EU-Reaktionen In Brüssel hofft man auf schnelle Regierungsbildung in Berlin
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27. September 2021, 18:38 Uhr
Nicht nur in Deutschland fragt man sich, wer die neue Regierung in Berlin stellen wird. Erwartet werden wochen-, wenn nicht gar monatelange Verhandlungen. Je schneller desto besser, meinen Vertreter des EU-Parlaments und der EU-Kommission in Brüssel.
- Konservative in Brüssel erschüttert über deutschen Wahlausgang
- Grüne hatten mehr Impulse erwartet.
- Sozialdemokraten hoffen auf starken Partner im Kanzleramt
Europas Konservative sind deutlich erschüttert. Die Stärke der Europäischen Volkspartei EVP, die im EU-Parlament die größte Fraktion stellt, war immer auch die Stärke der deutschen Unionsgruppe. Der Abgeordnete Antonio López-Istúriz ist Generalsekretär der EVP und hofft auf eine schnelle Regierungsbildung in Berlin:
Als Generalsekretär der Europäischen Volkspartei wünsche ich meinen Parteifreunden der CDU und CSU gute Verhandlungen, dass sie das Kanzleramt in Berlin behalten können, wie wir in der EVP alle hoffen.
Grüne in Brüssel hatten auf starke Impulse gehofft
Bei den linken Parlamentariern herrscht dagegen Ernüchterung. Ein Gefühl, dass auch die Grünen haben, wie Philippe Lamberts, einer der beiden Fraktionsvorsitzenden, einräumt. Er ist über das Ergebnis der Grünen bei der Bundestagswahl enttäuscht:
Es ist kein Geheimnis, dass es einige Zeit so aussah, dass die deutschen Grünen in der Lage wären, ihr Ergebnis der Europawahlen von über 21 Prozent noch zu verbessern. Das hätte die Grünen überall in der EU weiter gestärkt.
Hoffnung auf mehr Reformwillen
Die österreichische Liberale Claudia Gamon von der "Renew Europe"-Fraktion glaubt, dass es jetzt möglicherweise die Chance gibt, Deutschland und Europa zu erneuern. Die EU-Abgeordnete hofft, dass die neue Regierung auch eine neue Dynamik in die deutsche Politik bringen könnte. So habe Bundeskanzlerin Angela Merkel für Stabilität in der Europäischen Union gesorgt, doch habe ihr der Reformwille gefehlt.
Sie ist teilweise sogar auf der Bremse gestanden.
Sozialdemokraten in EU zufrieden
Zufrieden sind vor allem die europäischen Sozialdemokraten. EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans spricht von einem starken sozialdemokratischen Ergebnis für ganz Europa. Auch die spanische Abgeordnete Iratxe García Pérez, die Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im EU-Parlament ist, hofft, dass man künftig im Berliner Kanzleramt einen starken sozialdemokratischen Verbündeten hat. Denn es würden viele Aufgaben anstehen: Klimaschutz, Digitalisierung, Rechtsstaatlichkeit seien nur einige der Herausforderungen.
Wir werden jetzt abwarten, wie die Verhandlungen in Deutschland laufen. Und wir hoffen, dass am Ende eine Regierung stehen wird, die im EU-Rat eine führende Rolle spielt und so die nötigen Reformen umsetzt.
Viele EU-Politiker fürchten allerdings eine komplizierte Regierungsbildung, womit Deutschland möglicherweise über Monate vor allem mit sich selbst beschäftigt wäre. Der EU-Parlaments-Präsident David Sassoli hat deshalb die beteiligten Parteien zur Eile gemahnt. Europa brauche einen starken und verlässlichen Partner in Berlin, damit man die gemeinsame Arbeit für eine soziale und grüne Erholung fortsetzen könne.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 27. September 2021 | 17:18 Uhr