MDR WISSEN Adventskalender Warum wir so gern Fett essen: Der Darm steuert unser Gehirn
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09. Dezember 2022, 00:00 Uhr
Guten Morgen zu Türchen neun im MDR WISSEN Adventskalender! Frittierte Vanillesterne oder Krapfen, der saftige Gänsebraten oder auch knusprige Pommes: Fett scheint ungeahnte Anziehung auf uns auszuüben – besonders in der Weihnachtszeit. Warum eigentlich?
Zu viel Fett ist ungesund, das wissen wir alle. Trotzdem ist da eine ungeahnte Anziehung, nicht selten haben wir Lust auf 'heiß und fettig', ein bisschen Fett wirkt wie das Sahnehäubchen auf dem Essen. Schade nur, dass sich der Körper daran gewöhnt und deshalb schnell immer mehr will. Denn eigentlich gehört Fett wie Zucker zu den Grundnährstoffen und ist für unsere Gesundheit unverzichtbar. Wie bei so vielen Dingen im Leben macht jedoch die Dosis das Gift. Zu viel Fett, besonders vom ungesunden gesättigten Fett, lässt den Cholesterinspiegel steigen, fördert Gefäßverkalkungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und begünstigt Diabetes. Fett führt neben Zucker zu Übergewicht und Fettleibigkeit, was wiederum viele Krankheiten befördert und nebenbei zu den größten Volkskrankheiten in den westlichen Industrienationen gehört ("Wohlstandskrankheit metabolisches Syndrom").
Weltweit immer mehr übergewichtige Menschen
Bereits jetzt sind in Deutschland laut Robert Koch-Institut zwei Drittel der Männer (67 Prozent) und die Hälfte der Frauen (53 Prozent) übergewichtig. Auch weltweit steigt der Anteil übergewichtiger Menschen. "Unsere Zukunft wird von Übergewicht und Fettleibigkeit im extremen Ausmaß geprägt sein", sagt Benjamin Bodirsky vom Potsdam Institut Für Klimafolgenforschung in einer Studie. Ungesunde Ernährung sei das weltweit größte Gesundheitsrisiko. Laut der Weltgesundheitsorganisation gehören die USA mit 67,9 Prozent Übergewichtiger und auch Saudi-Arabien (69,7 Prozent) zu den Ländern mit den meisten übergewichtigen Menschen.
Wieso können wir nur schwer widerstehen?
Trotzdem können wir nur schwer widerstehen. Was beeinflusst das Verlangen nach fettigen Lebensmitteln? Laut einer Studie der Columbia University in New York/USA ist der Darm der Schlüssel zum Fett, nicht etwa die für die Geschmacksanalyse verantwortliche Zunge, wie vorher meist angenommen. "Die Forschung zeigt, dass die Zunge unserem Gehirn mitteilt, was wir mögen, zum Beispiel Dinge, die süß, salzig oder fettig schmecken", sagte Charles Zuker, Professor für Biochemie und molekulare Biophysik und Autor der Studie. "Der Darm hingegen sagt unserem Gehirn, was wir wollen und was wir brauchen."
Zellen aus dem Darm senden an das Gehirn
Zuker und sein Team hatten in einer früheren Studie bereits nachgewiesen, dass es beim Verlangen nach Zucker eine direkte Verbindung vom Darm ins Gehirn gibt. Nun fragten sie sich, ob das beim Fett ähnlich funktioniert. Dafür untersuchten sie, wie Mäuse auf Nahrungsfette reagierten. Das Ergebnis: Die Mäuse tendierten immer zum Fett, egal ob sie schmecken konnten oder nicht – offenkundig ist also nicht die Zunge, sondern der Darm ausschlaggebend für das Verlangen nach Fett. Laut der Forschenden senden vor allem zwei Gruppen von Zellen Signale vom Darm zum Gehirn. "Eine Gruppe von Zellen fungiert als allgemeiner Sensor für essenzielle Nährstoffe, er reagierte auch auf Zucker und Aminosäuren", sagte Mengtong Li, Mitautorin der Studie. "Die andere Gruppe reagiert nur auf Fett und könnte dem Gehirn helfen, Fette von anderen Substanzen im Darm zu unterscheiden."
Kann man den Fettschalter ausstellen?
Lässt sich mit diesen Erkenntnissen das Verlangen nach Fett ausschalten? Die Antwort lautet: Ja! Zumindest in den Tierversuchen gelang es Li laut der Studie, die aktiven Zellen mit Medikamenten zu blockieren oder auch die Neuronen durch genetische Eingriffe zu deaktivieren. In beiden Fällen verloren die Mäuse ihren Appetit auf Fett. Nun müssen wir Weihnachten ja nicht als Katharsis betrachten und unser Fettverlangen mit Medikamenten stoppen. Doch vielleicht hilft diese Erkenntnis nach opulenten Festtagsessen-Tagen, sich wieder auf gesunde Gemüse-Gerichte zu konzentrieren.
Weitere Informationen
Originalstudie:
- Die Arbeit mit dem Titel "Gut-Brain Circuits for Fat Preference" wurde am 7. September 2022 in Nature veröffentlicht. Die Autoren sind Mengtong Li, Hwei-Ee Tan, Zhengyuan Lu, Katherine S. Tsang, Ashley J. Chung und Charles S. Zuker.
- Die globale Ernährungssituation mit wachsendem Übergewicht und auch Untergewicht wird in der Studie "The ongoing nutrition transition thwarts long-term targets for food security, public health and environmental protection"
(tomi)
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