Der Redakteur | 21.02.2024 Wann kommt der Inflationsausgleich für Rentner?
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21. Februar 2024, 15:00 Uhr
Viele Rentner und Rentnerinnen fragen sich, wie und wann der Inflationsausgleich eigentlich sie selbst erreicht. Denn bei Tarifverhandlungen ist stets die Rede von einem gerechten Ausgleich für die hohe Inflation - ohne dass konkret die Rente erwähnt wird.
Bei der Frage nach einem gerechten Inflationsausgleich geht es sehr schnell ums Grundsätzliche. Ist unser Rentensystem zukunftsfest? Müsste es nicht durch eine Kapitalmarktkomponente erweitert werden? Müssten nicht alle einzahlen, auch die Freiberufler und die Beamten? Um darüber hinaus den Prozess rund um den Inflationsausgleich zu verstehen, erklären wir zunächst einmal, wie das System derzeit funktioniert.
Wie setzen sich unsere Renten zusammen?
Unser Rentensystem ist umlagefinanziert. Das heißt: Was die Beitragszahler einzahlen, wird an die Rentner ausgeschüttet. Rechte Tasche - linke Tasche. Bezahlt werden müssen aber auch noch einige versicherungsfremde Leistungen. Das heißt, da werden Gelder ausgezahlt, obwohl dafür rechnerisch keine Beiträge eingezahlt wurden.
Dazu gehören Kindererziehungszeiten, Anrechnungszeiten, zum Beispiel für Ausbildung, wegen Arbeitslosigkeit oder Krankheit, Rentenberechnung nach Mindesteinkommen, Bestandsschutz für Renten in den neuen Bundesländern und einiges mehr. Dadurch gerät die Rentenkasse in eine finanzielle Schieflage, die aus Steuermitteln ausgeglichen wird. Kritiker wie der Sozialverband VdK sagen: leider nicht komplett.
Die gesetzliche Rentenversicherung erhält jedes Jahr Bundeszuschüsse aus Steuergeldern, um die versicherungsfremden Leistungen finanzieren zu können. Die Höhe der Bundeszuschüsse ist allerdings nicht ausreichend.
Dahinter verbirgt sich dieser Streit: Was sind eigentlich die Aufgaben der Allgemeinheit, also des Steuerzahlers, und was muss aus den Beiträgen der Rentenversicherung bezahlt werden? Bei den Steuerzahlern wären nämlich zum Beispiel auch die Beamten oder Selbstständigen mit im Boot.
Wie berechnet sich eigentlich die Rente?
Die Rente ist eine individuelle Zahlung auf Basis der erworbenen Rentenansprüche während des Arbeitslebens. Diese Ansprüche werden als Rentenpunkte gesammelt. Das bedeutet: Forderungen, dass die Bezieher kleiner Renten mehr bekommen sollten als die, die eh schon "genug" haben, gehen ein bisschen am Grundprinzip der Rente vorbei.
Denn die Renten sind keine Almosen, sondern erworbene Ansprüche aus dem Arbeitsleben. Für den sozialen Ausgleich gibt es andere Mechanismen des Staates wie etwa die Grundsicherung oder das Wohngeld. Um einen Rentenpunkt zu bekommen, muss man in dem jeweiligen Arbeitsjahr exakt den Durchschnittsverdienst aller Verdiener dieses Jahres treffen.
Das bedeutet: Wer sein Leben lang Durchschnitt ist, der hat nach 45 Beitragsjahren exakt 45 Rentenpunkte auf seinem Konto. Es fließen am Ende noch andere Faktoren mit ein, aber zur einfachen Verdeutlichung multiplizieren wir die Rentenpunkte mit dem Rentenwert, der für jedes Jahr neu bestimmt wird. In diesem Jahr sind das 37,60 Euro. Das ergibt eine Rente von 45 x 37,60 € = 1.692 Euro.
Die Berechnung dieses jährlichen Rentenwertes ist volkswirtschaftliche Rechenkunst deutscher Prägung. ARt ist der besagte Rentenwert, der aus insgesamt zehn Variablen berechnet wird, die unter anderem lauten: ARt-1, BEt-2, AVA2012 oder RQt-1. Alle zehn Variablen haben jeweils noch eigene Formeln, aus denen sie hervorgegangen sind, so dass die Freunde der Mathematik mit dem Nachrechnen für eine Weile ausgelastet sein dürften.
Wo steckt da der Inflationsausgleich drin?
Unsere gesetzliche Rente passt sich jedes Jahr an die allgemeine Lohnentwicklung an. Es gäbe natürlich noch andere Möglichkeiten, wie die Auszahlung nach Kassenlage oder nach Bauchgefühl eines Präsidenten vom Schlage Putin oder Erdoğan.
Andere Länder koppeln die Rente auch direkt an die Inflation. Das würde in diesem Jahr überzeugend klingen, wäre aber in den vergangenen Jahren ein Minusgeschäft gewesen. Denn die Rentensteigerungen lagen zum Teil deutlich über den Inflationsraten, weil die Koppelungen die Löhne eben auch die gestiegenen Wertschöpfungen beinhaltet.
In den letzten 10 Jahren sind die Renten im Osten um rund 3,5 Prozent gestiegen und die Inflation lag unter 2 Prozent.
Stefan Braatz von der Deutschen Rentenversicherung Bund verweist auf die Verlässlichkeit, die unsere Rente auszeichnet für die Rentner. Das beinhaltet auch, dass die Renten niemals weniger werden, auch wenn - wie zuletzt - die Kaufkraft natürlich auch mal sinken kann.
Die 5,86-prozentige Steigerung in 2023 ist ein Ausdruck der Tarifsteigerung vom Jahr 2021 auf das Jahr 2022 - kein Ausdruck der aktuellen Inflation. Ab 1. Juli 2023 gibt es diese 5,86 Prozent mehr im Osten. Das bedeutet, die derzeitigen Tarifverhandlungen, die ja Bezug nehmen auf die hohe Inflation, und die zum Teil Lohnsteigerungen im zweistelligen Prozentbereich enthalten, würden erst zum 1. Juli 2024 in die Rente einfließen.
Dass das viele als verspätet empfinden, das ist verständlich, nur gehört zur Wahrheit auch, dass es in den Jahren zuvor eben genau umgedreht war. Die Steigerung der Renten lag in der Summe der vergangenen zehn Jahre mehr als zehn Prozentpunkte über der Inflationsrate, wie Stefan Braatz an seinem Zehn-Jahresbeispiel vorgerechnet hat.
Die Renten-Einheit ist vollendet
Es war eine Art Treppe mit unterschiedlich hohen Stufen, die bis 2024 ein einheitliches Rentenniveau in Ost- und Westdeutschland erreichen sollte. Dafür stiegen die Renten im Osten über die letzten 30 Jahre immer etwas stärker als die im Westen. Mit der Auszahlung der Renten ab Juli 2023 wurde diese Angleichung vorfristig erreicht.
Das heißt, der diesjährige Anstieg um 5,86 Prozent (Ost) im Vergleich zum Vorjahr und um 4,39 Prozent (West) führt jeweils zu dem bereits erwähnten Rentenwert von 37,60 Euro, der dann mit den eigenen Punkten multipliziert wird. Die Angleichung der Renten war also mehr als eine Generationenaufgabe. Nun ist es geschafft, und alle, die nach der Wende fest daran glaubten, keine Rente mehr zu bekommen, gehen demnächst als "Babyboomer" in Rente. Norbert Blüm hatte mit seinem Ausspruch "Die Rente ist sicher" also nicht so ganz unrecht.
Und Stefan Braatz von der Deutsche Rentenversicherung Bund geht davon aus, dass es auch künftig ganz gut aussieht. Auch wenn immer weniger Schultern immer mehr Rentner tragen müssen. Aber ein stabiler Arbeitsmarkt und diverse andere Faktoren geben ihm Grund zum Optimismus Abgerechnet wird dann in gut 30 Jahren.
Dieser Artikel wurde zuerst veröffentlicht am 09.06.2023.
MDR (dvs)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 21. Februar 2024 | 16:40 Uhr
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