Elternschaft Kleines Sorgerecht: Reform für unverheiratete und homosexuelle Paare

23. Februar 2023, 05:00 Uhr

Das sogenannte "kleine Sorgerecht" gibt alleinerziehenden Eltern die Möglichkeit, den neuen Ehepartner als eingeschränkt Sorgeberechtigten für das Kind einzutragen. Das gilt bislang aber nicht für unverheiratete oder gleichgeschlechtliche Partner. Das soll sich bald ändern – so das Versprechen von Bundesjustizminister Marco Buschmann. Das Ziel ist längst im Koalitionsvertrag verankert. Wann es umgesetzt wird, sagt Buschmann nicht.

  • Ina Feige, Fachanwältin für Familienrecht, kennt aus ihrem Berufsalltag viele Beispiele von Familien, die von einer Reform des "kleinen Sorgerechts" profitieren würden.
  • Anderen geht eine solche Reform nicht weit genug.
  • Anwältin Feige sieht auch die Schwierigkeiten, die das neue Gesetz mit sich bringen könnte, ist aber dennoch für die Reform.

Das Gesetz zum aktuellen "kleinen Sorgerecht" sei längst durch die Realität überholt, sagt Ina Feige, Fachanwältin für Familienrecht aus Leipzig. Denn bisher könne ein alleinerziehender Elternteil das "kleine Sorgerecht" nur einem verheirateten Partner übergeben. Der darf das Kind dann zum Beispiel bei einer Schule anmelden oder medizinische Entscheidungen mittreffen.

Das müsse auch für andere Elternvarianten möglich sein, findet Feige: "Ein Beispiel in meiner Praxis ist, dass sich viele junge Menschen hier beraten lassen und sagen, wir möchten nicht nur als Mutter und Vater ein Kind großziehen, sondern mehrere Personen zusammen wollen diese Elternschaft ausüben. Und die haben dann ganz konkrete Fragen: Wie ist das zu gestalten oder was gibt uns das Gesetz dafür vor. Und das Gesetz hat diesen Fall nicht geregelt."

Familienbild im Wandel

Längst sind Zwei-Mütter-Familien, Zwei-Väter-Familien oder auch Mehreltern-Familien keine Einzelfälle mehr. Sie alle könnten durch das reformierte "kleine Sorgerecht" profitieren, denn dann könnten nicht mehr nur verheiratete Paare elterliche Aufgaben besser teilen, sondern auch sogenannte Regenbogenfamilien und unverheiratete Paare. Statt einer weiteren Ankündigung, dass die Erweiterung bevorsteht, würde Kerstin Thost vom Schwulen- und Lesbenverband lieber hören, wann: "Wir wünschen uns, dass endlich ein Zeitplan für eine umfassende Reform des Abstammungsrechts vorgelegt wird, wo das kleine Sorgerecht nur ein kleiner Teil davon ist."

"Kleines Sorgerecht" hilft Zwei-Mütter-Familien nicht weiter

Für Thost steckt in der Novelle, mehr als einer Person das "kleine Sorgerecht" übertragen zu können, zwar viel Potenzial, dennoch bringt das aus ihrer Sicht vor allem Zwei-Mütter-Familien kaum weiter. Hier wünscht sie sich die Möglichkeit der gleichberechtigten Elternschaft von Geburt an. Aktuell gilt die leibliche Mutter als alleinerziehend ab der Geburt. "Da ist es so, dass dann die nicht-gebärende Mutter ein diskriminierendes Stiefkind-Adoptionsverfahren durchlaufen muss, und in dieser Zeit ist das Kind gar nicht geschützt. Wir wollen, dass wenn der alleinerziehende Elternteil stirbt oder verunglückt, das Kind nicht zur Adoption freigegeben wird." Die zweite Mutter habe nicht die Möglichkeit, das Kind zuhause zu behalten. Auch nicht als Ehepartnerin der leiblichen Mutter.

Bis zur Novellierung des "kleinen Sorgerechtes" kenne das Gesetz nur zwei Elternteile, Mutter und Vater, sagt Familienanwältin Ina Feige. Sie sieht in dem neuen Format durchaus auch Herausforderungen: "Es ist in meinem beruflichen Alltag schon schwierig genug mit nur zwei Elternteilen. Da gibt es so viele Themen und so viele Konflikte. Wenn mehr dazu kommen, wird es schwieriger, aber dennoch ist die Realität nun mal so, und da ist es immer hilfreich, wenn das Gesetz uns was an die Hand gibt, mit dem man arbeiten kann." Ab wann Ina Feige damit arbeiten kann, bleibt zunächst offen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 23. Februar 2023 | 06:00 Uhr

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