Website vom Online-Marktplatzes Temu auf einem Laptop und die Website des Online-Händlers Shein auf einem Smartphone
Der deutsche Onlinehandel ringt mit wachsenden Billig-Versendern aus Fernost wie Temu, Shein und Co. Bildrechte: IMAGO/Hanno Bode

Onlineshopping Temu, Shein & Co.: Billigangebote aus China machen deutschen Online-Händlern Konkurrenz

13. Dezember 2024, 05:00 Uhr

Winterstiefel für 17 Euro, eine Kuscheldecke für fünf Euro und selbst den Laptop gibt es für einen schlappen Hunderter: Wer schon mal bei Temu, Shein oder Wish geshoppt hat, weiß: Billiger geht kaum. Die chinesischen Online-Händler versuchen mit Spotpreisen, Gewinnspielen und aggressivem Marketing in Europa Marktanteile zu gewinnen. Wie sehr macht das etablierten Online-Händlern aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu schaffen?

Ralf Geißler, Wirtschaftsredakteur
Bildrechte: MDR/Isabel Theis

Martin Menz hat ein Faible für kluge Worte. In seiner Firma in Halle hängen an den Wänden edel gerahmte Sätze: Aphorismen und Zitate. Fast alle hat der Chef des Online-Händlers Relaxdays selbst ausgesucht: "Was haben wir denn hier zum Beispiel? Von Clueso: 'Die Lauten und die Leisen haben in der Gruppe die meiste Energie. Wenn man denen Aufmerksamkeit schenkt, entsteht etwas Schönes.'" Doch zuletzt hatte der Onlinehandel zumindest mit "den Lauten" so seine Probleme.

Temu, Shein & Co. fluten Onlinehandel mit Billigangeboten

Chinesische Shops wie Temu oder Shein fluten das Internet mit Billigangeboten. Menz sagt, seine eigene Firma leide noch nicht darunter, Relaxdays verkaufe vor allem große Artikel. Die chinesischen Shops seien auf kleine Pakete spezialisiert.

Gleichwohl sei da ein ungutes Gefühl: "Wir sehen natürlich schon Preise, die teilweise ein Bruchteil von ordentlich geprüfter Ware sind. Dementsprechend sind auch Prüfungen oder gewisse Auflagen umschifft worden. Das macht es uns hier schwierig, sauber mit diesen Unternehmen zu konkurrieren."

So ähnlich sieht es Maik Friedrich. Er leitet die Geschäfte von Cyberport, einem Elektronik-Händler aus Dresden. Regelmäßig nimmt er wahr, wie China-Shops Ware regelrecht verramschen: "Es ist natürlich schon so, dass wir sehen, dass es vor allen Dingen eine starke Aggressivität ist. Die Art und Weise, wie die Kunden angesprochen werden ist für uns auch etwas befremdlich. Deswegen schauen wir uns das auch sehr detailliert an."

Vier Milliarden Sendungen in die EU durch asiatische Online-Shops

Asiatische Online-Shops werden dieses Jahr wahrscheinlich vier Milliarden Sendungen in die EU liefern. Das schätzt Stephan Tromp vom Handelsverband Deutschland. Er kritisiert, die Chinesen hielten sich dabei nicht an Spielregeln. Die Ware sei für den Zoll oft falsch deklariert, die Produktsicherheit zweifelhaft, Rücksendung schwer möglich.

Tromp ist froh, dass die EU Verstöße nun ahnden will. "Wir würden uns weiterhin wünschen, dass der Zoll digital ertüchtigt wird, damit man diese schiere Flut an Paketen besser kontrollieren kann. Wir würden uns wünschen, dass die Marktüberwachung, die in Deutschland in den Städten und Kommunen angesiedelt ist, auch mal auf den globalen Internethandel guckt und nicht nur auf den lokalen Einzelhandel."

Experte: Hype könnte auch wieder abflauen

Doch womöglich flaut der Hype um die Billighändler auch wieder ab. Erik Maier von der Handelshochschule HHL sagt, es sei auch für Temu oder Shein nicht ewig durchzuhalten, Waren unter Wert nach Europa zu schicken. "Ich glaube schon, dass diese Unternehmen jetzt mal ein Jahr oder zwei versuchen werden, aggressiv in den Markt zu kommen. Ob sie bei diesen sehr aggressiven – zum Teil – Gratis-Angeboten bleiben, wie sie die jetzt teilweise haben, bleibt abzuwarten."

Leipziger T-Shirt-Versender Spreadshirt will von Temu & Co. lernen

Frederik Brakel will in den chinesischen Anbietern nicht nur das Negative sehen. Natürlich beäugt der Manager des Leipziger T-Shirt-Versenders Spreadshirt die Konkurrenz ebenfalls mit Argwohn. Doch man könne von ihr auch lernen. "Die Geschwindigkeit, in der sie Trends erkennen und am Ende des Tages umsetzen. Das andere, was man sicherlich von denen lernen kann, wie sie mit den Kunden interagieren. Ein Beispiel ist, wenn Sie sich die Apps runterladen: Die setzen sehr stark auf das Feld Gamification, also spielerisch irgendwelche Gewinnspiele. Sie müssen da Räder drehen und bekommen irgendeinen Discount ausgespielt."

Die deutschen Online-Händler sagen: Am Ende helfe Qualität gegen billige Shops. Und vielleicht hilft auch Selbstbewusstsein. An den Wänden der Firma Relaxdays in Halle hängt auch der Spruch: "Wer sich selbst alles zutraut, wird andere übertreffen." Allerdings klingt der Satz ein wenig wie aus einem Glückskeks – aus China.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 13. Dezember 2024 | 06:00 Uhr

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