Bundeswehr Nachfrage nach Heimatschutz-Ausbildung für Ungediente ungebrochen
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23. April 2025, 06:41 Uhr
Seit 2018 können Ungediente die Grundausbildung im Heimatschutz absolvieren. Seitdem ist das Interesse an der Ausbildung enorm gestiegen. In Mitteldeutschland wird sie nicht angeboten, dafür aber in Niedersachsen. 2020 gab es dort laut Reservistenverband 360 Interessenten für die Ausbildung. Für den aktuellen Jahrgang seien 3.000 Bewerbungen eingegangen. Auch der Leipziger Verwaltungsbürgermeister Ulrich Hörning nimmt daran teil.
- An der Heimatschutz-Ausbildung in Niedersachsen nehmen auch Menschen aus Mitteldeutschland teil
- Einer von ihnen ist der Leipziger Verwaltungsbürgermeister Ulrich Hörning
- Im Kriegsfall muss der Heimatschutz kritische Infrastruktur schützen
Die Nachfrage nach der Grundausbildung im Heimatschutz für Ungediente ist hoch – das zeigt sich am Beispiel von Nienburg in Niedersachsen. Für den aktuellen Lehrgang gab es dort nach Angaben von Manfred Schreiber rund 3.000 Bewerbungen – für 160 Plätze.
Schreiber ist Vizepräsident für militärische Ausbildung beim Reservistenverband auf Bundesebene und der Kommandeur des Heimatschutzregimentes 3 in Nienburg, der unter anderem dafür verantwortlich ist, die Ausbildung für Ungediente durchzuführen.
Die Grundausbildung in Nienburg
Seit 2019 gibt es die Ausbildung in Nienburg. An dieser nehmen auch immer wieder Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen teil. "Ungefähr zehn Prozent derjenigen, die bei uns dabei sind, kommen aus dem Sendegebiet des MDR", erklärt Schreiber. Denn in Mitteldeutschland wird die Ausbildung nicht angeboten. Bundesweit gibt es etwa 600 bis 800 Plätze für die Ausbildung, schätzt Schreiber. In Nienburg seien acht Prozent der Teilnehmer ehemalige Kriegsdienstverweigerer.
Einer von ihnen ist Ulrich Hörning, Bürgermeister und Beigeordneter für allgemeine Verwaltung bei der Stadt Leipzig. Er sagt: "Ich hab den Wehrdienst verweigert im Jahr 1992. Ich war dann Kriegsdienstverweigerer, Zivildienstleistender in einem Obdachlosenheim in Nordfrankreich." 2019 habe er sich entschieden, seine Kriegsdienstverweigerung zurückzuziehen.
Wie es zu dieser Entscheidung kam, erklärt Hörning so: "Mit der Erkenntnis, dass wir seit 2014, also dann wirklich mit der russischen Invasion der Krim und dem Krieg im Osten der Ukraine eine ganz andere Sicherheitssituation in Europa haben. Dass so diese Freiheit und Souveränität, die wir hier in der Bundesrepublik glauben, ja selbstverständlich zu haben, dass die eben nicht selbstverständlich ist."
Frauenquote bei mehr als 20 Prozent
Kommandeur Schreiber zufolge lag das Durchschnittsalter der letzten fünf Jahre bei 38 Jahren. "Und das bestärkt uns, weil die Männer und Frauen haben dann eben noch weit über zwei Jahrzehnte Zeit, sich im Heimatschutz zu tummeln. […] Und das, was mich persönlich am meisten überrascht, ist, dass die Frauenquote weit über 20 Prozent liegt."
Zum Vergleich: Insgesamt betrachtet ist der Anteil der Soldatinnen in der Bundeswehr niedriger. 2024 lag er laut Bundeswehr bei knapp 14 Prozent. Im Hinblick auf die Leistung lassen sich dabei kaum Unterschiede zu den Männern feststellen, sagt Schreiber. "Ich sag's den Männern immer ganz deutlich, die Frauen zeigen letztlich, was 'ne Kante ist. Sie haben eben aufgrund der Biologie teilweise Nachteile, aber beißen sich wesentlich besser durch." Das führe auch dazu, dass es im Gegensatz zur normalen Grundausbildung kaum Abbrecher gebe.
Ich sag's den Männern immer ganz deutlich, die Frauen zeigen letztlich, was 'ne Kante ist. Sie haben eben aufgrund der Biologie teilweise Nachteile, aber beißen sich wesentlich besser durch.
26 Tage dauert die Ausbildung. Zehn davon hat Ulrich Hörning schon absolviert. "Ich glaube, was noch ansteht, ist der aktivere Teil, nämlich Gepäckmarsch, Biwak und auch Schuss auf der Schießbahn. Das haben wir bisher nicht gemacht. Wir haben jetzt hier erstmal nur Ausbildung gemacht viel im Klassenraum sozusagen auch mit Wehrrecht und freiheitlich demokratische Grundordnung und Grundlagen auch des Wachdienstes."
Für die Ausbildungstage vor Ort wird er freigestellt. Die können mitunter sehr lang sein, erklärt Hauptmann Sebastian*. Er ist der stellvertretende Kompaniechef der Ausbildungskompanie in Nienburg. "So ehrlich muss ich sein, die Tage sind auch sehr, sehr lang, der Dienst kann schon mal bis 19, bis 20 Uhr andauern, er startet auch morgens um 6 Uhr schon."
Dazu kommt das Selbststudium bestimmter Inhalte zuhause. Das ist aber alles irgendwie machbar, erklärt Ulrich Hörning. Um die Ausbildung durchführen zu können muss aber nicht nur der Rekrut, sondern auch der Arbeitgeber zustimmen. Hier spricht man von "doppelter Freiwilligkeit". Beamte bekommen dann ihre Dienstbezüge fortbezahlt. Selbstständige und Arbeitnehmer erhalten Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz.
Aufgaben der Heimatschützer im Kriegsfall
Im Kriegsfall muss der Heimatschutz kritische Infrastruktur schützen, erklärt Hauptmann Sebastian. "Dazu gehören Bahnstrecken, Bahntrassen. Da können Straßenzüge zu gehören, da sprechen wir von Brücken. […] Das fängt schon an bei Seehäfen, die eben auch zur kritischen Infrastruktur gehören, kann aber auch ein Umspannwerk sein."
Wir sichern den Transport ab, wir stellen Verpflegung bereit, Treibstoff. Alles, was benötigt wird, wird an den Rasträumen bereitgestellt.
Außerdem muss der Heimatschutz die Beweglichkeit der Truppen sicherstellen – sowohl der eigenen als auch von NATO-Truppen. Dazu gehört zum Beispiel, dass Transporte abgesichert werden und Verpflegung bereitgestellt wird.
Vor Ulrich Hörning liegen jetzt noch zwei Blöcke mit je acht Ausbildungstagen. Wenn er die Erstausbildung abgeschlossen hat, ist er verpflichtet sein Wissen zu festigen. Manfred Schreiber vom Reservistenverband meint: "Wir gehen davon aus, dass wir jeden Heimatschützer in jedem Jahr mindestens 14 Tage brauchen, damit er das, was er bei uns gelernt hat, nicht verlernt."
*Auf Anordnung des Bundesverteidigungsministeriums dürfen die Nachnamen aller Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr bis Ebene Kommandeur in den Medien nur abgekürzt veröffentlicht werden. Deswegen wurde sich hier auf die Angabe des Dienstgrades in Kombination mit dem Vornamen beschränkt.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 23. April 2025 | 06:18 Uhr