jörg Rechenberg vom Umweltbundesamt hält dies für einen Flickenteppich mit Nachbesserungsbedarf.
Ein Chemiepark benötigt chemische Grundstoffe. Außerdem Erdgas, Erdöl. Vor allem aber benötigt er sehr viel Wasser. Christoph Günther managt in Leuna Ostdeutschlands größten Chemiepark und sein Wasser pumpt er aus der benachbarten Saale.
"Wir brauchen im Jahr ungefähr 25 Millionen Kubikmeter Wasser. In der Produktion brauchen wir das insbesondere als Ergänzungswasser für die Kühltürme. Und die andere Verwendung ist die Produktion von Dampf. Das heißt also, wir erzeugen aus dem Wasser, das wir der Saale entnehmen, sogenanntes Deionat. Das ist vollentsalztes Wasser. Und dieses wird dann für die Dampferzeugung eingesetzt."
90 Prozent des Wassers wird wiederverwertet
Tatsächlich, betont Günther, sei man in Leuna sparsam. Rund 90 Prozent des entnommenen Wassers würden so oft wiederverwertet wie möglich gereinigt und dann zurück in die Saale gegeben. Jörg Rechenberg vom Umweltbundesamt bestätigt, dass der gewerbliche Wasserverbrauch spürbar gesunken sei. Doch das liege vor allem am Kohle- und Atomausstieg. Dadurch werde weniger Kühlwasser für Kraftwerke benötigt. Das reiche an Einsparungen aber nicht aus. "Wie wir die klimatischen Entwicklungen in den letzten Jahren verfolgen, halten wir es für dringend geboten, dass in allen Nutzungssegmenten weiter gespart wird, also alle Effizienzpotenziale gehoben werden."
Unterschiedliche Wassergesetze in den Bundesländern
Rechenberg sieht eindeutig auch die Industrie in der Pflicht. Denn während in den vergangenen Jahren Spar-Appelle vor allem an Privathaushalte gingen, liefen große Industrieproduktionen weiter. Wer wie viel Wasser bekommt, zu welchem Preis, das regeln die Bundesländer individuell.
Sachsen-Anhalt überarbeitet gerade sein Wassergesetz. Wird darin künftig stehen, wer bei Dürre abschalten muss? Umweltminister Armin Willingmann schüttelt den Kopf: "So pauschale Festlegungen von Prioritäten wird es nicht geben. Aber der Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung soll in der Wassergesetznovelle schon deutlich herausgestellt werden."
Wasserpreis in Sachsen-Anhalt besonders niedrig
Mit anderen Worten: Private Haushalte sollen auch bei Dürre Wasser erhalten. Im Notfall muss die Wirtschaft mehr sparen. Und über noch etwas will Willingmann im Zuge der Reform reden: über den Preis, den die Industrie fürs Wasser bezahlt – das sogenannte Wasserentnahme-Entgelt.
"Die Landesregierung ist zum zweiten Mal bereits durch den Landesrechnungshof darauf hingewiesen worden, dass die Wasserentnahmeentgelte in Sachsen-Anhalt außerordentlich niedrig sind. Sieht man von zwei Bundesländern ab, die gar keine Wasserentnahmeentgelte erheben, ist es in den anderen Bundesländern, zum Beispiel auch in unserem Nachbarland Niedersachsen, deutlich höher."
Thüringen: Industrie zahlt keine Wasserentnahmeentgelte
Wie viel das Gewerbe in Sachsen-Anhalt fürs Wasser künftig bezahlen soll, ist noch unklar. In Leuna stoßen höhere Entgelte auf wenig Begeisterung. Chemieparkmanager Günther verweist darauf, dass zum Beispiel Thüringen der Industrie bislang nichts fürs Wasser berechne. Dadurch entstünden Nachteile im Standort-Wettbewerb.
Umweltbundesamt: Angleichung der Entgelte nötig
Jörg Rechenberg vom Umweltbundesamt würde die Unterschiede in den Ländern deshalb angleichen. "Wir halten das für einen Flickenteppich, der so in Zeiten des Klimawandels nicht mehr vermittelbar ist. Wir haben deshalb dem Umweltministerium empfohlen, dass wir hier eine Anstrengung unternehmen, um eine gewisse Harmonisierung herbeizuführen."
Rechenberg hält eine Debatte über das Wasser noch aus einem anderen Grund für geboten: Die Industrie werde in den kommenden Jahren einsparen können. Ein anderes Gewerbe werde aber wahrscheinlich deutlich mehr Wasser benötigen: die Landwirtschaft, um bei Trockenheit die Felder zu bewässern.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 08. April 2023 | 06:00 Uhr