Nebenwirkungen Corona-Schutzmaßnahmen Machen Masken unser Immunsystem träge?

11. November 2020, 11:03 Uhr

Eine Studie der Krankenkasse Barmer zeigt: Von Mitte August bis Anfang Oktober 2020 erkrankten rund 20.000 Personen weniger an Atemwegserkrankungen als im Vorjahr. Diesen Rückgang führt die Krankenkasse darauf zurück, dass viele Bundesbürger die Abstands-, Hygiene- und Maskenregeln in der Corona-Pandemie beherzigten. Doch was passiert mit unserem Immunsystem, wenn wir uns auf Dauer von Keimen, Bakterien und Viren fernhalten?

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Die Zahlen sind eindeutig. Weniger Influenza-Meldungen als im Vorjahr. Das kann man im wöchentlichen Bericht des Robert-Koch-Instituts nachlesen. Oder in einer Statistik, die das Gesundheitsamt Frankfurt am Main vor einigen Wochen veröffentlichte. Nun zeigt auch eine Studie der Krankenkasse Barmer: Die Zahl der Atemwegserkrankungen ist im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Heißt das, unser Immunsystem macht Winterschlaf? Carsten Watzl, Immunologe am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung der Technischen Universität Dortmund:

Ich würde jetzt nicht von Winterschlaf reden. Ich sehe es eher als positiven Nebeneffekt, dass sich durch das Masketragen und die Hygienevorschriften die Leute weniger mit solchen Viren infizieren. Die Influenza ist keine Erkrankung, die man auf die leichte Schulter nimmt. Selbst der normale Schnupfen nervt. Wenn man die vermeiden kann, ist es ja umso besser.

Prof. Dr. Carsten Watzl, Immunologe

Machen Masken unser Immunsystem träge?

Ist unser Immunsystem also unterfordert? Nein, davon kann keine Rede sein, so Watzl, der die Rolle unseres Immunsystems in verschiedenen Kontexten untersucht – zum Beispiel auch bei der Grippe. Die Hygienemaßnahmen also ein zweischneidiges Schwert? Einerseits schützen sie uns, andererseits machen sie unser Immunsystem träge?

In dem Fall würde ich nicht so weit gehen. Eine Grippe-Infektion, wenn man die vermeiden kann, ist das prinzipiell erst mal positiv. Von daher habe ich keine Sorge, dass unser Immunsystem, weil wir zu viele Masken tragen, unterfordert ist. Generell reagiert es ständig und schützt uns vor Krankheiten, die auch nichts mit Atemwegserkrankungen zu tun haben. Wir sind ständig Keimen, auch Bakterien ausgesetzt.

Carsten Watzl

Ein spezielles Training braucht es also nicht. Wer den Immunschutz stärken will, dem rät Watzl eher:

Es gibt wenig Sachen, die ich tun kann, um das Immunsystem wirklich zu stärken. Was ich machen kann ist, es nicht zu schwächen. Da ist wichtig zu verstehen, dass unser Immunsystem ein großes Organ unseres Körpers ist, auch wenn es sich im ganzen Körper verteilt. Es benötigt eine gesunde und ausgewogene Ernährung.

Carsten Watzl

Stress meiden - kann Immunsystem schwächen

Auch chronischen Stress, also Stress über einen lange andauernden Zeitraum, sollte man vermeiden und sich regelmäßig sportlich betätigen. Maske tragen, Abstand einhalten, Hände waschen – all das helfe, um Infektionen vorzubeugen. Es verändere aber nicht eine grundsätzliche Funktionsweise des Immunsystems, seine Gedächtnisleistung, die auch von Fall zu Fall unterschiedlich ist: 

Der Immunschutz, der sich aufbaut, ist in vielen Fällen auch lang anhaltend. Das unterscheidet sich manchmal. Wir reden ja auch bei Corona manchmal, dass die Immunität nach der Infektion nur ein Jahr anhalten kann. Bei anderen Infektionen kann das bis zu ein Leben lang sein. Sprich: Das Immunsystem hat nie wirklich ausgelernt, es lernt immer weiter, aber das, was wir einmal gelernt haben, das vergessen wir auch nicht so schnell.

Carsten Watzl

Neuen Studien geben Anlass zur Sorge

Aktuelle Untersuchungen aus den USA deuten allerdings darauf hin, dass die sogenannten Nichtpharmazeutische-Interventionen (NPI) im Rahmen der Corona-Maßnahmen, wie Masketragen, im kommenden Jahr zu einer Super-Grippewelle führen könnten. Die Simulationen zeigen, dass die Anfälligkeit für Erkältungs- und Influenzaviren zunimmt, je länger man die Infektion nicht hatte. Dadurch drohen größere Ausbrüche, wenn die NPIs aufgehoben werden.

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