
Streaming-Highlights Die besten Filme in der Mediathek im März – über Liebe, Glück und Tod
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02. März 2025, 04:00 Uhr
Die ARD Mediathek bietet eine riesige Auswahl an Spielfilmen. Damit Ihnen die Auswahl leichter fällt, stellen wir Highlights zum Streamen vor. Dieses Mal empfehlen wir Filme mit großen Gefühlen: Ein Drama um zwei Mütter, um Wahrheit, Lüge und Schuld von Altmeister Almodóvar mit Penélope Cruz, einen Coming-of-Age-Film aus den "Mid90s" in Kalifornien oder ein spannendes Kammerspiel in einem deutschen Lehrerzimmer – das sind unsere Tipps für März:
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Coming of Age in den Neunzigern: "Mid90s"
"Du bist in dem Alter, bevor Jungs zu Arschlöchern werden." Dieser Satz, den ein junges Mädchen irgendwann zum 13-jährigen Stevie sagt, bringt das Dilemma von Jonah Hills Regiedebüt "Mid90s" auf den Punkt. Der Lockenschopf lebt mit seiner Mutter und seinem mit Testosteron vollgepumpten Bruder in Los Angeles, versucht unfallfrei durch die Pubertät zu kommen und schließt sich einer lokalen Skater-Gang an. Der Umgangston ist rau, die Hierarchien geklärt, der Zusammenhalt ist dennoch groß. Es ist der Versuch eines schmächtigen Jungen, cool zu werden.
Es stockt einem der Atem, als er voller Selbstbewusstsein Anlauf nimmt, um über ein Loch im Dach einer Schule zu springen – und auf halber Strecke wie ein nasser Sack nach unten fällt und blutüberströmt auf einem Picknicktisch liegenbleibt. Kratzer, die er in Kauf nimmt, denn hier geht es um das Gefühl, dazuzugehören. Mit hemmungsloser Bewunderung guckt er auf die großen Jungs der Clique, die nicht nur besser skaten können als er, sondern auch das Leben im Griff zu haben scheinen.
Regisseur Hill demontiert dabei die traditionell toxische Maskulinität seiner Helden. Die Jugendlichen lassen homophobe Sprüche fallen, reden abfällig über Frauen und zeigen keine Emotionen. Weil sie es nicht anders gelernt haben. Es ist das Lebensgefühl einer ganzen Generation, das Jonah Hill hier mit flirrenden Bildern in den Straßen von Los Angeles einfängt – immer auf Höhe der Bretter, die die Welt bedeuten, hier ein Stück Holz mit vier Rollen.
In diesem wunderbar melancholischen Coming-of-Age-Film lässt Hill die 90er-Jahre auferstehen.
Mehr Informationen zum Film (zum Ausklappen)
"Mid90s"
USA, 2018
Regie: Jonah Hill
Schauspieler*innen: Sunny Suljic, Lucas Hedges, Katherine Waterstone u.a.
Länge: 85 Minuten
FSK: ab 12 Jahren
Verfügbar in der ARD Mediathek bis 17. März 2025
Spannendes Kammerspiel im Lehrerzimmer: "Eingeschlossene Gesellschaft"
Es ist der absolute Albtraum einer jeden Lehrkraft. Freitagnachmittag, fünf Lehrende und eine Referendarin sind noch im Lehrerzimmer, gedanklich alle schon im Feierabend – die einen seit Freitagmittag, die anderen schon ihre ganze berufliche Karriere lang. Vor der Tür steht ein Vater mit geladener Pistole. Seinem Sohn fehlt ein Punkt zur Abi-Zulassung. Die Lehrer*innen haben eine Stunde Zeit, über den Punkt zu diskutieren. Moralische Abgründe tun sich auf, der Schlagabtausch des Kollegiums wird schnell persönlich, jahrelang angesammelte Schmutzwäsche wird gewaschen. Um die Sorgen der Schüler geht es kaum.
Sönke Wortmann hat nach dem Drehbuch von Bestseller-Autor Jan Weiler eine Art Kammerspiel inszeniert. Nur selten bricht die Geschichte aus dem Schulsetting aus, die meiste Zeit ist die Kamera mitten im Geschehen zwischen eingegangener Grünpflanze, siffiger Kaffeemaschine und unkorrigierten Klausurheften. Die Ausstattung ist so perfekt, dass man den Lehrerzimmer-Mief förmlich riechen kann. Gedreht hat Wortmann die Lehrerzimmer-Szenen chronologisch. Am Anfang weit weg, kommt die Kamera im Laufe des Films immer näher an die Figuren ran. Genau in den Momenten, in denen Masken fallen und sie ihr wahres Gesicht zeigen.
Wortmann inszeniert seine Figuren bewusst als Abziehbilder, die Dialoge sind spitz und pointiert, meist wenig subtil. Mit der bitteren, aber nicht unbekannten Erkenntnis: Lehrer sind auch nur Menschen. Und manchmal eben nicht die menschenfreundlichsten.
Mehr Informationen zum Film (zum Ausklappen)
"Eingeschlossene Gesellschaft"
Deutschland, 2022
Regie: Sönke Wortmann
Schauspieler*innen: Florian David Fitz, Anke Engelke, Nilam Farooq u.a.
Länge: 101 Minuten
FSK: ab 12 Jahren
Verfügbar in der ARD Mediathek bis 9. April 2025
Almodóvar in Bestform: "Parallele Mütter" mit Penélope Cruz
Es ist das Thema, das es dem spanischen Regisseur Pedro Almodòvar angetan hat. Die Mutter. Oder besser gesagt: Mutterschaft und Mutterrolle. Die in Madrid lebende Fotografin Janis hat eine Affäre mit dem forensischen Anthropologen Arturo. Er sollte eigentlich die sterblichen Überreste ihres verstorbenen Urgroßvaters aus einem Massengrab ausheben. Zusammen mit neun anderen Männern war der nahe seines Heimatdorfes während des Franco-Regimes verscharrt worden.
Aus der Affäre entsteht ein Kind, das Janis als alleinerziehende Mutter zur Welt bringen will. Durch Zufall lernt sie im Kreißsaal die 17-jährige Ana kennen. Es sind zwei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Janis, mitten im Leben stehend, Ana wohnt noch bei ihrer eigenen Mutter, einer Schauspielerin, die just im Augenblick der Geburt ihres ersten Enkelkindes Karriere machen will. Die beiden Frauen wollen nach der Geburt ihrer Töchter in Kontakt bleiben, nichtsahnend, dass sie durch einen Fehler im Krankenhaus für immer schicksalhaft miteinander verbunden bleiben.
"Parallele Mütter" ist auf den ersten Blick eine Geschichte über Mütter und Mutterliebe, die manchmal wirkt wie eine Seifenoper, aber auf den zweiten Blick beschäftigt sich Almodóvar auch mit der Aufarbeitung spanischer Geschichte, der kollektiven Traumata durch den spanischen Bürgerkrieg und des faschistischen Franco-Regimes. Almodóvar inszeniert diese Auseinandersetzung um Lüge und Wahrheit mit gewohnt stilsicherer Eleganz, in der Ausstattung stimmt jedes Detail, die Farben sind schrill und akzentreich.
Penélope Cruz als Janis ist fantastisch in ihrem unterdrückt-gebrochenen Spiel, in der Gewissheit mit einer Lüge zu leben. Nur wer bereit ist, die Wahrheit auszusprechen, kann glücklich werden. Katharsis ist möglich, Erinnern wichtig. "Geschichte ist niemals stumm" – damit endet "Parallele Mütter". Ein Film, der das Schicksal der beiden Mütter als Spiegel für ein ganzes Land zeigt. Almodóvar in Bestform!
Mehr Informationen zum Film (zum Ausklappen)
"Parallele Mütter"
Spanien, 2021
Regie: Pedro Almodóvar
Schauspieler*innen: Penélope Cruz, Milena Smit, Israel Elejalde
Länge: 123 Minuten
FSK: ab 6 Jahren
Verfügbar in der ARD Mediathek bis 20. März 2025
Queerer Historienfilm: "Porträt einer jungen Frau in Flammen"
Was für ein Historienfilm! Das "Porträt einer jungen Frau in Flammen" zeichnet die französische Regisseurin Céline Sciamma mit einem genuin weiblichen Blick. Frankreich 1770: Ein Ruderboot steuert langsam auf einen abgelegenen Fleck am Ufer zu. An Bord ist die Malerin Marianne mit ihren Arbeitsutensilien. Sie soll im Auftrag einer verwitweten Gräfin deren Tochter malen. Ein Bild, das die geplante Ehe von Héloise mit einem unbekannten Mann offiziell machen soll. Doch Heloise sträubt sich genauso gegen die Ehe wie gegen ein Porträt. Deswegen soll Marianne sie heimlich malen, aus der Erinnerung.
Die jungen Frauen gehen vor rauer, malerischer Küstenlandschaft spazieren. Während im Hintergrund die Wellen an der Küste Quiberons brechen, reden sie, lesen. Sie verbringen immer mehr Zeit zusammen. Sie helfen ihrer Zofe, die ungewollt schwanger ist und das Kind abtreiben will.
Regisseurin Sciamma und ihre Kamerafrau Claire Mathon schauen dabei genau hin, nicht zu direkt, sondern subtil. Es sind die kleinen Gesten, die kleinen Blicke, die diese verbotene Liebe langsam entfachen. Das Figurenkabinett ist überschaubar und bis auf ein, zwei Ausnahmen genuin weiblich. Die beiden Schauspielerinnen Noèmie Merlant und Adèle Haenel sind großartig in ihrem zurückhaltenden Spiel, in dem man die Leidenschaft aber immer erkennt.
"Porträt einer jungen Frau in Flammen" ist ein queerer Historienfilm über eine Malerin und ihr Modell, das sich nicht zum Objekt machen lässt. Es ist eine präzise Beobachtung, gefühlvoll und leidenschaftlich, emotional und herzzerreißend.
Mehr Informationen zum Film (zum Ausklappen)
"Porträt einer jungen Frau in Flammen"
Frankreich, 2019
Regie: Céline Sciamma
Schauspielerinnen: Noémie Merlant, Adèle Haenel, Luàna Bajrami
Länge: 122 Minuten
FSK ab 12 Jahren
Verfügbar in der ARD Mediathek bis 13. März 2025
Mystery: "Mein Ende. Dein Anfang"
Es ist ein Film, in dem das Deja-Vu die Hauptrolle spielt. Ein Film, der mit dem Moment spielt, den Zufällen und dabei der Frage nachgeht, was Zufall ist, was Vorbestimmung, was so sein soll, was nicht. Es sind Fragen, die Aron seiner Freundin Nora stellt. Die beiden haben sich in der U-Bahn kennengelernt. Hätte es nicht geregnet, hätte er an dem Tag das Rad genommen, sie hätten sich nie getroffen. Denn die beiden sind ganz unterschiedlich. Sie ist Supermarktkassiererin, lässt sich durchs Leben treiben. Er ist Physikstudent, verteidigt gerade erfolgreich seine Doktorarbeit über Quantenphysik. Bis es zur Katastrophe kommt, dem Zufall geschuldet.
Sie wollen feiern gehen, haben kein Bargeld dabei, holen noch schnell was bei der Bank und geraten in einen Überfall. Einige Augenblicke später liegt er erschossen am Boden, hat ihr noch zugeflüstert: "Mein Ende. Dein Anfang". Und da fängt der Film eigentlich erst so richtig an, mit einer zweiten Geschichte, von Nora, die einen Security-Mann mit krebskranker Tochter trifft und das Gefühl nicht los wird, ihn schon längst zu kennen.
"Mein Ende. Dein Anfang" ist eine Liebesgeschichte auf drei Ebenen, elliptisch erzählt. Die Zeit läuft hier nicht linear, sondern parallel. Es ist ein Film über das Verliebtsein, über die kleinen Momente des Alltags, kleine Episoden, die zeigen, was die Liebe zwischen zwei Menschen ausmacht. Haferflocken, die eine Bedeutung bekommen, ein Kassenzettel, eine Küchenvitrine, die man nur öffnen kann, wenn man sich darauf einlässt, danach kein Geschirr mehr zu haben. Getragen wird der Film von Saskia Rosendahl, sie spielt genauso mysteriös wie ihre Figur ist. Und von Edin Hasanovic, draufgängerisch und unberechenbar, aber auch mit einer sehr zärtlichen, fürsorglichen Note.
Ein starker Ensemblefilm um Liebe, Schuld, Trauer, Vergebung und Hoffnung. Und ein faszinierendes Gedankenexperiment à la Schrödingers Katze.
Mehr Informationen zum Film (zum Ausklappen)
"Mein Ende. Dein Anfang"
Deutschland, 2019
Regie: Mariko Minoguchi
Schauspieler*innen: Saskia Rosendahl, Julius Feldmeier, Edin Hasanovic
Länge: 111 Minuten
FSK: ab 12 Jahren
Verfügbar in der ARD Mediathek bis 25. März 2025
Über mich Ich bin Anna Wollner, lebe in Berlin und schreibe und spreche seit über 15 Jahren für MDR KULTUR über Filme und Serien, treffe die großen und kleinen Filmstars aus Hollywood und Umgebung zu Interviews. Mein Motto: Hauptsache es flimmert.
Redaktionelle Bearbeitung: Katrin Schlenstedt
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Parallele Mütter | 18. Februar 2025 | 22:55 Uhr