Zuschauer beim Moto2-Rennen auf dem Sachsenring in Hohenstein-Ernstthal
Zehntausende Fans verfolgten Mitte Juni das Moto2-Rennen auf dem Sachsenring. Bildrechte: IMAGO/Andreas Gora

PS-Zirkus vs. Klimaschutz Ist Motorsport noch zeitgemäß?

21. August 2023, 08:01 Uhr

Über 230.000 Rennsport-Fans pilgerten Mitte Juni zum Motorrad-WM-Lauf an den Sachsenring. Drei Tage lang gaben die Piloten auf der Strecke und die Fans daneben Vollgas: satter Motoren-Sound, vollklimatisierte Trucks der Teams, volle Zufahrtsstraßen. Ist das noch zeitgemäß, wo überall CO2 eingespart werden soll? Ein MDR-AKTUELL-Hörer stellt den PS-Zirkus allgemein in Frage. Doch wie hoch ist die Umweltbelastung wirklich?

Sport Reporter, Raimo Hinsdorf
Bildrechte: Karsten Möbius/MDR

Es klingt einleuchtend: Hochleistungsverbrennungsmotoren im Motorsport machen nicht nur Lärm, sondern stoßen auch Unmengen CO2 aus. Doch wie hoch ist die Belastung durch den Rennsport konkret? Auf der Strecke selbst nicht sehr groß, sagt Michael Kramp, Sprecher des Deutschen Motorsportbundes DMSB, der im Juli dazu eine große Umweltstudie veröffentlichte. Demnach ist der unmittelbare CO2-Anteil der Rennmotoren relativ gering: Nur zwischen drei und fünf Prozent aller Emissionen rund um die Veranstaltungen werden durch die Rennfahrzeuge selbst verursacht.

Kritiker verweisen auf schädliche CO2-Gesamtbilanz

Viele Fans des Vollgas-Sports mögen sich bestätigt fühlen. Doch Kritiker wird das Zahlenwerk nicht besänftigen. Schließlich seien die Logistik der Rennserien oder der Fan-Tourismus doch Klimakiller genug, argumentieren sie.

Stefan Wagner vom Verein Sports for Future, der sich für Nachhaltigkeit im Sport engagiert, hält dennoch nichts von radikalen Forderungen nach einem Aus für den PS-Zirkus. Der Motorsport bilde doch nur die gesellschaftliche Realität ab – das Reisen und den Transport in einer global vernetzten Welt und den Individualverkehr, der immer noch auf Pkw und Verbrennungsmotoren basiere.

Eigentlich bildet der Motorsport das ab, was immer noch gesellschaftliche Realität ist, nämlich das Reisen, das Transportieren in einer global vernetzten Welt und einen Individualverkehr, der immer noch auf Pkw und Verbrennern basiert.

Aus Sicht von Wagner ist die Frage, wie man damit umgeht. Der Rennsport sei nicht besser oder schlechter als andere Sportveranstaltungen, auch da kommen viele Leute mit ihren Autos hin. Auch bei vielen anderen Sportevents würden Dinge um die Welt transportiert.  

Was ist schädlicher: Formel 1 oder Fußball?

Und diese Transporte hinterlassen genau wie die An- und Abreisen der Fans einen gewaltigen ökologischen Fußabdruck. Hier sind Formel 1 und Fußball-Bundesliga mit jeweils über 250.000 Tonnen Kohlendioxid im Verlauf einer Saison übrigens durchaus vergleichbar.

Menschen posieren für ein Gruppenfoto
Motorsportfans am Sachsenring in Hohenstein-Ernstthal Bildrechte: Philipp Brendel

In nationalen oder europaweiten Serien versuchten Veranstalter durch einen klug aufgestellten Rennkalender, Emissionen durch unnötige Transportwege zu vermeiden, sagt Michael Kramp vom DMSB und verweist auf die Tourenwagenserie DTM.

Die sei früher in Moskau oder China gefahren, in Barcelona und und und. Da habe man sich auch zurückbesonnen und fahre auf den deutschen Rennstrecken und im naheliegenden Ausland wie etwa im niederländischen Zandvoort und in Österreich.

Umweltauflagen für Motocross-Rennen in Teutschenthal

Motorsport-Klubs in der Region müssen sich eher mit Vorschriften zu Abwässern, zur Lärmreduktion und oder Müllvermeidung beschäftigen. Beim MSC Teutschenthal in Sachsen-Anhalt habe man vor dem diesjährigen Motocross-WM-Lauf investieren müssen, erzählt Geschäftsführer Andreas Kosbahn: "Wir hatten in diesem Jahr die klare Auflage, einen Ölabscheider mit Schlammfang einzubauen, um das Waschen der Motocross-Maschinen umweltverträglich zu gestalten."

Kosbahn zufolge wurden diese Vorgaben in diesem Jahr zu den WM-Rennen mit einem großen technischen Aufwand umgesetzt. Das sei eine gute Sache. Im Zusammenhang damit hätten Teilnehmer auch Reinigungszusätze verwendet, die biologisch abbaubar seien. Strenge Auflagen für die Teams gebe es auch in Sachen Lärm.

Rennsport auch mit E-Fuels, Elektromotor oder Wasserstoffantrieb

Und auch bei den Antriebstechnologien wollen die Motorsport-Verbände und Veranstalter Kurs halten – hin zu mehr Nachhaltigkeit. Ob mit Elektroantrieben, wie seit 2014 in der Formel E oder mit anderen alternativen Antrieben. Michael Kramp vom DMSB hält es daher auch für sinnvoll, einen Parallelweg zu beschreiten.

Der wird im Motorsport teilweise mit Wasserstoff begangen, teilweise mit E-Fuels, die sehr stark weiterentwickelt werden. In der DTM zum Beispiel wird schon mit 50 Prozent E-Fuels gefahren. Also, man guckt einfach, wo der Motorsport die Technologien vorantreiben kann."

Denn dass der Rennsport nach wie vor die Massen begeistert, lässt sich an den Zuschauerzahlen ablesen, nicht nur am Sachsenring.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 21. August 2023 | 06:22 Uhr

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