Universum mit Sternen Planeten und Galaxien
Was wiegt das Universum mit all seinen Sternen, Planeten und Galaxien? Bildrechte: imago images/Vadimsadovski

Podcast: Die großen Fragen Wie viel wiegt das Universum?

04. Januar 2023, 18:00 Uhr

Was wiegen alle Galaxien, Sterne, Planeten, Monde, Asteroiden, Schwarze Löcher, Dunkle Materie und Dunkle Energie unseres Universums zusammen? Wie kann man das berechnen? Und wie kann man sich eine solche gigantische Zahl überhaupt vorstellen? Nicht nur eine große, sondern auch eine unvorstellbar "schwere" Frage: Wie viel wiegt das Universum?

Große Fragen in zehn Minuten

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Wenn man das Universum auf eine Waage legen könnte, dann würde – nach allem, was wir heute wissen – die Waage 10 hoch 54 Kilogramm anzeigen. Abgesehen davon, dass die Waage nicht so viele Stellen anzeigen könnte, würden wir auch gar nicht wissen, wie diese Zahl heißt. Wir müssten sagen: Das Universum wiegt eine Million Quadrillionen Quadrillionen Kilogramm. Also alles zusammen, was eine Masse hat: Alle Galaxien, alle Sterne, alle schwarzen Löcher, der Mond die Erde, ihr Auto, ihr Fahrrad und ihre Brille. Alles zusammen "10 hoch 54 kg". Nun steht die Frage im Raum, woher können wir überhaupt wissen, wie schwer das Universum ist, wenn wir nicht einmal genau wissen, wie viel das gesamte Wasser in der Nordsee wiegt?

Masseberechnung über Geschwindigkeit

Im Detail sind solche Messungen schwierig, sagt Prof. Matthias Steinmetz, wissenschaftlicher Vorstand am Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam, aber wenn man größere Systeme messe, bekomme man die Gesamtmassen sehr gut ausgerechnet: "Das wissen wir genau, wie wir die relativ schnell bekommen." Steinmetz zufolge werden unter anderem die Monde beobachtet. So würde etwa die Geschwindigkeit, mit der die Monde den Jupiter umkreisen, etwas über die Massen aussagen. Auch die Geschwindigkeit, mit der die Erde um die Sonne kreise, sei bekannt. Auf diese Weise könne man "Massen im Universum von einzelnen Objekten – Sterne, Planeten, Galaxien, Galaxienhaufen – noch ganz gut bestimmen. Aber die Gesamtmasse – das wird knifflig."

Knifflig schon, aber eben nicht unmöglich. Denn da gibt es einen Trick, sagt der Astrophysiker Hendrik Hildebrandt, Professor an der Ruhr-Universität Bochum. Er beschäftigt sich vor allem damit, wie die Materie in dem uns bekannten Teil des Universums verteilt ist. Das sei nämlich ziemlich gleichmäßig, erklärt Hildebrandt: "Das Universum ist glücklicherweise hochsymmetrisch. [Es] hat diese Eigenschaften [der] gleichförmigen Anfüllung mit Materie und schaut in alle Richtungen ziemlich gleich aus." Nur aufgrund dieser hohen Symmetrie könne man überhaupt Kosmologie betreiben und die Methode anwenden, dass man sich einzelne Abschnitte als Stichproben des Universums anschaue, deren Dichte messe und das Ergebnis auf die gesamte Masse des beobachtbaren Universums hochrechne, so der Astrophysiker.

In dem uns bekannten Universum können wir in alle Richtungen knapp 13,8 Milliarden Lichtjahre weit schauen. In diesen 13,8 Milliarden Lichtjahren hat sich das Universum rasant ausgedehnt. Die Astronomen gehen davon aus, dass es durch sein ständiges Auseinandertreiben jetzt knapp viermal größer ist als der erwähnte für uns sichtbare Teil. Aber das spielt für das Gewicht keine Rolle, denn es wird davon ausgegangen, dass alles, was jetzt da ist, bereits mit dem Urknall entstanden ist.

Dunkle Materie und Dunkle Energie

Trotzdem haben wir damit die Frage – "Wie viel wiegt das Universum?" – noch nicht wirklich beantwortet. Denn wir kennen nur fünf Prozent von dem, was das Universum ausmacht. Bei dem Rest haben wir keine Ahnung. Was ist beispielsweise mit der Dunklen Materie und der Dunklen Energie? Wir wollen nichts unterschlagen und die Frage ernsthaft beantworten. Auch dabei hilft uns Prof. Hildebrandt. Er erklärt, was alles bei dem Gewicht, das wir auf die Waage legen, mit eingerechnet wird: "Da ist die Masse innerhalb dieser Kugel, die in Materie vorliegt. Da ist jetzt nicht diese Dunkle Energie drin. Da ist die normale Materie drin, so wie wir sie kennen, plus die Dunkle Materie. Da kommt man ziemlich genau auf 10 hoch 54 kg."

Wir haben also etwas mit einbezogen, das wir gar nicht kennen? Aber auch das ist einfach zu erklären. Wir wissen zwar nicht, was Dunkle Materie ist, können sie nicht sehen. Wir können aber ihre Wirkung auf andere Himmelskörper messen und dadurch auf ihre Masse schließen. Denn Dunkle Materie scheint die gleichen Eigenschaften zu haben wie die uns bekannte Materie – nur, dass sie für uns unsichtbar ist. Und damit wären wir durch. Alles, was wir auf die Waage legen können – also alles, was Masse hat, was wir in Gramm und Kilogramm angeben können – haben wir zusammengepackt und vermessen.

Energie in Masse umrechnen

Aber jetzt würde sich Einstein melden und fragen: Was ist denn mit der Strahlung im Universum und der Dunklen Energie? Wollt ihr die nicht mit dazurechnen? Antwort: Sehr gern, Herr Einstein, aber wie bitte schön soll ich das Gewicht eines Lichtstrahls oder das Gewicht von Dunkler Energie messen? Ein voller Akku wiegt ja auch nicht mehr als ein leerer, oder? Messen mit einer Waage könne man das jedenfalls nicht, sagt Astrophysiker Hildebrandt, aber Energie in Masse umrechnen könne man: "Dank Einstein haben wir die Formel E=m x c². Das heißt ich kann jede Energie in eine äquivalente Masse umrechnen."

Dunkle Energie ist diese rätselhafte Kraft, die unser Universum immer schneller und schneller auseinander treibt. Man nennt sie auch Vakuumenergie oder kosmologische Konstante. Sie ist die alles beherrschende Kraft im Universum. Und auch ihre Masse ist kein Geheimnis, wie Hildebrandt erklärt: "Diese Energie kann ich natürlich in eine Masse umrechnen und da kommt man auf etwa [das Doppelte] wie normale Materie plus Dunkle Materie vorliegt. Aber das sollte man nicht zu wörtlich nehmen, weil es keine Masse in dem Sinne ist, wie wir sie aus unserem Alltagsverständnis kennen."

Also "3 x 10 hoch 54 kg" – das wäre die Antwort auf unsere Frage zur Masse des Universums, mit der wahrscheinlich auch Einstein ganz gut leben könnte. Aber das macht es auch nicht einfacher. Denn weder "10 hoch 54" noch "3 x 10 hoch 54" sind für uns in irgendeiner Art und Weise vorstellbar. Aber allein die Frage – "Wie schwer ist das Universum?" – hat doch etwas. Und dass wir darauf sogar eine Antwort mit einer konkreten Zahl haben, das ist schon bemerkenswert. Und wir Menschen sind halt so, dass einige von uns so etwas wissen wollen, sagt Matthias Steinmetz vom Leibniz–Institut für Astrophysik in Potsdam: "Wir wollen eigentlich alles verstehen. Wir sind neugierig. Ja, wir sind neugierig wie Kinder. Wir wollen wissen, wie hoch Berge sind. Wir wollen wissen, wie tief Seen sind. Und wir wollen halt wissen, wie schwer das Universum ist."

Verteilung der Materie wichtiger als Masse

Für Wissenschaftler ist diese Frage allerdings nicht wirklich von Interesse. Sie ist quasi nur ein Nebenprodukt ihrer Forschungen. Die eigentlich wichtige Frage ist, wie die Materie im Universum verteilt ist. Warum das so wichtig ist, erklärt Hendrik Hildebrandt: "Weil davon die Evolution des Universums abhängt. Wenn ich die Dichteparameter kenne, dann kann ich direkt ausrechnen wie das Universum in der Vergangenheit expandiert ist, wie es in der Zukunft expandiert und noch weiter. Ich kann auch ausrechnen, wie sich Strukturen im Universum gebildet haben."

Das heißt übersetzt, man kann theoretisch ausrechnen wie viele Galaxien in welcher Entfernung zu beobachten wären. Damit können Hildebrandt und Kollegen überprüfen, ob wir das, was da draußen vor sich geht, auch wirklich verstehen. Auch dafür steht die Antwort auf die Frage: Wieviel wiegt das Universum?

Übrigens das noch zum Abschluss: Da sich das Universum schneller und immer schneller ausdehnt und dadurch immer mehr Vakuum – also leerer Raum – entsteht, wächst auch der Anteil der Dunklen Energie. Unsere Haushaltswaage würde das zwar nicht messen können, aber rein mathematisch (E=m x c²) wäre die Konsequenz, dass unser Universum mit zunehmendem Alter – ähnlich wie wir Menschen – immer mehr zunimmt.