Eine Zecke (Gemeiner Holzbock) im Gras
Ist das Gras sehr kurz, kann die Zecke hier nicht abhängen Bildrechte: imago images/blickwinkel

Zecken-Zeit Wozu braucht die Natur die Zecke?

25. Mai 2023, 10:29 Uhr

Was hat sich die Natur eigentlich bei Zecken gedacht? Falsche Frage, sagt Zeckenforscherin Ute Mackenstedt. Darf ich sie trotzdem aus meinem Garten vertreiben? Und helfen Rosmarin, Rainfarn oder Lavendel gegen die Parasiten?

Kann man Gärten so gestalten, dass sie für Zecken unattraktiv sind? Offenbar schon, aber das hat seinen Preis. Professorin Dr. Ute Mackenstedt, Biologin und Zeckenforscherin an der Uni Hohenheim, beschreibt einen Garten ohne Zecken so: "Ist der Rasen in einem Park oder Garten kurzgeschoren, fehlen Büsche oder Schattenspender, werden Sie keine Zecken finden. Der gemeine Holzbock erträgt zwar hohe Temperaturen, aber keine Trockenheit." Kurz geschorenes Gras speichert keine Feuchtigkeit, der Holzbock kann sich also nicht in eine feuchte Kühle zurückziehen. Kurz geschnittener Rasen – der Alptraum des gemeinen Holzbocks. Na bitte! Das ist eine Antwort, die vermutlich jeden Rasenpapst bestätigt, der das Grün hinterm Haus mit Mäher, Rasenroboter oder Gartenschere auf Linie trimmt.

Der zeckenunfreundliche Rasen ist allen Insekten ein Graus

Ein Roboter-Rasenmäher zieht seine Spur über den Rasen in einem Garten in Bad Wörishofen.
Kurzer Rasen ist für Insekten kein attraktiver Lebensraum Bildrechte: imago images/MiS

Allerdings ist das dann auch ein Rasen, der allein den Menschen erfreut. Denn nicht nur der gemeine Holzbock findet kurzes Gras grässlich, auch andere Insekten bleiben dann weg. Lange Halme bieten Schutz, Schatten, Lebensraum, Kühle, Feuchtigkeit und potentiell andere Insekten als Nahrung. "Im höheren Gras finden Sie mehr Biodiversität", bestätigt Professorin Mackenstedt. Und mehr Leben im Gras wiederum sorgt dafür, dass mehr Vögel im Garten Nahrung finden. Allerdings können die wiederum Zecken mitbringen, die der Parasit als Zwischenwirt nutzt. Genau wie kleine Nager, die ebenfalls eher im dichten langen Rasen geschützt herumstromern, aber eben auch Wirt für Parasiten wie den gemeinen Holzbock sind.

Zecken beeinflussen Ökosysteme und Nahrungsketten

Aber wer braucht denn nun die Zecken? Ist nicht jedes Lebewesen in der Natur für irgendetwas gut, greift nicht eins in andere? Wozu braucht die Natur die Zecke? "Genauso gut könnte man fragen, warum gibt es den Menschen?" gibt Forscherin Mackenstedt zurück und setzt nach: "Man muss da auf einer anderen Ebene gucken, nicht auf die Zecke an sich. Zecken sind Parasiten. Parasiten beeinflussen Ökosysteme und Nahrungsketten, allein schon durch die schiere Menge, die sie in ein Ökosystem hineinbringen." Sie verweist auf ein Beispiel für den Einfluss von Parasiten auf Nahrungsketten. "Es gibt eine Zeckenart in Afrika, die bis 8 Milliliter Blut aufnehmen kann. Ist ein Tier von unzähligen dieser Zecken befallen, wird es geschwächt. So wird es leichter Beutetier und ernährt dadurch andere Tiere. Oder wenn Zecken massiv auftreten, meiden Tiere bestimmte Gebiete und suchen andere Lebensräume", führt die Wissenschaftlerin aus.

Ein Effekt, den auch wir Menschen kennen, wie die Zecke unser Verhalten in der Natur beeinflusst: Hinweise in Wäldern, die vor Zecken warnen, sorgen einerseits dafür, dass wir uns keine Zecken einfangen. Andererseits entstehen so Gebiete, in denen das Ökosystem mit all seinen großen und kleinen Lebewesen von Menschen eher gemieden wird. Funktioniert übrigens auch im Sommer am Abend, wenn die Mücken am Badesee ausschwärmen. Dann schwärmen die Menschen schnellstmöglich heimwärts und die Natur hat Zeit, sich vom Menschen zu erholen, wenigstens für kurze Zeit.

 Mückenschwarm in der Abenddämmerung
Wenn die Mücke schwärmt, entfernt sich der Mensch Bildrechte: imago images/imagebroker/siepman

Rosmarin, Lavendel, Rainfarn gegen Zecken?

Und zu guter Letzt: Was ist dran an den Ratschlägen aus dem Internet, denen zufolge Schmalblättriger Lavendel, die Dalmatinische Insektenblume, Rosmarin, Rainfarn, Katzenminze Zecken fernhalten? Forscherin Mackenstedt sagt: "Der gemeine Hausbock ist zwar blind und erkennt Menschen über ein spezielles chemisches Sinnesorgan. Repellentien wie Antibrumm oder Autan etc. überdecken diesen Geruch." Das ist also der Grund, warum diese Mittel direkt auf der Haut helfen könnten. Aber ob die genannten Pflanzen eine ähnliche Wirkung haben, daran zweifelt die Zecken-Expertin. "Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass Zecken unsere Gärten verlassen, weil wir dort diese oder jene Pflanze mit diesem oder jenen Geruch angebaut haben."

Zwischen Rosmarin steht ein Schild mit dem botanischen Namen 'Rosmarinus officinalis'.
Auch im Rosmarinstrauch lassen sich Zecken finden, sagt Prof. Mackenstedt aus eigener Erfahrung. Bildrechte: MDR/Michael Wenkel

(lfw)

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Hauptsache Gesund | 30. März 2023 | 21:00 Uhr

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