Covid-19 Wie sollen wir mit den hohen Corona-Zahlen an Schulen umgehen?
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30. November 2021, 13:01 Uhr
Die Corona-Inzidenzen springen durch die Decke. Und dabei fällt auf: Bei der Gruppe der Schul- und Kindergartenkinder sind die Infektionszahlen besonders hoch. Und trotzdem, die Kitas und die Schulen bleiben weitestgehend geöffnet. Ist das vertretbar? Oder muss man hier nachbessern – für die Kinder und auch für die Gesellschaft?
Die 4b an der Grundschule Frohe Zukunft in Halle hat's erwischt. Erst zeigte der Schnelltest nur bei einem Schüler eine Covid-19-Infektion an, am nächsten Tag waren es zwei weitere, innerhalb der nächsten vier Tage waren, trotz Abstand und Maskenpflicht, mehr als die Hälfte der Kinder in der Klasse infiziert. Das war eine sorgenvolle Woche, sagt die Mutter von Conrad, der auch betroffen war.
Das ging wie ein Lauffeuer durch die Klasse.
Es war erschreckend zu sehen, "wie schnell es dann doch geht, dass man sich ansteckt", so die Mutter. "Und wir waren auch froh, dass wir an dem Wochenende nichts weiter unternommen hatten, um das nicht noch weiterzutragen."
Wie den Kindern, den Eltern und Lehrern der 4b geht es zurzeit vielen Klassen in Mitteldeutschland. Ist das Virus erstmal im Klassenzimmer, bleibt es selten bei einem Fall. In Halle zum Beispiel sind aktuell 32 Schulen und 18 Kitas betroffen. Die Inzidenz bei den unter 12-Jährigen liege mehr als dreimal so hoch wie die der Gesamtbevölkerung, sagt Halles Amtsärztin Christine Gröger: "Wir reden hier zum Teil von Inzidenzen um 2.000 auf 100.000 Einwohner in sieben Tagen für diese Alterskohorte."
Long-Covid bei Kindern bisher unterschätzt
Die Epidemiologin Berit Lange vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) wundern diese Zahlen nicht:
In dieser Altersgruppe sind ja auch genau diejenigen Menschen, die aktuell noch gar nicht geimpft werden konnten.
Natürlich gebe es dann auch ein höheres Infektionsrisiko, so die Forscherin weiter. "Zum anderen ist es so, dass wir genau diese Altersgruppe ungemein gut durchleuchten. Das heißt, wir haben bei den Schülern im Gegensatz zu den Erwachsenen praktisch keine Dunkelziffer mehr."
Für den Kinderarzt Herbert Renz-Polster sind diese hohen Infektionszahlen bei Kindern besorgniserregend. Zwar stecken die meisten Kinder die Erkrankung gut weg, doch Long-Covid bei Kindern habe man bisher unterschätzt. Man wisse inzwischen, dass ein bis drei Prozent der Kinder solche Langzeitauswirkungen haben. Das klinge erst mal nicht viel, doch wenn man davon ausgeht, dass sich jetzt überall in der Republik tausende Kinder infizieren, dann steigt auch die tatsächliche Anzahl der Kinder mit Long-Covid-Symptomen.
Das sind Schädigungen, bei denen die Kinder dann über Wochen, Monate, manchmal sogar Jahre eine Fatigue entwickeln.
Das bedeute, dass sie abgeschlagen sind, so der Kinderarzt, keine Leistung abrufen können. "Dass sie, wenn sie sich belasten, danach eine richtige Schwächephase haben. Das löst dann in ihnen so etwas aus wie eine tiefe Batterieentladung aus, aus der sie nicht mehr rauskommen."
So viel wie möglich an die frische Luft
Herbert Renz-Polster bezieht sich dabei auf unterschiedliche Studien aus Großbritannien und Deutschland. Trotzdem steht für ihn fest: Ohne Schule geht es nicht. "Wir müssen die Schulen offenhalten, weil wir wissen, dass ein großer Teil der Kinder in ihrer Entwicklung und Gesundheit schwer leidet, wenn die Schulen langfristig zu sind."
Gleichzeitig aber bin ich der Letzte, der sagen würde, lasst die Pandemie laufen und die Kinder überrollen, die sollen sich infizieren, eben weil ich diese Langzeitfolgen, die Covid auch für Kinder haben kann, wirklich ernst nehme.
Das sei eine Gratwanderung, so Renz-Polster, aber eine, die man hinbekommen kann. Man wisse inzwischen genug über Hygienekonzepte in Schulen und Kitas und es gebe genug gute Beispiele aus Nachbarländern, sagt der Kinderarzt. Maskenpflicht ist so ein Thema, damit hätten die Kinder viel weniger ein Problem als die Erwachsenen oft glauben. Kleinere Lerngruppen, Impfen bei Lehrern, Eltern, Erziehern und älteren Schülern – dann werde das Virus auch nicht mehr so oft in die Schulen eingeschleppt. Das Wichtigste aber ist: "So viel wie möglich raus mit den Kindern, den Unterricht möglichst nach draußen verlagern."
Und das geht sogar im jetzt, ist Herbert Renz-Polster überzeugt. Ein geschützter Unterstand, Exkursionen in Wald und Feld, Unterricht an der Feuerschale. Da müsse man sich natürlich, zumindest für eine Zeit, vom konventionellen Unterricht verabschieden. Viele Eltern werden wohl an dieser Stelle fragen, geht das überhaupt?
Ich habe schon Schulen erlebt, die haben es geschafft, im Winter draußen zu sein, ohne Erfrierungen, ohne irgendwas.
"Also wir müssen raus aus dem Denken, dass alles so weiter laufen muss wie vorher", so der Mediziner. "Wir müssen unsere Maßnahmen der Herausforderung anpassen und die Herausforderung ist groß. Und deshalb müssen unsere Maßnahmen auch wirklich mutig sein. Sonst schaffen wir es nicht, das ist halt so."
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