Baumriesen in Sachsen und Sachsen-Anhalt Riesig und geheimnisvoll: Kennen Sie Deutschlands älteste Bäume?
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12. Juli 2021, 15:47 Uhr
Alt wie ein Baum wollten sie werden, sangen die Puhdys einst. Zweifelhaft, dass sie wussten, um was für Zeitspannen es da gehen kann. Das Alter eines Baumes war auch für die Wissenschaft lange Zeit ein Rätsel. Das ändert sich gerade, denn seit knapp zwei Jahren gibt es das Projekt "Nationalerbe Bäume". Das widmet sich den alten Baumriesen, von denen es auch in Sachsen-Anhalt und Sachsen Exemplare gibt. Doch nicht nur ihr Alter macht die Bäume zu einem spannenden Forschungsprojekt.
Der Anblick der gewaltigen Winterlinde (oben im Bild) in der Nähe der Kirche in Groß-Pörthen bei Zeitz ist beeindruckend. Für den Laien sieht es aus, als wüchsen zwei Bäume aus einer Wurzel. Wie bei einem V streben die dicken Stämme auseinander. Der Baum wurde jetzt als National-Erbe Baum vorgeschlagen. Karsten Beyer aus Groß-Pörthen setzt sich seit Jahren für den Erhalt des markanten Baumes mit der ungewöhnlichen Form ein. "Irgendwann war das mal ein Stamm. Ich glaube, in den 1920er-Jahren ist er nach einem Blitzeinschlag auseinander gebrochen. Es waren mehrere Stämme, die dann irgendwo rauskamen. Trotzdem ist es ein Baum." Hinter der Nominierung dieses Baumes steckt Andreas Roloff. Er ist emeritierter Professor für Forstbotanik im sächsischen Tharandt und hatte vor zwei Jahren die Idee, uralte Bäume als Nationales Baumerbe zu schützen. Die Kriterien für einen Baum mit diesem Titel: 400 Jahre und 400 Zentimeter Umfang in einem Meter Höhe. Zu den solchermaßen ausgezeichneten Bäumen zählt inzwischen auch ein Gingko, und das, obwohl er das Alters-Kriterium reißt. Er ist nämlich erst vor 230 Jahren nach Europa gekommen, weiß der Wissenschaftler. Aber ein Gingko kann tausend Jahre alt werden.
Von den in Mitteleuropa heimischen rund 50 Baumarten schaffen es zehn, Millenials zu werden: Eibe, Lärche und Zirbelkiefer, der Bergahorn, die Ulme, Trauben- und Stieleiche, Sommer- und Winterlinde - und der Gingko. Jeder Baum mit einer anderen Strategie. Eibe und Eiche haben in ihrem Holz so viel Abwehrstoffe, dass sie Pilze und Fraßfeinde gut abwehren können. Lärche, Zirbel und Bergahorn werden nur im alpinen Klima mit kurzen Sommern und wenigen Schädlingen uralt. Die Linde hingegen ist praktisch unsterblich, erklärt Andreas Roloff. "Das heißt, man kann oben was absägen, es bricht etwas ab bei einem Sturm oder der Baum fängt Feuer: die Linde treibt immer wieder aus."
Auch die Winter-Linde von Groß-Pörthen überlebte den Verlust ihrer Stammmitte durch den Blitzschlag vor hundert Jahren. Und noch einige Katastrophen mehr, wie Andreas Roloff weiß: "Wenn hier so eine 700 bis 900 Jahre alte Linde steht, dann hat die schon mal eine Warmzeit erlebt. Im Mittelalter gab es auch eine und sie lebt immer noch. Das macht natürlich große Hoffnung, dass die Anpassungsfähigkeit der Bäume größer ist, als wir vielleicht manchmal denken. ist. Ich bin da sehr optimistisch."
Die Baumkrone: Ort für spannende Lebensgemeinschaften
Spannend sei auch, was für Prozesse in so uralten Baumkronen ablaufen, welche Lebensgemeinschaften sich in einem 500 Jahre alten Baum entwickeln, sowohl was Pilze angeht als auch Insekten. Besonders spannend findet er die Ivenacker Eichen: Die haben in verschiedenen Kronenteilen verschiedene Blätter entwickelt. Die im Volksmund als "tausendjährig" bezeichneten Eichen überraschen den Forstbiologen. Zum einen genetisch: Da gleichen die mecklenburgischen Eichen Bäumen aus den Pyrenäen. Ganz unterschiedlich waren hingegen die Blätter, je nachdem, ob Andreas Roloff sie von der Nord- oder von der Südseite des Baumes geholt hatte. "Ich vermute, dass sich in der sonnenzugewandten Kronenseite die Blätter an Trockenheit und Hitze angepasst haben, die Blätter auf der Nordseite und ein bisschen weiter unten an die Feuchtigkeit."
Genetische Änderungen in einem Baum?
Wenn sich das wirklich so abgespielt hätte, wäre das ein neuer Selektionsprozess in einer Baumkrone, meint der Biologe. Ein Prozess der eigentlich nur möglich sei, wenn der Baum sehr alt ist. Ob tatsächlich einzelne Äste des Baumes evolutionär eigene Wege gegangen sind, sollen nun genetische Untersuchungen zeigen. Vermutlich wird es nicht die letzte Überraschung sein, die diese uralten Bäume bergen. Man muss sie nur so alt werden lassen. Doch deutsche Sicherheitsbedenken beenden oft das Leben, lange vor den tausend Jahren, die Eiche, Linde, Eibe oder Ulme alt werden könnten. Das Projekt Nationalerbe-Bäume jedenfalls sorgt dafür, dass die ausgezeichneten Bäume auch in Zukunft umsorgt und geschützt werden.
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