Ernährung Ein Hoch auf das Fett!
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04. April 2021, 08:00 Uhr
Fett ist in unserer Gesellschaft verpönt. Zu Unrecht, sagt Dr. Anne Fleck. Sie singt uns ein Loblied auf die Fette und erklärt, warum sie so wichtig für unsere Gesundheit sind.
Mmmmh... eine Scheibe frisches Brot mit einer ordentlichen Schicht Butter darauf, das ist was Leckeres. Aber wohl ist uns dabei nicht, wenn wir da reinbeißen, denn schließlich essen wir da ja das pure Fett. Und obwohl Fett ein wichtiger Geschmacksträger ist, ist die Beziehung der Menschen zum Fett eher ambivalent. Aber warum haben wir denn solche Schwierigkeiten mit dem Fett?
Ich glaube, es ist historisch darin begründet, dass eine nicht wissenschaftlich korrekt bewiesene Hypothese leider Zugang in die Leitlinien gefunden hat. Dann sind Presse und Industrie auf diesen fettarmen Trip aufgesprungen. Wir sind diesem 'Fettarm-Dogma' 60, 70 Jahre hinterhergehoppelt. Und das leider ohne, dass sich die Gesundheit verbessert hätte, sondern eher im Gegenteil.
Eine ganze Zeit lang hieß es, dass Fett generell ungesund ist. Doch heute wissen wir, sagt NDR Ernährungsdoc Anne Fleck, dass fast alle Fette eine Berechtigung haben. Dazu zählen auch gesättigte Fette oder mehrfach ungesättigte Fette.
Es kommt auf die richtige Balance an und natürlich auch auf die Qualität der Fettsäuren. Aber es gibt natürlich auch böse Fette.
Was sind gesättigte und ungesättigte Fettsäuren?
Fette besitzen ein gemeinsames chemisches Grundgerüst. Sie unterscheiden sich aber durch ihre Kettenlänge, den Sättigungsgrad und an welcher Stelle sie ungesättigt sind (z.B. omega-3 oder omega-6).
Die Fettsäuren bestehen aus Ketten von bis zu 26 Kohlenstoffatomen, die durch einfache oder doppelte Bindungen miteinander verknüpft sind. Liegen eine oder mehrere Doppelbindungen vor, spricht man von einfach oder mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Liegen diese nicht vor, handelt es sich um gesättigte Fettsäuren. Diese kommen insbesondere in tierischen Nahrungsmitteln vor und können sogar vom Körper selbst hergestellt werden.
Ungesättigte Fettsäuren hingegen kann der Körper nur zum Teil selbst herstellen und müssen daher über die Nahrung aufgenommen werden. Sie sind überwiegend in pflanzlichen Nahrungsmitteln wie Pflanzenölen, Nüssen oder aber Fisch enthalten. Omega-3 und Omega-6 Fettsäuren können vom Körper gar nicht selbst hergestellt werden, sind aber essentiell. Sie müssen daher auch über die Nahrung aufgenommen werden.
Übeltäter Transfette
Solche bösen Fette sind laut Anne Fleck die sogenannten Transfette. Sie kommen meist in Lebensmitteln aus industrieller Herstellung vor, also in Chips oder frittiertem Essen. Aber auch aus einem unglücklichen Umgang mit Bratölen in der heimischen Bratpfanne können sie entstehen, wenn das Öl zum Beispiel zu heiß oder mehrfach verwendet wird.
Der Körper denkt: mmmhh… was für eine wunderbare Delikatesse! Und dann baut er sie, wie auch andere ungesättigte Fettsäuren, in die Zellmembran ein. Die Zellen kommunizieren über diese Membran. Aber eine Transfettsäure, die sich da eingenistet hat, stört die gesunde Funktion der Zelle.
Anne Fleck wunderte sich immer wieder, dass diese Fette noch nicht verboten sind. Ihren Patienten rät sie genau auf die Etiketten zu schauen, denn man kann diese Transfette relativ gut aufspüren.
Die Qualität zu prüfen ist elementar. Den Hinweis auf Transfette erkennt man in den Worten teilweise oder gehärtetes Fett.
Mittels Lebensmitteltechnologie werden aus flüssigen Ölen streichfähige Produkte, wie zum Beispiel Margarine gemacht. Dafür wurden die ungesättigten Fettsäuren in gesättigte Fettsäuren umgewandelt, ihre Textur und Stabilität also künstlich verändert. Ursprünglich sollten diese gehärteten pflanzlichen Öle und Fette eine preisgünstige Alternative zur Butter sein. Weil diese Fette in Stabilität, Kosten und Funktionsvielfalt einige Vorteile boten, haben sie sich im Lebensmittelangebot stark vermehrt. Doch leider sind die Transfette nicht gesund für uns. Sie erhöhen laut Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung die Wahrscheinlichkeit von koronaren Herzkrankheiten. Außerdem beeinträchtigten Transfette den Stoffwechsel.
Neuer Grenzwert für Transfette
Seit 2. April 2021 gilt in der Europäischen Union aber ein neuer Grenzwert für industrielle trans-Fettsäuren. Die Menge darf zwei Gramm pro 100 Gramm nicht übersteigen. Bisher war das in Deutschland auf freiwilliger Basis geregelt.
Doch auch die gesättigten Fettsäuren, die wir zum Beispiel aus Butter oder Sahne kennen, haben keinen besonders guten Ruf. Sie wurden geschmäht, weil sie das Cholesterin erhöhen. Das ist laut Anne Fleck zwar im Prinzip eine korrekte Aussage, aber man hätte die Lupe da nicht genau draufgehalten.
Die gesättigten Fette aus Butter oder Fleisch erhöhen sehr wohl das Cholesterin, aber eben den Anteil des Cholesterins, der NICHT eine Arterienverkalkung macht.
Darüber hinaus betont die Ernährungswissenschaftlerin, dass die Fettsäurestruktur von tierischen Produkten auch davon lebt, wie die Tiere gehalten wurden. Ein Tier aus Massentierhaltung hat, weil es Getreide und Soja gefüttert bekommt, per se eine viel schlechtere Fettsäure-Bilanz als ein Tier in Weidetierhaltung. Dennoch kann man nicht sagen, dass gesättigte Fettsäuren generell schlecht sind, denn sie geben der Zellmembran Stabilität. Die Butter, in gesundem Maße, ist also völlig in Ordnung.
Pflanzliche Fette und alles ist gut?
Und wie sieht es aus mit Pflanzenfetten? Sind die jetzt wertvoller oder gesünder als tierische Fette, wie oft angenommen und propagiert wird? Das ist leider nicht der Fall, sagt Anne Fleck.
In Leinöl, Walnussöl oder Hanföl gäbe es hingegen nur Vorstufen dieser langkettigen Omega3-Fettsäuren. Und noch einen Nachteil gibt es bei den Pflanzenölen:
Die sind so mimosenhaft und zickig, vor allem in Hinblick auf die Omega3-Fettsäuren. Sie müssen unter obligatorischen Ausschluss von Licht, Hitze und Sauerstoff hergestellt sein.
Deshalb sollte man auf dem Etikett nach dem Label "Omega-Save" schauen oder das Produkt möglichst direkt vom Produzenten beziehen. Denn je frischer die Öle sind, umso besser sind sie auch für die Gesundheit. Vor allem für die vegetarisch-vegane Ernährung spielen langkettige Omega3-Fettsäuren eine wichtige Rolle. Aber auch da hat Anne Fleck einen Tipp:
Ein Algenöl ist da eine ganz innovative Methode. Da hat man auch nicht, wie in Fischen oder Fischölen, eine hohe Belastung durch Quecksilber.
Dieses Algenöl findet der Verbraucher zum Beispiel im Handel unter dem Schlagwort "Leinöl mit Zusatz von DHA und EPA". Und auch der Zusatz von Weizenkeimöl ist super, denn dieses schützt die "Mimose" Leinöl vor Oxidation.
Heilmittel Öl
Für Anne Fleck sind hochwertige Öle sogar Heilmittel. Sie ist Internistin, Rheumatologin und beschäftigt sich mit Autoimmunkrankheiten. Seit vielen Jahren setzt sie Ernährung auch interventionell und begleitend bei der Behandlung von Patienten ein. Ihrer Erfahrung nach haben Öle unglaublich wirkungsvolle Effekte auf die Gesundheit.
Das ist sogar sehr leicht ableitbar. Wenn wir uns vorstellen, dass wir über die Versorgung mit guten Fettsäuren die kleinste Einheit des Körpers, die Zellen, stärken und den Aufbau der Zellmembran, also die Ritterrüstung der Zelle, über Monate und Jahre remodeln, wenn wir gute Fette zuführen, dann hat das nicht nur eine Auswirkung auf wenige Erkrankungen, sondern auf den ganzen Körper.
Doch eine gute Fettversorgung hat nicht nur einen positiven Effekt auf den Körper, sondern ist auch wichtig, um uns emotional zu stabilisieren, unsere Stresstoleranz zu stärken und auch unser Energielevel zu verbessern. Doch so begeistert und überzeugt Anne Fleck auch vom Wundermittel Öl ist, betont sie auch, dass es kein allgemeingültiges Ernährungs- und Behandlungskonzept für alle Menschen gibt.
Jeder Mensch ist ein einzigartiges Wunderwerk und braucht deswegen auch eine individuelle Medizin, Versorgung und Ernährung.
Dabei ist Wissen das Zauberwort. Jeder Mensch sollte wissen, was er braucht, was gut für ihn ist. Anne Fleck wünscht sich, dass jeder Mensch dieses Wissen, diese Instrument in der Hand hält, im besten Sinne von Albert Schweizer, für sich selbst der beste Arzt zu werden.
JeS/MDR KULTUR
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