Kanzlerkandidat im Porträt Armin Laschet – Kohls Enkel und Merkels Erbe
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13. August 2021, 08:59 Uhr
Wer hätte nach der politischen Kissenschlacht um die Kanzlerkandidatur mit CSU-Chef Markus Söder gedacht, dass Armin Laschet die Union aus dem Tief herausführt? Dabei musste der Mann aus Aachen gar nicht viel tun. Für Armin Laschet gilt die alte chinesische Weisheit: "Wenn du lange genug an einem Fluss wartest, schwimmen die Leichen deiner Feinde an dir vorbei." Annalena Baerbock hat es mit ihren Fehlern schon getan. Gleiches gilt für Olaf Scholz, der mit der SPD auf der Stelle tritt.
Armin Laschet profitiert von den Fehlern der anderen – mit dieser Strategie hat er auch schon in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht. Nur so ist er Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen geworden. Seine SPD-Vorgängerin Hannelore Kraft machte genug Fehler, gerade in der Bildungspolitik, dass es für ihn mit Unterstützung der FDP und einer Stimme Mehrheit knapp reichte, die Macht in der Düsseldorfer Staatskanzlei mit Blick auf den Rhein zu erobern.
Keine Experimente, aber ein Zaubertrick
Außerdem hält sich Laschet an die Grundregel seiner Vorbilder Adenauer, Kohl und Merkel für den Wahlkampf: keine Experimente. Er hat sehr wohl wahrgenommen, dass die Menschen nach der Pandemie müde sind und sich ihre Veränderungsbereitschaft, zum Beispiel durch mehr Klimaschutz, sehr in Grenzen hält. Also ließ Armin Laschet ein Wahlprogramm auflegen, dass keinem wehtut und niemanden zu viel abverlangt.
Steckbrief Armin Laschet
- Geboren: 18.02.1961 in Aachen-Burtscheid
- Abitur in Aachen, Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in München und Bonn, anschließend journalistisches Volontariat
- Privates: Laschet ist katholisch, verheiratet und hat drei Kinder
- 2005 – 2010: Landesminister für Generationen, Familie, Frauen und Integration in Nordrhein-Westfalen
- seit 2012: CDU-Landesvorsitzender Nordrhein-Westfalen
- 2013 bis 2017: CDU-Fraktionschef und Oppositionsführer in Nordrhein-Westfalen
- seit 2017: Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen
- seit Januar 2021: CDU-Bundesvorsitzender
Laschet verspricht eine Art Erholungsphase für die nächsten vier Jahre nach der Pandemie, schon hier und da mal mit einer Belastungsübung, weil man natürlich die Digitalisierung nicht aus den Augen verlieren dürfe und Klimaschutzvorgaben erfüllt werden müssten. Er gibt das Versprechen, man werde gestärkt aus diesen vier Jahren hervorgehen. Gespannt sein darf man, ob der Zaubertrick gelingt, trotz knapper Kassen und vieler Schulden die Steuern nicht zu erhöhen, sondern sogar vielleicht zu senken, ohne dabei die Schuldenbremse des Grundgesetzes außer Kraft zu setzen.
Integration ist Armin Laschets großes Thema
Laschets großes Thema ist die Integration von Zuwanderern. 2015 stand er in der Flüchtlingskrise an der Seite Merkels und trug ihren Kurs der offenen Grenzen mit. Vehement setzte er sich als Landesminister für die bessere Eingliederung von Zuwanderern ein, nicht immer zur Freude seiner Parteifreunde. Kaum anderthalb Jahrzehnte zuvor, im Landtagswahlkampf im Jahr 2000, hatte die Union in NRW noch mit der Parole "Kinder statt Inder" um Stimmen geworben. Laschet dagegen sieht in Integration und Zuwanderung durchaus eine Chance für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Ohne Fehl und Tadel ist Laschet allerdings auch nicht. So versuchte er, in seinem Lebenslauf einen Eklat als Lehrkraft an der Hochschule Aachen im Jahr 2015 vergessen zu machen. Er hatte damals Klausuren schreiben lassen, die dann jedoch verloren gingen. Noten erteilte er trotzdem. Die Sache flog auf, weil mehrere Studenten, die gar nicht mitgeschrieben hatten, Noten erhielten. Vor einigen Wochen kamen zudem Plagiatsvorwürfe auf. Laschet soll in seinem 2009 erschienenen Buch "Die Aufsteigerrepublik. Zuwanderung als Chance" ganze Passagen unzitiert übernommen haben. Die Untersuchungen, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, laufen aktuell noch.
Kanzlerkandidat würde lieber mit der FDP als mit den Grünen
Auch wenn Laschet gern als Versöhner wirken möchte und seine Sorge um die Menschen und ihre Probleme grundsätzlich authentisch wirkt, kann er in politischen Auseinandersetzungen plötzlich unerwartete Härte an den Tag legen. Da hatte ihn Söder offenbar unterschätzt. Außerdem verfügt er mit dem stärksten Landesverband der CDU im Rücken über eine starke Machtbasis, gegen die keiner in der Union so schnell ankommt. Dort haben auch nicht mehr die konservativen Hardliner die Mehrheit, sondern eher Vertreterinnen und Vertreter eines liberal-konservativen Kurses, wie ihn auch Angela Merkel vertrat.
So wäre sicher eine Kanzlerschaft Laschets schon eine Fortsetzung des Bisherigen. Aber während seine Vorgängerin durchaus Sympathien für die Grünen durchschimmern ließ, würde Laschet lieber mit der FDP regieren. Notfalls noch mit der SPD, wenn es für ein Zweierbündnis nicht reicht. Bei einem Bündnis mit Grünen und FDP fürchtet Laschet durch die Debatten um den Klimaschutz eine Zerreißprobe zwischen den liberalen und den konservativen Kräften in seiner eigenen Partei. Solche Konflikte möchte er lieber vermeiden. Egal, ob als Parteivorsitzender oder Kanzler.