Vorsorge Katastrophen Kemfert: Regierung sollte Pflichtversicherung gegen Hochwasser einführen
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12. Juni 2024, 20:38 Uhr
Extremwetterereignisse können enorm teuer werden. Trotzdem sind nur rund 50 Prozent der Haushalte gegen Naturgefahren versichert. Klimaökonomin Claudia Kemfert erklärt bei MDR AKTUELL, wie mehr Zustimmung für eine Pflichtversicherung erreicht werden kann.
Nach dem Hochwasser im Süden von Deutschland spricht sich Klima-Ökonomin Claudia Kemfert für eine Pflichtversicherung für Elementarschäden aus. Sie sagte MDR AKTUELL, nach einer Katastrophe springe bisher oft der Staat ein. „Politiker fahren dann gern in die Gebiete, um Geld zu verteilen“, erklärte Kemfert. Das sei für die Steuerzahler aber „extrem teuer“ und werde immer kostspieliger. Die Auswirkungen des Klimawandels seien immer stärker zu spüren. Die Folge seien mehr Extremwetterereignisse verbunden mit höheren Kosten. Eine Elementarschadensversicherung für alle kann da laut Kemfert „Abhilfe schaffen“.
Sinkende Beiträge bei mehr Versicherten
Nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft sind im Bundesdurchschnitt 54 Prozent aller Wohnhäuser gegen alle Naturgefahren versichert – und nicht nur gegen einzelne Wetterphänomene wie Sturm und Hagel. Wenn sich die Quote auf 100 Prozent steigern ließe, könnten die Versicherungsbeiträge nach Angaben von Klima-Ökonomin Kemfert deutlich sinken.
Dabei verweist sie auf Frankreich, wo fast alle Immobilienbesitzer gegen Elementarschäden versichert seien. Die Franzosen bezahlten im Schnitt nur 26 Euro im Jahr. Zu diesem Preis sei in Deutschland keine Versicherung zu finden. Eine Pflichtversicherung sei also auch aus solidarischen Gründen sinnvoll und „viel fairer gerade für Menschen mit niedrigem Einkommen“.
Buschmann will keine Pflicht
Bisher lehnt Bundesjustizminister Marco Buschmann eine Pflichtversicherung ab. Der FDP-Politiker machte aber einen alternativen Vorschlag. Seiner Meinung nach sollten die Versicherer verpflichtet werden, Immobilienbesitzern ein Versicherungsangebot zu unterbreiten. Damit könne man ohne Zwang „eine höhere Versicherungsquote schaffen“.
Die Länder hatten dagegen über den Bundesrat die Bundesregierung vor mehr als einem Jahr aufgefordert, einen Vorschlag für eine bundesgesetzliche Regelung zur Einführung einer Pflichtversicherung vorzulegen. Zu diesem Thema berät sich Bundeskanzler Olaf Scholz am 20. Juni mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder. Bei den jüngsten Hochwassern in Bayern und Baden-Württemberg entstanden nach Angaben der deutschen Versicherer Schäden in Höhe von etwa zwei Milliarden Euro.
MDR (msc)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 12. Juni 2024 | 20:00 Uhr