Medienpolitik ARD-Chef Gniffke zur Zukunft der ARD: "Nicht alle Dritten müssen alles machen"

16. Januar 2023, 17:37 Uhr

Bei einer Anhörung zum Medienänderungsstaatsvertrag im Sächsischen Landtag haben der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke und die MDR-Intendantin Karola Wille am Montag als Sachverständige Fragen beantwortet. Dabei hat ARD-Chef Gniffke den Reformwillen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bekräftigt. Doch wohin führt dieser Weg? Wie wollen die Anstalten Probleme bewältigen und den Rundfunkbeitrag stabil halten? Uta Deckow hat bei beiden Verantwortlichen nachgefragt.

Der neue ARD-Chef Kai Gniffke hat den Reformwillen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bekräftigt und will Tech-Konzernen Paroli bieten. In fünf Jahren solle die ARD der erfolgreichste Streaming-Anbieter in Deutschland sein. Der Diskurs müsse in der deutschen Medienlandschaft stattfinden und dürfe "nicht den Launen eines Elon Musks oder gar den Algorithmen chinesischer Tech-Konzerne überlassen werden", sagte der neue ARD-Vorsitzende im Interview mit MDR SACHSEN.

MDR-Intendantin Karola Wille betonte, die Mediathek der ARD solle auch technologisch die besten Standards bieten. "Aber die ARD sollte nicht alleine sein. Wo bleibt das ZDF?" Die Mediathek als Streamingplattform solle anschlussfähig sein für andere öffentlich-rechtliche Sender, aber auch für privatwirtschaftliche Verlage, sagte Wille.

Der Diskurs muss in der deutschen Medienlandschaft stattfinden und darf nicht den Launen eines Elon Musks oder gar den chinesischen Algorithmen von TikTok überlassen werden.

Kai Gniffke Intendant des Südwestrundfunks und aktuell ARD-Vorsitzender

Bündeln von Programmen und Inhalten

Mit Blick auf Skandale innerhalb der ARD räumte Gniffke ein, dass ihm bei Diskussionen auch viel Wut und Enttäuschung entgegenschlage. Große Teile der Bevölkerung würden sich aber weiter einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk wünschen. Viele seien jedoch der Meinung, dass man so wie bisher nicht weitermachen könne. Demnächst werde wieder über die Rundfunkbeitrag für ARD, ZDF und den Deutschlandfunk diskutiert und über Einsparpotenziale.

Gniffke hatte dazu ein Mantelprogramm der dritten Programme vorgeschlagen. "Wir müssen uns Arbeit mehr teilen. Nicht alle Dritten müssen alles machen", sagte der 62-Jährige. Dabei verwies er auf diverse Gesundheitsmagazine oder Verbrauchersendungen. "Arthrose ist in Bautzen genauso unangenehm wie in Bitburg. Warum machen wir die Dinge doppelt und dreifach?"

Wir müssen darüber nachdenken, wo hat die ARD Potenziale, an denen man stärker zusammenkommen kann, als man das bisher tut.

Karola Wille Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks

Sparen: Hörfunk und Social-Media-Accounts im Blick

Der Gesamtaufwand für Hörfunkprogramme solle deutlich reduziert werden, hatte Gniffke in der Landtagsanhörung gesagt. Im MDR-Gespräch danach nannte Intendantin Wille in dem Zusammenhang Kompetenz-Zentren. Und: Reduktion bedeute nicht sofort Streichung. Als Beispiel nannte Wille die Nachtprogramme, die ein drittes Programm im Wechsel für alle anderen organisiere. Der ARD-Chef Gniffke beschrieb den Zweck so: "Durch Bündelung gewinnen wir Kraft. (...) Wir müssen uns auf das konzentrieren, was das Publikum zurecht von uns erwartet." Viele Dinge seien neu ausprobiert worden, doch manches müsse auch nicht fortgesetzt werden. Streichpotenzial sieht er bei "einer ganzen Menge Social-Media-Accounts", die eingestellt werden könnten, "ohne dass dem Publikum etwas verloren geht".

Darum geht's in der Debatte

Den Weg der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bestimmt der gesetzliche Rahmen für das Programm - und den setzt der Medienstaatsvertrag. Der soll noch in diesem Jahr reformiert werden. Dabei geht es um Medieninhalte der Vollprogramme, ihre Bereitstellung auf einer gemeinsamen Plattform (Mediathek), Verhaltensregeln bei Verstößen innerhalb der Sender (Compliance) und die Aufsichtspflicht der Gremien (Rundfunkrat, Verwaltungsrat). Zugestimmt haben die Ministerpräsidenten der Länder bereits. Nun sind noch die Länderparlamente gefordert. Deshalb war das Vertragswerk am Montag auch Thema einer öffentlichen Anhörung im Sächsischen Landtag.

  • Hier können Sie den Entwurf eines Gesetzes zum Dritten Medienänderungsstaatsvertrag nachlesen.

Das ist der ARD-Vorsitz - Der ARD-Vorsitz wechselt turnusmäßig unter den öffentlich-rechtlichen ARD-Rundfunkhäusern. Der Chef oder die Chefin ist der/die oberste Repräsentant/in der ARD.
- Die ARD bilden neun Landesrundfunkanstalten und die Deutsche Welle, die unterschiedliche Fernseh- und Radioangebote produzieren.
- Der SWR-Vorsitzende Kai Gniffke folgte zum Jahresanfang auf Tom Buhrow (WDR), der nach der Abberufung und fristlosen Kündigung von Patricia Schlesinger (RBB) im Sommer 2022 eingesprungen war.

Quelle: ARD

MDR (kk)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 16. Januar 2023 | 19:00 Uhr

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