Verbraucherschutz Deutlich mehr Rückrufe von Produkten im Lebensmittelbereich
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Wegen gefährlicher oder schädlicher Inhaltsstoffe müssen Lebensmittel und andere Gebrauchsgegenstände hin und wieder zurückgerufen werden. Das passiert häufiger als noch vor einigen Jahren. Aber woran liegt das? Werden die Produkte schlechter? Oder wird besser kontrolliert?
- Ein Großteil der Lebensmittelrückrufe sind auf Verunreinigungen oder Salmonellen zurückzuführen.
- Unternehmen sind verpflichtet, auf Rückrufe hinzuweisen. Wie sie das machen, entscheiden sie selbst.
- Die Organisation Foodwatch fordert, dass es verbindlichere Standards und strengere Regeln bei Verdachtsfällen gibt.
Mehr als 300 Mal hat die Webseite lebensmittelwarnung.de im vergangenen Jahr Warnungen herausgegeben. Bei Lebensmitteln, Kinderprodukten, Kosmetika oder sogenannten Bedarfsgegenständen wie Besteck oder Kleidung. Im Lauf des letzten Jahrzehnts haben sich die Rückrufe im Verbraucherschutzportal des Bundes und der Länder damit verdreifacht.
Das wertet Silvia Raschke, Projektleiterin von lebensmittelwarnung.de beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), nicht als ein schlechtes, sondern als ein gutes Zeichen: "Als wir 2011 dieses Portal ins Leben gerufen haben, hatte das noch so ein bisschen so eine Art Prangerwirkung. Aber mittlerweile sehen eben auch Unternehmen das als wichtigen Bestandteil eines verantwortungsvollen Managements. Über das man eben auch Verantwortungsbewusstsein und Vertrauenswürdigkeit sicherstellen kann."
Vor allem Lebensmittelrückrufe wegen Salmonellen
Gesenkte Grenzwerte und der technische Fortschritt, mit dem auch kleinste Verunreinigungen zu finden seien, hätten in der Zwischenzeit ebenfalls die Zahl der vorsorglichen Rückrufe erhöht, erklärt Raschke.
Den Hauptteil machen Lebensmittel aus – vor etwa zwei Produkten pro Woche muss gewarnt werden. Am häufigsten wegen Krankheitserregern wie Salmonellen oder anderen Mikroben. Gefunden würden diese in den meisten Fällen von den Herstellern selbst, sagt Raschke: "In erster Linie kommen solche Rückrufaktionen dadurch zustande, dass ein Unternehmer selber feststellt, dass ein von ihm vertriebenes Produkt eben nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Der Unternehmer ist dann auch verpflichtet, einen öffentlichen Rückruf einzuleiten, wenn die Produkte die Verbraucherinnen und Verbraucher bereits erreicht haben könnten."
Wie Unternehmen ihrer Meldepflicht nachkommen, entscheiden sie selbst
Ob sie das aber gewissenhaft tun, entscheidet das einzelne Unternehmen selbst. Ein Punkt, den die Verbraucherschutzorganisation foodwatch kritisiert. Zwar würde die große Mehrheit zunehmend erkennen, dass eine offene Fehlerkultur Vertrauen schaffe. Aber es gebe eben auch schwarze Schafe. Und die, sagt foodwatch Geschäftsführer Chris Methmann, könnten Behörden in Konflikte bringen:
"Dass tatsächlich eine Behörde mal ein Unternehmen dazu zwingt, einen Rückruf zu machen, das kommt sehr selten vor. Weil die nämlich Angst haben vor ganzen, ich sag mal, Heeren von Anwälten, die ihnen dann Schadensersatzklagen androhen." Und oft hätten sie auch Interessenkonflikte, sagt Methmann weiter: "Denn einerseits sind das Steuerzahler im eigenen Landkreis, die schaffen Arbeitsplätze. Da habe ich auch einen Anreiz, als Lebensmittelbehörde dann nicht so ganz streng zu sein."
Forderung nach verbindlicheren Standards
Zum anderen, sagt Methmann, würden auch die Supermärkte nicht immer transparent handeln. Denn die großen Ketten und Discounter warnten insbesondere dann, wenn Eigenmarken zurückgerufen werden müssten. Andernfalls wälzten sie die Verantwortung auf die Hersteller ab. Methmann meint: "Da, wo ich das Produkt gekauft habe, da bin ich überhaupt nicht informiert. In den Supermärkten herrscht, was Rückrufe angeht, meist gähnende Leere."
Methmann wünscht sich deshalb verbindlichere Standards für Hersteller. Und dass im Falle eines Rückrufs Warnungen im Supermarkt zur Pflicht würden, statt bisher nur eine Option – am besten direkt am Produktregal.
Das Portal lebensmittelwarnung.de, dessen Darstellung das BVL seit einem knappen Monat deutlich nutzerfreundlicher gestaltet hat – unter anderem als App – beurteilt Methmann als überfällig, aber dennoch gut.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 18. Juli 2024 | 06:54 Uhr
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