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Streaming-Highlights Die fünf besten Dokus im März
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28. Februar 2025, 04:00 Uhr
Die ARD Mediathek bietet eine riesige Auswahl an Dokumentationen. Damit Sie den Überblick behalten, stellen wir Ihnen jeden Monat die spannendsten Highlights zum Streamen vor. Im März 2025 empfehlen wir Ihnen fünf Filme, die vom Heute aus auf die jüngere Geschichte schauen und Kausalitäten sichtbar machen. Die Filme handeln von drei Frauen aus drei Generationen, die durch den Krieg in der Ukraine in ihrem Selbstbild erschüttert werden, es geht um den deutschen Hollywoodstar Udo Kier, Amateurbands in der DDR, Atomkraft und Gastarbeiter.
Inhalt des Artikels:
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"Drei Frauen aus Mariupol" – Der lange Schatten der Sowjetunion
Valentina, Svitlana und Alexandra, so heißen die drei. Sie sind Großmutter, Mutter und Tochter. Svitlana, die Regisseurin, ist schon in den 90er-Jahren nach Kiew gezogen, ließ ihre Tochter bei der Oma zurück. Mit der russischen Großinvasion folgen die anderen nach. Mariupol liegt in Trümmern. "Wir haben jetzt freien Blick aufs Meer", witzelt eine Großtante. Doch der Humor ändert nichts an der Existenzkrise, die alle erfasst – wenn auch auf verschiedene Weise.
Die berührende und persönliche Familiengeschichte erzählt nicht nur vom Krieg und vom Verlust der Heimat, sondern führt – in Begegnungen und privaten Archivbildern – auch immer tiefer in die sowjetische Vergangenheit, die die drei Frauen verbindet und zugleich trennt. "Voller Freude verabschieden wir uns von der totalitären Vergangenheit", kommentiert Svitlana nachdenklich ihr Hochzeitsvideo von 1991: "Wir wissen noch nicht, wie tief diese Vergangenheit in uns steckt."
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"Drei Frauen aus Mariupol"
ZDF/ARTE, 2024
Länge: 89 Minuten
Regie: Svitlana Lischtschinska
Zu sehen in der ARD Mediathek: bis 03.12.2025
"Der wunderbare Udo Kier" – Deutscher Hollywood-Star
Er wirke nicht wie ein Deutscher, wurde über den jungen Udo Kier gesagt, eher Typ Alain Delon. Doch sein deutscher Akzent bleibt – neben seinen stechenden Augen – seit rund 60 Jahren sein Markenzeichen. Das Schöne, Dunkle und Verbotene ist sein Metier. Vor allem ist er der König der Nebenrolle und ein Weltstar. Außer in Deutschland, klar. Dabei hat er eigentlich Kaufmann in Köln gelernt und in London am Fließband gearbeitet.
Das kurzweilige Portrait zeigt Kier in seiner kalifornischen Villa, wo er ein lebendes Museum errichtet hat, und schlägt den Bogen in die bundesrepublikanische Nachkriegsgeschichte. Nur sie konnte ein Phänomen wie Kier hervorbringen. Schon früh war er Teil der Kölner Kunstszene. Für Andy Warhol verkörperte er Frankenstein und Dracula, für Christoph Schlingensief Hitler und für Lars von Trier ein teuflisches Riesenbaby. Dabei sind Kunst und Mainstream für ihn kein Widerspruch. Eine Devise, die man sich öfter wünschen würde.
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"Der wunderbare Udo Kier"
WDR, 2024
Länge: 52 Minuten
Regie: Jobst Knigge
Zu sehen in der ARD Mediathek: bis 14.10.2025
"Songs of Gastarbeiter" – Das unsichtbare kulturelle Erbe
Die Geschichte der sogenannten Gastarbeiter wird aus der deutschen Nachkriegsgeschichte oft ausgeklammert. Dabei haben sie nicht nur ihren Anteil an der Produktion des hiesigen Wohlstands, sondern sie schufen auch eine reiche Subkultur, die lange unter dem Radar der deutschen Öffentlichkeit lief. Regisseur Cem Kaya ist es zu verdanken, diese auf die Leinwand gebracht zu haben.
2022 kam der Film unter dem Titel "Aşk, Mark ve Ölüm. Liebe, Tod und D-Mark" ins Kino und ist schon jetzt ein Klassiker. Bunt, poppig, schillernd und humorvoll: So zeichnet er nach, wie sich die türkische und kurdische Musik in Deutschland weiterentwickelte und schließlich mit der Popkultur verschmolz. Dabei greift er auf einen reichen Archiv-Fundus zurück und trifft Protagonisten der Szene – oder vielmehr der verschiedenen Szenen – heute. Gerade jetzt, wo pauschal nach Abschiebungen gerufen wird, ist der Film ein politisches Statement. Davon abgesehen macht er einfach sehr viel Spaß.
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"Songs of Gastarbeiter. Aşk, Mark ve Ölüm"
WDR, 2022
Länge: 96 Minuten
Regie: Cem Kaya
Zu sehen in der ARD Mediathek: bis 11.03.2026
"Wie Tina Turner nach Niedertrebra kam" – Ein Hauch von Solo Sunny
Auch dieser Film erzählt gut gelaunt von einer Subkultur: Amateurbands in der DDR. Sie hießen Yoga, Die Art oder Na und und legten am Feierband so richtig los. Mit dem Lappen von der Einstufungskommission in der Tasche (dem Führerschein für Amateurbands) und selbst gebastelten Verstärkern im Kofferraum, tingelten sie durch die Provinz. So wie im Film "Solo Sunny", an den man auch immer wieder denken muss.
Das wirft natürlich reichlich Anekdoten ab. Die Schlagzeugerin der Dresdner Frauenband Na und etwa erzählt, wie sie ihr erstes Schlagzeug aus Hutschachteln, Töpfen und Christbaumständern zusammensetzte. Alles Marke Eigenbau. Die Musik: vor allem gecovert. Gespielt wurde, was tanzbar war und was die Leute hören wollten. Es ging ums Ausbrechen aus dem Alltag. Der Film zeichnet, auch mittels fein dosiertem Reenactment, das Freiheitsgefühl von damals nach und stellt fest, dass aus Amateuren professionelle Musiker wurden, die sich bis heute vor allem dem Publikum verbunden fühlen.
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"Wie Tina Turner nach Niedertrebra kam – Amateurbands in der DDR"
MDR, 2023
Länge: 89 Minuten
Regie: Tim Evers
Zu sehen in der ARD Mediathek: bis 19.12.2025
"Atomkraft Forever" – Zurück in die Zukunft
2020 lief die Kinofassung von "Atomkraft Forever" bei DOK Leipzig. Damals sah man den Film unter dem Vorzeichen des von Angela Merkel verkündeten Ausstiegs aus der Atomkraft. Heute ist er genauso aktuell. Er fällt nun in eine Zeit, in der man das Rad der Zeit gerne zurüc drehen möchte. Auch die Atomkraft ist ein Dauerthema. Carsten Rau erkundet es sachlich, ohne Kommentar und ohne zu werten, von der ursprünglichen Vision bis hin zur ungeklärten Endlagerfrage.
Die Rahmenhandlung bildet der Rückbau des Greifswalder Atomkraftwerkes. 33 Jahre soll er dauern und 5,6 Millarden Euro kosten. Die Einzelteile aus dem Umkreis des Reaktors müssen vor der Entsorgung sogar 70 Jahre einlagern. "Das Atom sei Arbeiter und nicht Soldat", heißt es in einem Film von 1974. Das hat – in Ost wie in West – auch eine starke Identifikation geschaffen. Ob wir diese Büchse der Pandora wirklich wieder öffnen wollen, darüber darf das Publikum selbst urteilen.
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"Atomkraft Forever"
SWR, 2000
Länge: 88 Minuten
Regie: Carsten Rau
Zu sehen in der ARD Mediathek: bis 15.04.2025
Über mich Ich bin Lars Meyer und seit vielen Jahren für MDR KULTUR als Filmkritiker unterwegs, immer auf der Suche nach Filmkunst, die mich berührt, anregt und überrascht.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Dok | 29. Dezember 2024 | 22:00 Uhr