Klimawandel und Schnee Wintersport wird schwieriger und teurer
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11. Januar 2023, 12:26 Uhr
Noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war Skifahren ein natürliches Privileg der Bewohner von Gebirgsregionen und ein soziales für Menschen, die sich Urlaub in den Bergen leisten konnten. Dann jedoch wurden Ski, Snowboard und Wintersport aller Art zum Massenphänomen, von dem wirtschaftlich heute ganze Regionen abhängen. Der Klimawandel allerdings könnte dieses Rad wieder zurückdrehen und vor allem Alpin-Ski bald wieder zu einem recht teuren und darum exklusiven Vergnügen machen.
- Schlechte Aussichten für Mitteldeutschland
- Immer mehr Kunstschnee sogar in den Alpen
- Auch professioneller Ski-Sport bekommt Probleme
- Alternativen gesucht – Grafiken und Daten zum Thema
Silvester wurden in Sachsen-Anhalt neue Temperatur-Rekorde erreicht. Landwirte beginnen mit der Schädlingsbekämpfung deutlich früher und Haselnuss-Sträucher blühen an manchen Orten schon im Dezember. Die Winter werden wärmer und es liegt immer weniger Schnee. Das wirkt sich natürlich auch auf den populären Wintersport-Tourismus aus, der jetzt nicht nur in den mitteldeutschen Mittelgebirgen an seine Grenzen kommt.
Kaum Schnee in vielen mitteldeutschen Skigebieten
Wer in diesen Zeiten des Klimawandels immer noch Ski und Snowboard fahren will, muss höher hinaus, weiter weg und vermutlich auch tiefer dafür in die Tasche greifen. Hierzulande geht Jahr für Jahr immer weniger.
Ein Beispiel: An Mitteldeutschlands höchster Erhebung, am Fichtelberg im sächsischen Erzgebirge, hat in mehr als 1.200 Metern Höhe nur in einem der vergangenen neun Winter die ganze Saison über genug Schnee gelegen.
Ein weiteres Beispiel: In der "Skiarea Heubach" in Thüringen wurde in den kalten Tagen Mitte Dezember viel Kunstschnee produziert, als Vorbereitung auf die Saison. Jetzt aber ist alles wieder weg, Strom und Wasser sind umsonst verpulvert und für den Betreiber der Winter bisher ein Totalausfall.
Und ein kurzer Rückblick: Nicht viel anders hat es beispielsweise vor zwei Jahren auch in Schmiedefeld in Thüringen ausgesehen. Auch dort war nach dem Ende des Saison 2020 von einem Totalausfall die Rede.
Betroffen von Schneemangel sind dabei zuerst und besonders die als Wintersport-Regionen aufgestellten Gebiete in tieferen Lagen – nicht in jedem Winter, aber immer öfter. Meteorologen sehen die Schneefallgrenze stetig weiter nach oben wandern. Für viele unterhalb von 1.000 Metern liegende Ski-Lifte und andere Wintersport-Anlagen wird es also immer schwieriger.
Schnee-Sicherheit auch in den Alpen gefährdet
Doch auch die Alpen mit höheren Bergen haben dieses Problem. Auch hier wird immer stärker auf Kunstschnee gesetzt, was laut einer aktuellen Studie aus der Schweiz in Skigebieten über 1.800 Metern mindestens 100 Tage mit Schnee pro Saison noch garantieren, aber neue Probleme bringen kann.
Demnach wird Kunstschnee noch viel mehr Wasser und Strom brauchen als jetzt und über Weihnachten und Neujahr kaum mehr machbar sein, denn zu Winterbeginn ist es schon jetzt oft zu warm und zu feucht. Damit zerstäubtes Wasser in der Luft friert, muss sie kalt und trocken sein. Trotzdem könnte der Studie zufolge Skifahren noch bis zum Ende des Jahrhunderts grundsätzlich möglich bleiben, selbst bei einem völlig ungebremstem Klimawandel.
Irgendwann können sich Personen mit durchschnittlichem Einkommen solche Ferien schlicht nicht mehr leisten.
Die Kosten für den Ski-Zirkus dürften allerdings steigen. Maria Vorkauf, eine der Autorinnen der Studie, sagt dazu: "Hier werden wahrscheinlich Konflikte zwischen dem Wasserbedarf für das Skigebiet und dem für Stromerzeugung entstehen." Dabei wird Wasser gerade in den alpinen Regionen auch durch das fortschreitende Verschwinden der Gletscher immer knapper.
Fest steht für die Forscherinnen, dass verstärkter Kunstschnee-Einsatz mit seinen hohen Kosten auch die Preise für Skiurlauber in die Höhe treibt. Und Ko-Autorin Erika Hiltbrunner meint: "Irgendwann können sich Personen mit durchschnittlichem Einkommen solche Ferien schlicht nicht mehr leisten."
Probleme auch für Profi-Sportler
Betroffen sind aber nicht nur die privaten Winterurlauber. Auch dem professionell-sportlichen Ski-Zirkus macht die Sache zu schaffen und vor allem in mitteldeutschen Breiten. Weil es hier an Schnee mangelt, reiste etwa die sächsische Biathletin Denise Herrmann-Wick zum Training in den Alpen nach Südtirol, um fit zu werden unter anderem für die Weltmeisterschaft im thüringischen Oberhof, die dort vom 8. bis 19. Februar stattfinden soll.
Dort, im "Wintersport-Mekka" des Thüringer Waldes, sind im Frühjahr 2022 mehr als 34.000 Kubikmeter Kunstschnee eingelagert worden, eigentlich für den Notfall, um internationalen Skisport noch gewährleisten zu können. Doch wahrscheinlich wird die WM 2023 in Oberhof einen ähnlich traurigen Anblick bieten wie der aktuelle Biathlon-Weltcup in Ruhpolding, mit einem weißen Laufband in einer ansonsten grau-grün-braunen Umgebung.
Kaum besser sah es zuletzt in Klingenthal in Sachsen aus. Dort sah man sich Anfang des Jahres noch gut auf den Weltcup in der Nordischen Kombination vorbereitet. Doch angesichts von Regen und hohen Temperaturen mussten die Veranstalter die Wettbewerbe absagen.
Weitere Investitionen – oder umdenken?
Noch hoffen jedoch Lift-Betreiber, Gastronomen und andere vom Winter-Tourismus abhängige Betriebe auch im Harz, im Erzgebirge und im Thüringer Wald, dass es irgendwie nochmal besser wird. Auch sie investierten zuletzt in Schneekanonen, Kunsteis und ähnliche Dinge – eine riskante Strategie, denn ob das langfristig lohnt, muss angesichts der Prognosen zum Klimawandel und bei steigenden Energiepreisen doch sehr bezweifelt werden.
Mehr Geld in Form auch von Fördermitteln in Wintertourismus zu stecken, lehnten schon im März 2020 die meisten Menschen in Mitteldeutschland ab. In einer Umfrage für den MDR meinte damals eine Mehrheit, dass staatliche Förderung auch in klassischen Skigebieten besser in Alternativen als in den Wintertourismus investiert sei. Und daran dürfte sich mit dem Blick aus dem Fenster auch aktuell wenig geändert haben: Alternativen sind gefragt.
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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL FERNSEHEN | 10. Januar 2023 | 14:00 Uhr