Mein Jahr mit Corona Keine Kinderkrankheit – eine Kinderärztin in der Pandemie
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11. März 2021, 05:00 Uhr
Seit Kinder nicht mehr mit Kindern spielen dürfen, gibt es kaum noch Windpocken oder Scharlach. Stattdessen können die harmlosesten Symptome eine Corona-Infektion sein. Die Pandemie hat den Berufsalltag von Kinderärztin Susann Andrich ziemlich verändert.
Als die größte medizinische Krise der jüngeren Geschichte in Deutschland beginnt, hat die Medizinerin Susann Andrich plötzlich nur noch wenig zu tun. "Erster Lockdown, erster Tag: Die Kinder gehen nicht in ihre Schulen und Kitas und die Praxis war plötzlich leer."
Mein Jahr mit Corona Seit einem Jahr befindet sich unser Leben durch die Pandemie in einem Ausnahmezustand. Wie hat Corona das Leben von Forscherinnen beeinflusst? Um diese Frage geht es in unserer Serie.
Andrichs Tagesgeschäft, das waren Scharlach, Windpocken oder Keuchhusten. Die 41-jährige Mutter dreier Kinder ist angestellte Kinderärztin in einer Praxis in Leipzig-Gohlis. Und dort ist die Unsicherheit zunächst groß. Ist Corona für Kinder genauso ansteckend wie die Grippe? Werden sich die Ärztinnen und ihre Praxishelfer selbst bei den Kindern anstecken? Wo kommen Masken her und wie kann man sich selbst schützen?
Eine Woche Erbrechen, aber kein Fieber? Könnte Corona sein
Denn es gab und gibt sie schon, die mit Corona infizierten Kinder. In einem Jahr mit der Pandemie lernte die Kinderärztin, dass das Virus tückisch ist bei den Kleinen. Es lässt sich nicht leicht erkennen. "Ich erinnere mich an ein Mädchen, das anderthalb Wochen nur gebrochen hat und sonst nichts weiter: Kein Fieber, kein Husten." Andrich machte den Corona-Abstrich nur zur Sicherheit. Das Testergebnis war positiv. Auch andere Kinder: Keine verlässlichen, keine typischen Symptome. Mal lange Halsschmerzen, oft ohne Husten.
Jetzt, ein knappes Jahr später, ist bei der Kinderärztin die Sorge vor einer Ansteckung gewichen. Es gab Freunde, Bekannte, die haben die Krankheit durch, oft waren sie sehr krank, aber sie haben überlebt. Inzwischen ist es eher die knapp gewordene Arbeit, die Andrich manchmal ein bisschen Sorgen bereitet. Die Kinder kommen zwar noch zu den Vorsorgeterminen oder Impfungen, aber sonst? "Es kommen wirklich wenig Kranke in die Praxis im zweiten Lockdown. Wenig Fieber-Kinder und wenig Kinder mit Husten."
Wenn Kitas und Schulen geschlossen sind und Kinder sich nur noch sehr eingeschränkt mit anderen Kindern treffen dürfen, haben Scharlach und Co. es schwer. "Es gibt noch Kinderkrankheiten, aber nur noch deutlich reduziert, sei es durch die Masken, oder auch durch die fehlenden Kontakte."
Psychische Folgen des Lockdowns: Kinder zeigen Ess- und Schlafstörungen
Die Probleme, die dadurch entstehen, sind weniger körperlicher Natur. Mit etwas Verspätung kommen nun immer mehr Kinder mit depressiven Symptomen in die Praxis, mit Essstörungen und ähnlichem. Bei ihren eigenen Kindern weiß die Kinderärztin, sie vermissen die Schule und ihre Freunde. Sie können zwar Videoplattformen nutzen, um mal mit ihnen zu sprechen. Aber das ist nicht das gleiche, wie gemeinsam zu spielen. Ist der Lockdown also schädlich für Kinder und sollte rasch beendet werden? "Als Kinderärztin würde ich in die Bresche für die Kinder springen und sagen: Das ist wichtig, dass die soziale Kontakte haben, sie nicht zu Hause einzusperren und von der Schule wegzuhalten."
Doch sie kennt auch die andere Seite, durch ihren Mann, der Unfallchirurg ist, vor allem ältere Patienten hat, und daher weiß, wie wichtig die reduzierten Kontakte, der Abstand und die Hygiene sind. "Die Politiker haben da sehr schwere Entscheidungen zu treffen. Es ist einfach eine Misere", sagt sie.
Wie die Pandemie zu Ende geht? Andrich weiß es nicht. Aber einen Wunsch hat sie: Einfach mal wieder unbeschwert nach draußen gehen und Freunde treffen können – mit Kindern aber ohne Maske.
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