Überarbeitete Pläne Cannabis-Legalisierung kommt – mit Einschränkungen
Hauptinhalt
12. April 2023, 22:21 Uhr
Die Minister Lauterbach und Özdemir haben die neuen Pläne zur Cannabis-Legalisierung vorgestellt. Sie sind weniger weitreichend als ursprünglich geplant. Der private Anbau von drei Pflanzen soll aber weiter möglich sein. Der freie Verkauf in Cannabis-Shops ist aber erstmal vom Tisch.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Agrarminister Cem Özdemir haben die neuen Pläne zur Cannabis-Legalisierung vorgestellt. Sie sind weniger weitreichend als von der Ampel-Koalition ursprünglich geplant. Das Gesetzesprojekt soll noch im April der Regierung vorgelegt werden. Später werden noch Bundestag und Bundesrat über das Projekt abstimmen.
25 Gramm für Eigenkonsum straffrei
Der Besitz von bis zu 25 Gramm "Genuss-Cannabis" zum Eigenkosum soll den neuen Plänen zufolge für Erwachsene straffrei sein. Ursprünglich waren 30 Gramm angedacht. Die besagten 25 Gramm Cannabis dürfen auch in der Öffentlichkeit mitgeführt werden. Der Konsum in der Nähe von Schulen oder Kitas bleibt aber verboten. In Fußgängerzonen darf bis 20 Uhr nicht gekifft werden. Minderjährige, die mit Cannabis erwischt werden, müssen an Interventions- und Präventionsprogrammen teilnehmen.
Drei Pflanzen im Eigenanbau
Der private Eigenanbau von Cannabis soll in begrenztem Umfang erlaubt werden. Vorgesehen sind "drei weibliche blühende Pflanzen pro volljähriger Person". Der Anbau muss geschützt vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche stattfinden. Frühere Verurteilungen wegen Besitzes oder Eigenanbaus bis 25 Gramm oder maximal drei Pflanzen können auf Antrag aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden.
Cannabis-Clubs
Erlaubt sein soll der Cannabis-Verbrauch in "nicht-gewinnorientierten" Vereinen von bis zu 500 Mitgliedern. Diese sogenannten Cannabis-Clubs sollen ihre mindestens 18 Jahre alten Mitglieder mit Cannabis-Produkten aus eigenem Anbau versorgen dürfen. Maximal 25 Gramm auf einmal und höchstens 50 Gramm pro Monat (30 Gramm für U-21-Jährige) sollen dort abgegeben werden. Nicht-Mitglieder können kein Cannabis bekommen. Eine Mitgliedschaft in mehreren Vereinen ist verboten. In den Vereinsräumen darf nicht konsumiert werden, auch Alkoholausschank ist verboten. Zudem gilt ein Mindestabstand für die Clubs zu Schulen und Kitas. Solche Cannabis-Clubs gibt es bereits in Spanien und Malta.
Keine lizensierten Fachgeschäfte
Einen freien Verkauf in "lizensierten Fachgeschäften" oder sogar Apotheken ab 18 Jahren wird es vorerst nicht geben. Das war eigentlich der Kern der Legalisierungspläne der Ampel. Damit ist auch der ursprüngliche Plan einer generellen "staatlich kontrollierten Lieferkette" vom Anbau über die Lieferung bis hin zum Verkauf erst einmal vom Tisch.
Regionale Modellprojekte
Stattdessen soll die Cannabis-Abgabe zunächst nur in regionalen Modellprojekten stattfinden. In den Modellregionen sollen die Auswirkungen des Verkaufs unter verschiedenen Bedingungen geprüft und anschließend ausgewertet werden. Dabei sollen "kommerzielle Lieferketten" von der Produktion über den Vertrieb bis zum Verkauf von Cannabis in Fachgeschäften ausprobiert werden. Lieferung und Vertrieb sind dabei nur innerhalb eines lizenzierten und staatlich kontrollierten Rahmens möglich. Die entsprechenden Modellprojekte werden wissenschaftlich begleitet, sind auf fünf Jahre befristet und auf die Einwohner dieser Kommunen beschränkt.
Der Linken-Politiker Ates Gürpinar sieht darin einen Kompromiss, der einen Schritt zurück mache. Auch von der FDP kamen Forderungen nach einer weitergehenden Legalisierung. Die Eckpunkte seien "nach wie vor zu restriktiv", erklärte die FDP-Abgeordnete Kristine Lütke.
Abgeschwächte Legalisierung wegen EU-Recht
Die Cannabis-Legalisierung war im Koalitionsvertrag der Ampel festgeschrieben worden. Die Eckpunkte dazu hatte das Kabinett schon im Oktober beschlossen. Doch hinter den Plänen standen von Anfang an Fragezeichen. Vor allem gab es Bedenken, dass dieses am EU-Recht scheitern könnte.
Hintergrund ist unter anderem, dass sich die Staaten des Schengen-Raums dazu verpflichtet haben, "die unerlaubte Ausfuhr von Betäubungsmitteln aller Art einschließlich Cannabis-Produkten sowie den Verkauf, die Verschaffung und die Abgabe dieser Mittel mit verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Mitteln zu unterbinden".
Ablehnung in allen Punkten bei der Union
Aus der Union kam prompt Kritik zu den Plänen von Lauterbach und Özdemir. CSU-Chef Markus Söder sei sich sicher, dass "Drogen-Clubs" nur neue Probleme schafften und CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (RND), der Entwurf sei mit dem Kinder- und Jugendschutz nicht vereinbar.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) geht nicht davon aus, dass die Pläne bedeutenden Einfluss auf den illegalen Cannabis-Handel auf dem Schwarzmarkt haben werden. "Das gilt ebenso für den riskanten Cannabis-Konsum von Minderjährigen", sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Alexander Poitz dem "RND".
Anbauunternehmen zufrieden mit Plänen
Das sächsische Unternehmen Demecan hat die geplante schrittweise Cannabis-Legalisierung der Bundesregierung begrüßt. Es sei positiv, dass nun Pläne vorlägen, sagte Co-Gründer Constantin von der Groeben auf dpa-Anfrage.
"Die Wertschöpfung muss in Deutschland stattfinden und wir brauchen hier ein klares Bekenntnis der Politik zu Deutschland als Produktionsstandort für Cannabis", sagte von der Groeben. Ziel bei der Legalisierung müsse sein, Gesundheitsschutz und Jugendschutz zu gewährleisten. Dies gehe nur über eine qualitätsgeprüfte Produktion, die kontrolliert und überwacht werde. Das solle ausschließlich in zertifizierten Anlagen in Deutschland passieren.
Das Start-up mit seiner Produktionsstätte im sächsischen Ebersbach ist aktuell eines von drei Unternehmen in Deutschland, die im Auftrag des Staates Cannabis herstellen. Die anderen beiden sind in kanadischer Hand und haben Produktionsstätten in Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.
AFP, dpa (dni, amu)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 12. April 2023 | 13:00 Uhr