Festhalle Ilmenau
Mitten im Thüringer Wald: Ilmenaus Festhalle Bildrechte: Stadtverwaltung Ilmenau

Kommunales Mammutprojekt So soll die Festhalle Ilmenau ein Ort der Begegnung bleiben

20. Juli 2020, 04:00 Uhr

Seit 1937 gibt es in Ilmenau eine große Festhalle für Kulturveranstaltungen. Gebaut wurde sie im Stil der Neuen Sachlichkeit vom Weimarer Architekten Ernst Flemming. Derzeit wird das Gebäude grundhaft saniert – und soll so zu einer Vorzeige-Veranstaltungshalle auch für die Region werden. Im September sollen erste Bereiche der Halle bereits wieder öffnen.

In der Ilmenauer Festhalle wird gebaut, das merkt man schon draußen. Handwerkerautos parken vor dem Gebäude, drinnen herrscht Trubel. Verkleidungen werden herausgerissen, Böden grundiert, Fliesen verlegt. Seit rund einem Jahr wird das Kulturhaus nun saniert – ein kommunales Mammutprojekt, das insgesamt rund 17 Millionen Euro kosten wird. Neben Fördermitteln vom Land fließen dafür rund vier Millionen von der Stadt. Aus gutem Grund, wie Oberbürgermeister Daniel Schultheiß erklärt. Die Festhalle sei immer ein wichtiger Ort für die Ilmenauer gewesen, bis heute:

Festhalle Ilmenau
Tanzvergnügen Bildrechte: Stadtverwaltung Ilmenau

"Es gibt typischerweise kein Wochenende, mal abgesehen von der Sanierung, wo nicht irgendeine Veranstaltung in der Festhalle stattfindet. Die Menschen in Ilmenau sind die primäre Zielgruppe, aber da wir im weitesten Sinne noch im Speckgürtel von Erfurt liegen, sehen wir auch durchaus Potenzial über die Stadt hinaus."

Immer rege genutzt

Festhalle Ilmenau
Konzert mit dem Philharmonischen Orchester Bildrechte: Stadtverwaltung Ilmenau

Ilmenau hat nicht die Probleme, die es anderswo gibt. Auch nach der Wende wurde das Gebäude rege genutzt, und die Eigentumsverhältnisse waren immer gesichert. Dennoch drohte vor ein paar Jahren die Schließung, weil das Gebäude brandschutztechnisch nicht mehr ausreichend gerüstet war. Deswegen nun die Sanierung, die sich über zwei Jahre hinziehen wird.

Neue Sachlichkeit: Wieder hochmodern und barrierefrei

1937 wurde mit dem Bau der Festhalle begonnen. Architekt Ernst Flemming plante damals ein hochmodernes, weil flexibles Veranstaltungsgebäude: Von Beginn an wurde auf eine feste Bestuhlung verzichtet, so dass auf verschiedenste Anlässe eingegangen werden konnte. Ästhetisch führte er den Stil fort, den er bereits in den 20er-Jahren in Thüringen vertreten hatte: Die Festhalle ist ein Kind der Moderne, die Architektur zurückhaltend und schlicht.

Außen wurde einzig das Eingangsportal besonders hervorgehoben, sechs Säulen tragen einen Altan, die Wände im Eingangsbereich sind mit Travertin aus Bad Langensalza verkleidet.

Große Fenster werden wieder hergestellt

Festhalle Ilmenau
In der Festhalle: OB Daniel Schultheiß (r.), Bauleiter Heinz Völker und Architekt Norbert Ruge (M.) im Gespräch mit Reporterin Mareike Wiemann (l.) Bildrechte: Stadtverwaltung Ilmenau

Innen gelangt man zunächst in ein Foyer, dann in den hinteren Teil des großen Festsaales, der schon immer durch eine faltbare Wand abgetrennt werden konnte. Der vordere Teil ist dann der eigentliche Saal: Ein lichter, heller Raum mit acht Meter hoher Decke, in dem sich gerade Baumaterialien stapeln. Architekt Norbert Ruge deutet ans hintere Ende des Raumes: "Die ganze Bühne wird neu gestaltet, umgestaltet. Und die Ausgänge werden wieder aktiviert. Wenn Sie in einem Jahr wiederkommen, sind die Fensterachsen alle bis runter durchgebrochen. Wir haben dann wieder das ursprüngliche Erscheinungsbild des großen Saales, wie es 1937 geplant wurde."

Weiß, Grau, Holz

Der Saal ist, wie auch der Rest des Gebäudes, ein Kind seiner Zeit: Nirgendwo sind hier Schnörkel oder Ornamente zu sehen, zurückhaltend und funktional wirken alle Räume. Allerdings unterläuft deren Farbgestaltung im Moment noch dieses Konzept: Der große Festsaal wurde zuletzt in Weinrot und Moosgrün gestrichen, an einer Wand pappen zudem noch Reste einer braun-gelben Bordüre. Zum Glück werde dieser ziemlich scheußliche Anblick aber mit der Sanierung bald Geschichte sein, erklärt Norbert Ruge.

"Die farbliche Gestaltung wird sich am historischen Vorbild orientieren: Weiß, Grau und Holztöne. Mehr Farben gibt es nicht." Und Oberbürgermeister Schultheiß ergänzt: "Das ist aber für uns keine Kröte, die wir schlucken müssen. Praktischerweise ist diese Kombination gerade wieder hochmodern. So sind wir glücklich, dass wir visuell 'up to date' arbeiten können, auch hinter der Fassade arbeiten wir technisch auf der Höhe der Zeit."

Festhalle Ilmenau
Lichter heller Raum Bildrechte: Stadtverwaltung Ilmenau

Die wirkliche Schwierigkeit bestand für den Architekten Norbert Ruge in den letzten Monaten vor allem darin, die neue Technik mit dem Denkmalschutz in Einklang zu bringen: So musste etwa Belüftungstechnik unauffällig in Räume integriert werden, und auch die durchgehende Barrierefreiheit erforderte viel Tüftelei.

"Keine Herrschaftsarchitektur"

Festhalle Ilmenau
Haus mit Ausstrahlung Bildrechte: Stadtverwaltung Ilmenau

Zur historischen Verankerung der Festhalle sagt Ruge, sie sei zwar ein Kind des Nationalsozialismus. In die Kategorie "Herrschaftsarchitektur" gehöre sie aber nicht: "Der Bau wurde 1937 begonnen. Trotz dieser Zeit hat der Architekt es durchsetzen können, dass er in der Sachlichkeit der Moderne geblieben ist. Das macht diesen Bau so inhaltsreich und schön." Auch beim Landesamt für Denkmalschutz ist man dieser Ansicht. Ernst Flemming habe einfach sein Handwerk verstanden, sagt Landeskonservator Holger Reinhardt, die Festhalle in Ilmenau stehe ästhetisch für sich.

Voraussichtlich im September wird ein Abschnitt des Gebäudes wieder eröffnet; das ehemalige Park-Café, das über einen Verbindungsgang an den Festsaal angeschlossen ist. Hier wird künftig unter anderem der Stadtrat von Ilmenau tagen. Bis der große Saal aber wieder genutzt werden darf, wird es noch über ein Jahr dauern.

Wie es um Kulturhäuser in Mitteldeutschland bestellt ist

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 23. Juli 2020 | 07:10 Uhr

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