Energiepreise Experte: Bei Gasanbieter-Wechsel nicht nur Preise im Blick haben
Hauptinhalt
27. September 2023, 06:54 Uhr
Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller hat Gaskunden geraten, vor Beginn der Heizsaison auf einen günstigeren Anbieter zu setzen. Jetzt sei ein guter Zeitpunkt. Experten warnen, dabei nicht nur auf Preise zu achten.
- Billig-Gasanbieter spekulieren mehr am Markt als zu kalkulieren.
- Rutschen zu viele Kunden wieder in die Grundversorgung, stellt das die Stadtwerke vor eine Herausforderung bei der Beschaffung.
- Gaskunden hingegen müssen sich in dem Fall keine Sorgen machen, denn es kommen keine Mehrkosten auf sie zu.
Jetzt schnell in einen Billigtarif wechseln: Aus der Branche selbst hört man diesen Rat nicht. Bei Zukunft Gas, dem Verband der Händler am Markt, ist man der Meinung: Gaskundinnen und -kunden sollten bei einem Anbieterwechsel nicht nur auf den Preis schauen.
Ein Sprecher teilte MDR AKTUELL schriftlich mit: "Wichtig ist, dass der neue Anbieter über eine gewisse Erfahrung im Markt verfügt, wie dies beispielsweise bei den kommunalen Versorgern der Fall ist. Nur wer schon länger im Gasgeschäft aktiv ist, verfügt auch über eine langfristige Beschaffungsstrategie und kann so die kurzfristigen Schwankungen auf dem Markt ausgleichen."
Billigpreise gar nicht kalkulierbar
Heiko Lohmann ist langjähriger Berater im Gasmarkt und Kenner der Branche und beobachtet, dass gerade viele Billiganbieter mit Preisen werben, die eigentlich nicht kalkulierbar seien. Das könnten sie zum einen, indem sie spekulierten.
"Das heißt, sie hoffen, dass die Preise weiter sinken und dass sie dann damit doch noch Geld verdienen können. Zum zweiten sind die Verträge in der Regel so gestrickt, dass man für die ersten zwölf Monate eine Preisgarantie hat, wenn überhaupt. Und wenn der Kunde dann nicht wechselt, dann wird er mit einem deutlich höheren Preis konfrontiert", erklärt der Experte weiter.
Ersatzversorgung stellt Stadtwerke vor Herausforderung
Wechseln aber viele Menschen häufig den Anbieter, dann kann sich das auf den Markt auswirken. Denn wenn ein Billiganbieter pleite geht, fallen seine Kundinnen und Kunden zurück in die Ersatzversorgung, also üblicherweise bei den Stadtwerken.
Dort habe man genau diesen Effekt schon Ende 2021 erlebt, schreibt ein Sprecher des Verbands kommunaler Unternehmen. Deshalb gebe es dort große Vorbehalte gegen die Empfehlung zum Anbieterwechsel. "Das gerade in den letzten zwei Jahren außerordentlich bewährte System strukturierter Beschaffung, das die Stadtwerke pflegen, würde so erneut enormen Belastungen ausgesetzt."
Die Stadtwerke würden mit diesen Belastungen umgehen können, schätzt Gas-Experte Lohmann: "Zumal eben die Zahl der Kunden, die insgesamt wechseln, nach wie vor nicht so superhoch ist, viele Kunden sind eben doch loyal und sehen das."
Er sagt jedoch auch: "Aber klar muss man dann sein Geschäftsmodell überprüfen, anpassen, überlegen, ob man die Grundversorgungspreise anders kalkuliert. Auswirkungen hat das schon auf die Stadtwerke, klar."
Kunden haben keine Nachteile in der Grundversorgung mehr
Für die Kunden, die wechseln wollen, sei das Risiko dagegen begrenzt, sagt Lohmann. Selbst wenn ihr neuer Anbieter pleite geht und sie in die Grundversorgung zurückfielen, werde das für sie nicht so teuer wie noch während der Krise.
Damals durften die kommunalen Versorger solchen aufgefangenen Kunden nämlich höhere Preise in Rechnung stellen als ihren Bestandskunden. Heute gehe das nicht mehr, erklärt Lohmann.
Wechseln oder nicht, das sei für Kunden also vor allem eine Frage der persönlichen Präferenzen. Sprich: Ob es ihnen wichtig ist, um was für einen Anbieter es sich handelt, oder ob es ihnen nur darum geht, Geld zu sparen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 27. September 2023 | 06:18 Uhr