Covid-19 Wie Corona das Hirn schädigt und was deutsche Forscher dagegen tun
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23. Oktober 2021, 17:50 Uhr
Laut einer neuen Studie der School of Medicine at Mount Sinai in New York kann Sars-CoV-2 das Gehirn so schädigen, dass noch Monate nach einer Covid-19-Erkrankung kognitive Beeinträchtigungen bei Patient:innen auftreten. Forschende der Universität Lübeck haben nun einen therapeutischen Ansatzpunkt zur Überwindung neurologischer Folgen durch Covid-19 gefunden.
Es ist längst bekannt, dass Covid-19 nicht nur eine Atemwegserkrankung ist und die Lunge befällt. Sars-CoV-2 kann in alle Organe vordringen und dort große Schäden anrichten. Das Gehirn ist eines von ihnen und rückt immer wieder in den Fokus von Wissenschaftler:innen, denn über 80 Prozent der Covid-19-Patient:innen mit schwerem Verlauf weisen laut dem Fachportal Nature neurologische Symptome wie Gedächtnisverlust, Vergesslichkeit oder sogar Schlaganfälle auf. Corona kann das Gehirn massiv beeintrachtigen. Vor allem ältere Erwachsene sind besonders anfällig dafür. Doch auch jüngere Menschen sind davon vermehrt betroffen. Das fanden jetzt Forschender der School of Medicine at Mount Sinai in New York heraus.
Kognitive Beeinträchtigungen noch Monate später
Sie legten eine Querschnittsstudie von 740 Patient:innen an, die im Zeitraum von April 2020 bis Mai 2021 stationär oder ambulant wegen Covid-19 behandelt wurden. Untersucht wurde inwieweit die Teilnehmenden unter Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit, des Arbeitsgedächtnisses und der Verarbeitungsgeschwindigkeit leiden. Aber auch die Beschaffenheit ihres Sprachgedächtnisses und ihre Fähigkeit zur Wiedererkennung wurden getestet. Keiner der Teilnehmenden hatte dabei eine Demenz-Vorgeschichte. Vor allem die hospitalisierten Patient:innen hatten mit kognitiven Beeinträchtigungen zu kämpfen. Außerdem zeigt die vergleichsweise junge Kohorte der Studie mit einem Durchschnittsalter von 49 Jahren, dass diese Beeinträchtigungen nicht nur bei älteren Patienten festzustellen sind. Und sie treten im Durchschnitt noch sieben Monate nach der Covid-19-Erkrankung auf. Die Schäden im Hirn könnten also nachhaltig sein.
Was macht Corona mit unserem Gehirn?
Was genau Sars-CoV-2 im Gehirn anrichtet, wurde bereits in anderen Studien erforscht. So zum Beispiel stellten Forschende der University of California in San Francisco in einem Preprint fest, dass das Coronavirus die sogenannten Sternzellen, die Astrozyten, im Gehirn befallen. Diese steuern eine Reihe von Aufgaben im Gehirn. Man nimmt an, dass diese geschädigten Zellen für Beschwerden wie das Fatigue-Syndrom oder den "Brain fog", also den berüchtigten Nebel im Gehirn, verantwortlich sind.
Eine anderes Preprint des Londoner University College stellt fest, dass sogenannte Perizyten durch das Virus geschädigt werden. Das sind Zellen, die sich an den Außenwänden von Blutgefäßen befinden. Die Forschenden vermuten, dass Sars-CoV-2 die Rezeptoren der Zellen blockiert und sie dazu bringt sich zusammenzuziehen, was Auswirkungen auf den Blutdruck haben könnte.
Auch eine Überreaktion des Immunsystems könnte Folgen für das Gehirn haben. Sogenannte "Autoantikörper" greifen dabei das eigene Gewebe an. Forschende des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen fanden heraus, dass diese Autoantikörper die Blut-Hirnschranke überwinden und mentale Störungen auslösen können. Dazu zählen Gedächtnisverlust, aber mitunter auch Psychosen.
Eine neue Studie der Universität Lübeck stellte jetzt fest, dass sogenannte Endothelzellen im Gehirn durch Sars-CoV-2 infiziert werden können. Diese Zellen bilden die innere Schicht aller Gefäße im gesamten Körper. Im Gehirn erfüllen sie eine besondere Schnittstelle zwischen dem Blut und dem Gewebe, die sogenannte Blut-Hirn-Schranke. Sind die Endothelzellen infiziert, kann das zum Zelltod führen. Dann bleibt nur noch die äußere Hülle der Gefäße übrig, durchblutet werden sie aber nicht mehr. Verheerend für das Gehirn.
Was kann man gegen diese kognitiven Beinträchtigungen tun?
Im Falle der Endothelzellen ist es den Lübecker Forschenden gelungen einen therapeutischen Ansatzpunkt zu finden. Sie stellten mit Hilfe modernster Technik fest, dass Sars-CoV-2 ein Protein des Menschen, NEMO genannt, spaltet. Dieses Protein ist für das Überleben der Gehirnendothelzellen notwendig. Wird es gespalten, hat das den Untergang des Blutgefäßes durch sogenannte Nekroptose zur Folge. Diese Nekroptose kann aber durch Medikamente blockiert werden. Bei Mäusen wurde dadurch eine verbesserte Durchblutung des Gehirns festgestellt. Die Forschenden hoffen nun, dass auch bei Menschen auf diese Weise Long-Covid-Symptome wie das Fatigue-Syndrom oder eben kognitive Beeinträchtigungen behandelt werden können.
JeS
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