Stiko-Empfehlung Das sagen Fachleute zur RSV-Impfung für Kinder
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02. Juli 2024, 08:28 Uhr
Jeden Winter erkranken viele Neugeborene und Säuglinge am RS-Virus. Der Erreger kann Entzündungen in den Atemwegen auslösen und für die Kinder sehr gefährlich sein. Die Ständige Impfkommission empfiehlt nun eine Impfung gegen das Virus für alle Babys in ihrem ersten Lebensjahr.
In den zurückliegenden Winterhalbjahren las man häufig Schlagzeilen wie diese: "Kinderärzte schlagen Alarm" oder "Kliniken am Limit". Der Grund war das sogenannte Respiratorische Synzytial-Virus, kurz RS-Virus.
Bis zum Ende des zweiten Lebensjahres begegnet praktisch jedes Kind dem Erreger. Viele bekommen nur Schnupfen, Husten oder Fieber. Bei manchen befällt das Virus aber auch die Bronchien, die sich entzünden und zuschwellen. Die Kleinen kriegen kaum noch Luft. Jakob Maske ist Kinderarzt in Berlin und Sprecher seines Berufsverbandes: "Wir können sehr viel davon berichten, dass wir viele schwerkranke Kinder sehen, die wir teilweise auch auf die Intensivstationen schicken müssen aus unseren Praxen. Wir sehen, dass Intensivstationen maximal belastet sind, dass wir teilweise keine Betten bekommen", sagt Maske.
Impfung könnte Klinikaufenthalte bei Säuglingen reduzieren
Etwa 25.000 Säuglinge müssen pro Jahr wegen einer Infektion mit dem RS-Virus ins Krankenhaus. Die Erkrankung ist die Hauptursache für Klinikaufenthalte bei Babys. Die neue Impfung könnte diese Zahlen deutlich reduzieren. Burkhard Rodeck ist Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin: "Grundsätzlich ist es so, dass alle Kinder, die von April bis September geboren werden, prophylaktisch geimpft werden, bevor die RSV-Saison beginnt. Das heißt also: Vor Oktober sollten alle diese Kinder geimpft werden. Während die Kinder, die direkt in der RSV-Saison geboren werden, direkt in der Geburtsklinik geimpft werden sollten", so Rodeck.
Eine Impfung reicht pro RSV-Saison
Schon seit Ende der 90er Jahre konnten die besonders gefährdeten Frühgeborenen oder Kinder mit Herzfehlern einen Impfstoff gegen das RS-Virus bekommen. Er musste aber mehrmals hintereinander gespritzt werden. Das ist mit dem neuen Vakzin nicht mehr der Fall. Eine einzige Gabe reicht für die ganze Saison. Mit der Impfung bekommt das Kind fertige Antikörper injiziert. Der Vorteil: Sie schützt sofort. Diese sogenannte passive Immunisierung hat aber auch Nachteile, so Tobias Tenenbaum, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie. Nach sechs bis zwölf Monaten seien diese Antikörper bereits abgebaut, sagt Tenebaum, "während man bei einer aktiven Immunisierung über mehrere Jahre einen guten Immunschutz hat."
Was bedrohlich ist, ist die Erkrankung, nicht die Impfung.
Impfschutz überwiegt Nebenwirkungen
Deshalb werde derzeit noch geprüft, ob die Impfung aufgefrischt werden müsse, sagt Mediziner Burkhard Rodeck. Grundsätzlich sei das RS-Virus nach dem ersten Lebensjahr aber schon nicht mehr so gefährlich. Und die Nebenwirkungen der Impfung sind auch überschaubar: Typisch sind Schwellungen oder Rötungen an der Einstichstelle. "Wir dürfen bei der gesamten Impfdiskussion niemals vergessen: Das, was bedrohlich ist, ist die Erkrankung, nicht die Impfung", meint der Arzt. In Spanien zum Beispiel, wo das Vakzin eher eingeführt wurde, ist die Zahl der schweren RSV-Infektionen bei Kleinkindern deutlich zurückgegangen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 02. Juli 2024 | 07:19 Uhr