Breitbandausbau Warum bei vielen Glasfaserleitungen der Hausanschluss fehlt
Hauptinhalt
17. April 2024, 06:52 Uhr
Schnelles Internet über Glasfaser ist der Stand der Technik. Nach aktuellen Zahlen des Telekommunikationsverbandes VATM liegt Glasfaser inzwischen in erreichbarer Nähe von rund 16 Millionen Haushalten. Aber nur die Hälfte der Leitungen reichen auch bis ins Haus – und wiederum die Hälfte davon sind tatsächlich aktiviert. Dabei wird der Hausanschluss finanziell gefördert. Doch gerade ältere Menschen sind skeptisch, ob sie überhaupt einen Glasfaseranschluss benötigen.
- Vor allem ältere Menschen sehen den Nutzen eines Glasfaseranschlusses nicht und befürchten größere Baumaßnahmen am Haus oder auf dem Grundstück.
- Viele Menschen halten ihren derzeitigen Anschluss für ausreichend.
- Lässt man das eigene Haus erst dann anschließen, wenn das Glasfaserkabel selbst längst verlegt ist, entstehen höhere Baukosten – die aber auch erlassen werden können.
Matthias Borm hat ein großes Ziel: Er will einen ganzen Landkreis mit schnellem Internet versorgen. Dabei stößt der Breitbandkoordinator des Landkreises Mittelsachsen immer wieder an Grenzen.
Fast ein Viertel nutzt kostenlose Ausbaumaßnahme nicht
Borm berichtet, dass "vor allem unsere älteren Mitbürger den Sinn und Nutzen eines Glasfaserkabels nicht verstehen und sich ungefähr 15 bis 25 Prozent nicht an der kostenlosen, geförderten Ausbaumaßnahme beteiligen. (…) Sie befürchten dann, dass es größere Eingriffe auf ihrem Grundstück geben wird oder am Haus. Oder dass die Stiefmütterchen im Garten zertrampelt werden."
In dem Fall liegt das Kabel in erreichbarer Nähe, nur die letzten Meter zum Haus fehlen. Branchenkenner wie Frederic Ufer sprechen hier von "homes passed", also nicht versorgten Gebäuden. Ufer ist Geschäftsführer des Telekommunikationsverbands VATM, der die Interessen der Mitbewerber der Telekom vertritt.
Eben die ist aus seiner Sicht häufig verantwortlich dafür, dass Glasfaser ungenutzt unter der Straße liegt. "Die Telekom baut aus, um Fakten zu schaffen und sich Wettbewerb vom Hals zu halten." Andere Anbieter könnten das Glasfaserkabel der Telekom theoretisch mitnutzen, müssten die Telekom dafür aber bezahlen. Eigene Netze zu bauen, lohnt sich auf dem Land kaum, weil es hier wenig Kundschaft auf einem Fleck gibt. Außerdem bekommt nur das erste Unternehmen für den Ausbau Fördermittel.
Hausanschluss ist nicht verpflichtend
Aber wieso sollte die Telekom überhaupt Glasfaser verlegen und dann kein Geld damit verdienen? Ufer, quasi der natürliche Gegenspieler der Telekom, erklärt das so: "Die hohen Baukosten entstehen natürlich dann, wenn man tatsächlich durch die Vorgärten in die einzelnen Gebäude hineingeht. (…) Da wird ein Kilometer Glasfaserleitung von einer Ortschaft zur nächsten gezogen, aber die Haushalte auf der Strecke, die dort angebunden werden könnten, werden nicht vermarktet. Es geht um Handtuch werfen bzw. darum, Bereiche zu besetzen, die dann unattraktiv werden für Mitbewerber."
Nicole Schmidt, Sprecherin der Telekom, weist das von sich. "Wir haben natürlich Interesse, die Häuser anzuschließen, weil nur angeschlossene Kunden, die sich für einen Tarif entscheiden, uns auch Geld bringen. Und Glasfaser, die nur in der Erde liegt, ist eine verlorene Investition."
Welchen Grund sieht sie für die geringe Zahl der angeschlossenen Häuser? "Es gibt in Deutschland keinen Anschlusszwang. Die Leute müssen sich bewusst für Glasfaser entscheiden. Manch einer schreckt zurück, weil er sagt: 'Das, was ich gerade als Leitung habe, tut's noch.' Aber perspektivisch wird's das nicht mehr tun. Glasfaser ist die Technologie für die Zukunft, insofern ist es auch wichtig, dass der Glasfaserausbau in Deutschland vorankommt."
Kosten für nachträglichen Anschluss schrecken manche ab
Auch dem Breitbandkoordinator aus Mittelsachsen wäre es neu, dass die Telekom Haushalten den Anschluss absichtlich nicht anbietet. Einzig scheuten Eigentümer mitunter die Kosten für den nachträglichen Anschluss. Also dann, wenn das Glasfaserkabel längst im Boden liegt. "Dieses nachträgliche Erschließen ins Gebäude kostet nun mal Geld. Viele Unternehmen bieten dann so eine Kompensation an: Dann machen sie mit uns einen Vertrag und wir erlassen ihnen die Gebühren für das Anschließen." Das sei Verhandlungssache.
Matthias Borm empfiehlt Eigentümern, das Haus gleich anzuschließen, besonders wenn der Breitbandausbau öffentlich gefördert und der Hausanschluss auf dem Land vielfach kostenlos ist – auch wenn das ein oder andere Stiefmütterchen bei der Baumaßnahme leidet.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 16. April 2024 | 06:09 Uhr