Geschichte Sachsens Schloss Augustusburg: Wenn Renaissance auf Biker trifft
Hauptinhalt
06. Dezember 2022, 05:00 Uhr
Es gilt als eines der schönsten Renaissance-Jagdschlösser Europas: Schloss Augustusburg, das Kurfürst August I. unweit von Chemnitz errichten ließ. Dieses Jahr feiert es sein 450. Jubiläum. Auch das legendäre Motorrad-Treffen in der Schlossanlage blickt im nächsten Jahr auf einen runden Geburtstag: 50 Jahre Wintertreffen stehen im Januar an.
Majestätisch thront Schloss Augustusburg über dem Erzgebirge. Weithin sichtbar, wird es wegen seiner exponierten Lage von seinen Anwohnern auch als die Krone des Erzgebirges bezeichnet. Es erhebt sich auf dem Schellenberg, einem Kegel aus Quarzporphyr, hoch über dem malerischen Zschopautal.
Schon im 13. Jahrhundert wird auf dem Schellenberg oberhalb der gleichnamigen Siedlung eine Burg gebaut. Doch 1528 und 1547 fällt Burg Schellenberg Blitzschlag und Bränden zum Opfer und ist nur noch eine Ruine.
Im Jahre 1568 beauftragt Kurfürst August I. von Sachsen den Baumeister Hieronymus Lotter mit dem Bau eines Schlosses, das bereits 1575 Augustusburg genannt wird. In nur vier Jahren entsteht ein Neubau, der später hauptsächlich als Jagd- und Lustschloss dient.
Mit dem Schlossneubau schafft sich der Kurfürst nicht nur ein repräsentatives Domizil für seine Jagdausflüge. Anlass für den Bau ist auch eine Auseinandersetzung mit seinem ernestinischen Rivalen Johann Friedrich dem Mittleren. Der will die verloren gegangene Kurwürde von den Albertinern, denen August angehört, wiedererlangen. Ein Streit, der in die Geschichte als das "Grumbachsche Händel" eingeht und den letztlich der sächsische Kurfürst für sich entscheidet. Seinen Machtanspruch untermauert August u.a. eben durch den Bau von Schloss Augustusburg.
Kurfürst mit vielen Interessen
Doch Kurfürst August I. ist nicht auf Konflikte und Kriege aus. "Er legt in seinen politischen Entscheidungen ein gutes Geschick an den Tag", erzählt Claudia Glashauser, Museumleiterin auf Schloss Augustusburg. Von seinen vielfältigen Interessen weiß sie zu berichten: "Er hat selber vermessen. Er hat sich in Architektur, in Geometrie und Mathematik ausgekannt." So verwundert es nicht, dass nach heutigem Wissensstand Kurfürst August entscheidenden Einfluss auf die Gesamtkonzeption des Schlosses hat.
1571 entlässt der Kurfürst seinen Baumeister Lotter. Er ist unzufrieden mit den Fortschritten am Bau und den gestiegenen Kosten und übergibt stattdessen die Bauaufsicht an den in seinen Diensten stehenden Florentiner Rochus Guerrini Graf zu Lynar.
Zweittiefster Brunnen in Sachsen
Viel länger als der Schlossbau, dauert das Graben eines Brunnens. Denn alles Wasser, was man für den Schlossbetrieb benötigt, muss mühsam den Berg hinauftransportiert werden. Aus diesem Grund entscheidet der Kurfürst schon 1567, dass ein Brunnen gegraben werden muss.
Ganze neun Jahre dauert das Graben durch den harten Stein des Erzgebirges, bei dem zuerst Bergleute, später Wilddiebe eingesetzt werden. Erst in einer Tiefe von über 130 Metern stößt man auf eine Wasserader. Heute gilt der Brunnen – nach dem der Festung Königstein – als zweittiefster in Sachsen.
Ausstellung zum 450-jährigen Schlossjubiläum
Direkt neben dem Schloss wurde 2019 ein besonderer Garten angelegt: Der Kurfürstin-Anna-Garten.
Kurfürstin Anna von Sachsen war – wie auch ihr Mann – vielseitig veranlagt: "Landwirtschaft war für sie ein ganz großes Thema. Sie hat auch viel mit Arzneien und Medikamenten gemacht und sich um ihr Volk gekümmert. Beide waren absolute Allround-Talente", beschreibt Museumchefin Claudia Glashauser das Kurfürsten-Paar.
Deren Talente werden derzeit in der Ausstellung "Kurfürst mit Weitblick" auf der Augustusburg aufgegriffen. Anlass für die Exposition ist das 450-jährige Schlossjubiläum, das ausgiebig in diesem Jahr gefeiert wurde.
Noch bis zum Januar 2023 kann man in der Schau Spannendes beispielsweise über den Obstanbau in Sachsen erfahren, als dessen Vater August gilt: Der Kurfürst hatte 1577 ein Ehestands-Baumgesetz erlassen, das alle Brautpaare dazu verpflichtete, zwei Obstbäume zu pflanzen. Kurfürstlicher Weitblick, auf den der Ausstellungstitel verweist.
Informationen zur Ausstellung "Kurfürst mit Weitblick" Geöffnet bis zum 08.01.2023 , täglich von 10 bis 16 Uhr, am 24. Dezember geschlossen
Die Linde der Kurfürsten auf der Augustusburg
Apropos Baumpflanzung: In der Schlossanlage befindet sich eine weitere Attraktion, eine 600-jährige Linde. Sie wurde 1421 gepflanzt – lange bevor August einen Fuß auf den Schellenberg setzte und zählt heute zu den ältesten Bäumen, deren Pflanzung eindeutig belegt ist.
Als Naturdenkmal wird sie vom "Deutschen Baumarchiv" in der Liste "national bedeutsame Bäume" geführt. Schon Herzog Georg der Bärtige (1471-1539) soll in ihrem Schatten im 16. Jahrhundert gearbeitet haben und auch Kurfürst August erlässt in den Jahren 1568 bis 1592 viele Verordnungen mit dem Vermerk "gegeben unter der Linde".
Erstes Motorrad der Welt
Ganz so alt ist das Motorradtreffen auf der Augustusburg noch nicht, und doch gibt es auch hier eine gewisse Tradition. Regelmäßig im Januar verwandelt sich der Schlosshof zum Mekka für Motorrad-Fans und das jährlich seit 1971.
Eigentlich sollte schon 2022 die 50. Auflage gefeiert werden. Doch wegen hoher Infektionszahlen wurde das Treffen abgesagt und so freut man sich am 14. Januar 2023 auf Bezingespräche, Teilemarkt und andere Highlights.
Oldtimertreffen auf der Augustusburg
Alte Liebe rostet nicht: Jedes Jahr im Herbst findet auf der Augustusburg auch ein Oldtimer-Herbsttreffen statt. Zum 30-jährigen Jubiläum 2021 waren knapp 560 Besucher gekommen, rund 600 historische Fahrzeuge wurden präsentiert.
Für Motorrad-Fans ist Schloss Augustusburg aus einem weiteren Grund ein Muss. Es beherbergt eine der bedeutendsten Motorradsammlungen Europas. 175 Exponate zeigen die technische Entwicklung des Motorrades von 1885 bis heute. So ist beispielsweise die Sammlung der Zschopauer Motorradfirmen DKW, Auto Union und MZ weltweit einzigartig. Ein anderes Highlight der Ausstellung ist das erste Motorrad der Welt, der Daimler Reitwagen, konstruiert 1885 von Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach.
Das gute Stück fährt schon auf zwei Rädern. Wenn man genau hinguckt, hat es noch ein paar Stützräder dran, damit es stabiler fährt. Es hat ungefähr zwölf Kilometer pro Stunde geschafft. Das waren die Anfänge des Motorradbaus.
Mit dem Motorradmuseum hing auch eine kuriose Geschichte zusammen, die sich mitten im Kalten Krieg zutrug: "Im Mai 1965 ist der Engländer Jim Parkinson nach Schloss Augustusburg gekommen. Und das Besondere ist: Er ist mit einem kleinen selbstgebastelten Auto mit Rasenmäher-Motor um die Welt gefahren und ist letztendlich dann auch hier bei uns gelandet", berichtet Claudia Glashauser.
Es gibt viel Geschichte zu entdecken auf der Augustusburg. Was den meisten Sachsen bekannt ist, gilt national und international noch immer als Geheimtipp. Daher wurde das Renaissance-Schloss in diesem Jahr mit dem Titel "bestes verstecktes Juwel Deutschlands" ausgezeichnet.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Der Osten - Entdecke, wo du lebst | 06. Dezember 2022 | 21:00 Uhr