Späte Ost-Moderne Wie die Festhalle Plauen von der Geschichte eingeholt wurde
Hauptinhalt
20. Juli 2020, 04:00 Uhr
Die Festhalle Plauen ist ein Kuriosum: 20 Jahre kämpfte ein Kulturstadtrat dafür. Realisiert wurde der Bau in Zeiten der Mangelwirtschaft dank guter Verbindungen zu einem "devisenstabilen" Kombinat. Eröffnung war am 29. September 1989 zum Auftakt der Festwoche anlässlich des 40. Jahrestages der DDR. So gehört die Festhalle Plauen zu den letzten öffentlichen Bauten des Arbeiter-und Bauern-Staates. Die Resonanz war eher mittelprächtig. Dabei liegt der prosaische Bau an der früheren Festwiese, wo einst richtig was los war.
Wie jeder Bau ist die Festhalle Plauen ein Zeitdokument. Ihre Einweihung fiel in den Herbst 1989. Da gab es bald überall in der DDR Demonstrationen, besonders früh aber in Plauen.
Eröffnung im Herbst '89: "Die Hälfte der Plätze blieb leer"
Zwei Jahrzehnte hatte Peter Seeberg, ab 1970 SED-Kultur-Stadtrat in Plauen, um ein Kulturhaus gekämpft. Nicht nur die Wohnungssituation war in der Stadt angespannt wie andernorts in der Republik auch, zudem fehlte ein Veranstaltungsort mit großem Saal. Am 29. September war es soweit: Zum Auftakt der Festwoche anlässlich des 40. Jahrestages der DDR am 7. Oktober wurde die Festhalle Plauen feierlich eröffnet.
Nur, die Plauener wollten nicht mehr so richtig feiern; der 1.000 Sitzplätze fassende Saal blieb halb leer. Zur Enttäuschung von Seeberg, der angesichts der Umstände heute rekapituliert:
Wir hatten gedacht, dass alle mal sehen wollen, wie die Festhalle nun aussieht. Dann blieb die Hälfte der Plätze leer. Die Menschen hatten schon keinen Sinn mehr dafür. Nachvollziehbar!
Auch die Eröffnungswoche mit Konzerten, Festen, gar Bällen war mäßig besucht. Stattdessen gingen in Plauen rund 15.000 Demonstranten am 7. Oktober 1989 auf die Straße. Als erste in der DDR!
Von Materialknappheit geprägte Ost-Moderne
Damit Plauen ein Kulturhaus bekommt, entwickelte Peter Seeberg über die Jahre einige Kniffe. Schließlich überzeugte er die Oberen des VEB Metallleichtbaukombinat, Werk Plauen:
Große Industrie-Betriebe, die 'devisenstabil' waren wie das Metallleichtbaukombinat, konnten in gewissem Maße selbst über Ressourcen verfügen. Über diesen Weg haben uns Leute, die ihre Stadt liebten und volles Verständnis für die Gesamtsituation hatten, nicht nur das Projekt für die Festhalle erstellt, sondern auch den Bau ausgeführt. Bis dahin, dass sie Arbeiter abstellten für den Feststeinbau.
Jedoch, auch als die DDR überwunden war, gingen die Plauener zu selten in ihre neue Festhalle; ein Zweckbau, architektonisch gesehen von Materialknappheit geprägte Ost-Moderne. Kunst wurde sparsam eingesetzt. 2007 beschloss man in Plauen kurzerhand den Umbau, was in die Ägide des umtriebigen Nachwende-Baubürgermeisters Manfred Eberwein fiel, der am Ende seiner Amtszeit in Plauen als "Poller-Manni" berüchtigt war. Eberwein ließ das König-Albert-Bad, einen in der DDR heruntergekommen Jugendstil-Prachtbau abreißen. Da hatte auch die bescheidene Ost-Moderne keine Chance.
Umbau durch Dresdener Architektenbüro
Ronny Bley leitet heute die Festhalle Plauen. Er ist mit dem Umbau durch das Dresdener Architektenbüro Code Unique zufrieden: Die Besucher kommen, auch wenn es mehr sein könnten. Das Foyer wurde größer, ein kleiner Saal entstand. Die neue Glasfront des Hauses beeindruckt, jedoch muss man Plauener Spitze wirklich lieben, um die nur leicht verfremdeten Spitzenmotive darauf zu mögen. Ronny Bley zeigt das Herzstück der Festhalle, den großen Saal, der, wegen Geldmangels, erhalten blieb: "Die Holzvertäfelung ist original, die Gipsstuckdecke ist original, die Bühne ist original", betont Bley. Keine Vollbühne, sondern ein Podest, wie er weiter ausführt: "Es ist von drei Seiten zu bespielen, was für die Künstler anspruchsvoller ist. Es gab Berechnungen vom Rundfunk der DDR für die Akustik hier. Deshalb auch die Holzvertäfelung mit diesen Schrägen dran."
Die Holzvertäfelung ist original, die Gipsstuckdecke ist original, die Bühne ist original.
Denkmalwürdig?
Hoffentlich kann der große Saal noch lange erhalten bleiben, verweist er doch auf den Zeitgeist in Plauen und die späte Ost-Moderne. Jüngere Generationen begegnen Bauten aus jener Zeit vorurteilsfreier, meint Alf Furkert, Sachsens Landeskonservator, befragt nach einem Haus, das kein Denkmal ist. Durch den Umbau hat die Festhalle den Anspruch erst einmal verwirkt:
"Nun kann man nicht jeden WBS 70-Block unter Schutz stellen und muss es auch nicht. Aber herausragende Beispiele, die diese Zeit vergegenwärtigen, die sind fester Bestandteil. Da werden wir noch mal in die Gegend schauen müssen, was unter Schutz zu stellen ist."
Die Festhalle Plauen liegt übrigens an einem tradierten Ort, auf der einstigen Festwiese vor den Toren der Stadt. Vergnügungen wie das Vogelschießen wurden hier um 1900 abgehalten. Zwei Bauten gingen der heutigen Festhalle voraus. Die heutige Anlage hat ein großes Plus: ausreichend zur Verfügung stehende Parkplätze auf dem Areal der einstigen Festwiese. Ein etwas prosaisches Resümee für einen prosaischen Bau.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 25. Juli 2020 | 12:15 Uhr