Mitteldeutschland Mehr Abschiebungen – aber auch viele gescheiterte Abschiebeversuche

24. Mai 2024, 11:29 Uhr

Die Zahl der Abschiebungen aus Deutschland ist in den ersten drei Monaten des Jahres deutlich gestiegen. Fast 4.800 Menschen ohne Aufenthaltsstatus sind bis Ende März abgeschoben worden. Auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gab es deutlich mehr Abschiebungen, aber noch immer auch viele gescheiterte Abschiebeversuche. Bundesweit gab es im 1. Quartal mehr als 187.000 Ausreisepflichtige mit Duldungsstatus und knapp 46.000 ohne Duldung.

Der Bundestrend spiegelt sich auch in Mitteldeutschland wider: In Sachsen sind im ersten Quartal des aktuellen Jahres etwa 280 Menschen abgeschoben worden und damit fast 30 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. In Thüringen liegt der Anstieg sogar bei 45 Prozent, in Sachsen-Anhalt etwas niedriger, bei 18 Prozent.

Linken-Abgeordnete kritisiert "Abschiebewahn"

Die sächsische Bundestagsabgeordnete Clara Bünger von den Linken spricht mit Blick auf das gesamte Bundesgebiet von einem "Abschiebewahn". Denn die Zahlen waren bereits 2023 deutlich gestiegen. "Diese Entwicklung ist Ergebnis von den Diskussionen und Forderungen, die Politiker fast aller Parteien in den letzten Monaten auch gemacht haben. Bundeskanzler Scholz hat ja damit gedroht, im großen Stil abzuschieben, und dieses Versprechen hat er jetzt eingelöst. Die Abschiebungen sind massiv gestiegen."

Anders sieht das der migrationspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Thüringen, Stefan Schard. Er sagt, die Abschiebungen befänden sich weiter auf einem relativ niedrigen Niveau. Schard verweist darauf, dass nur ein kleiner Teil der Ausreisepflichtigen tatsächlich abgeschoben werde: "Setzt man das in die Relation, fällt natürlich auf, dass hier die Umsetzung des Rechtes immer noch hapert. Insofern sind die Abschiebezahlen eine Tendenz für den Moment, bewirken aber noch nicht das, was sie sollen – nämlich, dass die Abschiebepflichtigen wirklich ausreisen müssen."

Hunderte Abschiebungen gescheitert

Ende Februar war das Rückführungsverbesserungsgesetz der Bundesregierung in Kraft getreten. Es soll dabei helfen, Abschiebungen konsequenter durchzusetzen. Dass das Gesetz einen Einfluss auf den Anstieg der Abschiebezahlen hat, glaubt Schard nicht. Ähnlich sieht es der innenpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion in Sachsen, Albrecht Pallas. Er glaubt nicht, dass das Rückführungsverbesserungsgesetz sich da schon ausgewirkt habe. "Das ist eher eine Steigerung, die sich daraus ergibt, dass mehr Menschen einen Asylantrag gestellt haben und auch abgelehnt wurden."

Was in Mitteldeutschland und auch bundesweit auffällt, ist, dass weiterhin viele geplante Abschiebungen scheitern. 381 waren es allein im ersten Quartal in Sachsen-Anhalt. Die Gründe dafür seien vielfältig, erklärt Linken-Politikerin Bünger: "Viele Menschen sind zum Beispiel erkrankt oder nicht zu Hause, wenn sie abgeschoben werden sollen. Es ist auch so, dass Piloten sich geweigert haben, Abschiebungen durchzuführen. Auch das findet statt. Es finden auch Abschiebungen nicht statt, weil zum Beispiel eine Stornierung des Ersuchens stattgefunden hat."

Fehlende Dokumente, fehlende Migrationsabkommen

Ein weiterer wesentlicher Grund für gescheiterte Abschiebungen ist nach Auskunft des Innenministeriums von Sachsen-Anhalt, dass die Menschen, die abgeschoben werden sollen, keinen Pass oder vergleichbare Dokumente ihrer Herkunftsländer besitzen. Weil viele Staaten eben diese Nachweise verlangen, sei eine Abschiebung oft nicht möglich. Es fehle an Migrationsabkommen mit den entsprechenden Ländern. Das Ministerium sieht den Bund in der Pflicht, das zu ändern. Denn der sei für auswärtige Beziehungen zuständig.

Eine Gruppe von Menschen, bei denen es sich vermutlich um Migranten handelt, wird nach Dungeness gebracht, nachdem sie von der Royal National Lifeboat Insitution (RNLI) nach einem Zwischenfall mit einem kleinen Boot im Ärmelkanal gerettet wurden.
Eine Gruppe von Menschen, bei denen es sich vermutlich um Migranten handelt, wird nach Dungeness gebracht, nachdem sie von der Royal National Lifeboat Insitution (RNLI) nach einem Zwischenfall mit einem kleinen Boot im Ärmelkanal gerettet wurden. Bildrechte: picture alliance/dpa/PA Wire | Gareth Fuller

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 24. Mai 2024 | 06:06 Uhr

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