Lieferengpass bei Medikamenten Sachsen erlaubt Einfuhr von nicht zugelassenen Antibiotikasäften

03. Mai 2023, 11:39 Uhr

Aktuell gibt es Lieferengpässe für Medikamente, insbesondere für Antibiotikasäfte für Kinder. Das sächsische Sozialministerium wird deshalb die Einfuhr und Abgabe von eigentlich nicht zugelassenen Arzneimitteln aus dem Ausland erlauben. CDU-Europapolitiker Peter Liese kritisiert das, weil die Medikamente dann anderswo fehlten.

Juliane Neubauer
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Etwa eins von gut 50 Kindern, die Kinder- und Jugendärztin Melanie Ahaus aus Leipzig am Tag sieht, bekommt von ihr ein Antibiotikum verschrieben. In den letzten Monaten vor allem wegen einer bakteriellen Infektion wie Scharlach.

Nicht immer habe sie das Penicillin verschreiben können, welches eigentlich das Medikament erster Wahl wäre, weil es in den Apotheken nicht zu bekommen gewesen sei, erklärt Ahaus: "Natürlich weicht man dann manchmal auf alternative Produkte um, die aber unter Umständen nicht so gut sind oder stärkere Nebenwirkungen haben."

Versorgungsmangel durch Bund bestätigt

Die Lockerung der Arzneimittelgesetze in einigen Bundesländern soll hier kurzfristig Abhilfe schaffen. Das sächsische Staatsministerium für Soziales erklärt auf Anfrage von MDR AKTUELL: "Nach der offiziellen Feststellung eines Versorgungsmangels bei antibiotikahaltigen Säften für Kinder durch den Bund wird Sachsen mittels Allgemeinverfügung Apotheken und dem pharmazeutischen Großhandel befristet die Einfuhr und Abgabe von eigentlich nicht zugelassenen Arzneimitteln aus dem Ausland erlauben. Dazu hat sich das Sozialministerium bereits vergangene Woche mit der zuständigen Landesdirektion abgestimmt."

Noch im Laufe dieser Woche werde diese Verfügung umgesetzt, heißt es weiter.

Hier denke man unbürokratisch und pragmatisch und das begrüßt Florian Lanz vom Verband der gesetzlichen Krankenversicherungen. Es gehe nicht um Produkte ohne Zulassungsverfahren, sondern zum Beispiel um den Verkauf von Produkten, die eigentlich für ein anderes Land produziert worden seien: "Im Krisenfall, bevor ich kein Antibiotikum oder Hustensaft für mein Kind bekomme, nehme ich doch lieber eine Packung, wo es auf Spanisch draufsteht und dann müssen die Apothekerinnen und Apotheker das etwas ausführlicher erklären. Dafür haben wir sie in der Apotheke, um genau solche Informationen weiterzugeben."

Die Pharmazeutinnen und Pharmazeuten können außerdem Alternativprodukte mischen. Aus einer Tablette für Erwachsene kann ein Saft für Kinder werden.

Kritik von der CDU

Für den gesundheitspolitischen Sprecher und EU-Politiker Peter Liese von der CDU ist diese Notfalllösung auch ein Problem: "Weil wir die Medikamente den Menschen, den Kindern dort wegnehmen. Es gibt insgesamt in Europa und auf der Welt eine Knappheit. Und weil das natürlich immer zu Verunsicherungen bei Eltern und Patienten und Patientinnen führt, wenn man Medikamente bekommt, die eigentlich nicht für den deutschen Markt vorgesehen sind."

Liese hofft, dass hier zeitnah eine gesamteuropäische Lösung gefunden wird. Unter anderem müsse sich die EU gemeinsam dafür einsetzen, die Produktion von relevanten Arzneimitteln wieder in die EU Länder zurückzuholen.

Apotheker erwartet langfristige Lösung

Bis dahin muss Apotheker Jens-Andreas Münch aus Magdeburg, Präsident des Landesverbandes der Apotheker in Sachsen-Anhalt noch einiges aushalten. In 30 Berufsjahren habe er so etwas noch nicht erlebt. Seit November herrscht in seiner Apotheke Ausnahmezustand: "Das war schon schlimm, wenn man dann die Patienten weiterschicken muss oder die Mütter oder Väter von kleinen Patienten weiterschicken und vertrösten muss. Das ist schon hart."

Der Apotheker hofft, dass die Politik und die Pharmaindustrie so schnell wie möglich eine langfristige Lösung finden, denn so mache ihm sein Beruf nur noch wenig Spaß.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 03. Mai 2023 | 06:00 Uhr

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