Diskussion um Kraftstoffe der Zukunft Fraunhofer-Institut: "Wasserstoff Schlüssel für Energiewende"
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31. Mai 2021, 13:13 Uhr
Derzeit wird diskutiert, ob eher Wasserstoff für Verbrennungsmotoren oder Elektobatterien die (mittelfristige) Mobilität der Zukunft bestimmen werden. Die Fraunhofer-Gesellschaft hat sich entschieden: beide! In die Forschung dazu soll nun kräftig investiert werden.
Erst vor einigen Wochen sprachen sich einige Klimaexperten gegenüber MDR WISSEN gegen eine Konzentration auf Wasserstoff als Energieträger aus. Als Grund dafür nannten sie vor allem die geringe Effizienz und die begrenzte Verfügbarkeit des Elements. Die Fraunhofer-Gesellschaft, eine der größten Wissenschaftsorganisationen Deutschlands, will dagegen weiter neben der Elektrobatterietechnik auch auf Wasserstoff (für Batterien und Verbrenner) setzen. Dazu soll die Forschung dazu an insgesamt fünf Standorten (darunter auch das Dresdner IFAM) bis Ende 2022 massiv ausgebaut werden, wie bei einem Pressegespräch am Donnerstag (27.05.2021) betont wurde.
Dazu gehört auch die Initiative "LHyVE", die ebenfalls am Donnerstag von den Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt) und Michael Kretschmer (Sachsen) auf dem "Wasserstoffgipfel" in Leipzig beschlossen wurde. Mit dem Projekt, bei dem sich mehrere Firmen und Forschungseinrichtungen, darunter das Fraunhofer-IMW in Leipzig, soll die Wasserstoff-Technologie in der Region noch stärker gefördert werden. Am IMW werden zudem aktuell im Forschungsprojekt "PLATON" digitale Plattformen für den Leitmarkt Wasserstoff untersucht.
Auch Erdgas, blauer und türkiser Wasserstoff wichtig
Welches Potenzial vor allem grüner Wasserstoff (durch Elektrolyse hergestellt) in Zukunft bekommen kann, erläuterte Fraunhofer-Präsident Prof. Reimund Neugebauer: In der Stahl- und Chemieindustrie, im Flugverkehr, beim ÖPNV und auch im Individualverkehr. In den kommenden Jahren erwartet Neugebauer ein Wachstum bei den Wasserstoffantrieben von aktuell rund 11.000 auf 93.00. Dabei sollten Abhängigkeiten etwa von Asien vermieden werden, wie das Beispiel des im Suezkanal havarierten Frachtschiffs "Ever Given" zeigte. Denn dadurch habe die deutsche Autoindustrie schnell Produktionsprobleme bekommen.
"Wasserstoff ist ein Schlüssel für die gesamtgesellschaftlich geforderte Energiewende", erklärte der Fraunhofer-Präsident. Dazu bekomme seine Gesellschaft auch viele Anfragen aus der Industrie, wobei derzeit die Weichen durch eine kluge Planung gestellt werden sollten. Dazu gehören laut Neugebauer auch Brückentechnologien wie die Nutzung von Erdgas und anderen Wasserstoff-Arten, etwa blauem oder türkisem.
Kohlegebiete könnten Energieregionen der Zukunft werden
Letztlich gehe es aber nicht um die (zugespitzte) Frage "Wasserstoff für Verbrenner oder Elektrobatterie?", sondern um eine sinnvolle Kombination von beidem, wie Prof. Welf-Guntram Drossel erläuterte. Er leitet das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) in Chemnitz. Besonders beim Schwerlasttransport habe Wasserstoff ein großes Potenzial, denn über die Dekarbonisierung (CO2-freie Nutzung) von 25.000 Lkw könne so viel Kohlenstoffdioxid eingespart werden wie bei zehn Millionen Pkw. Man könne das Verhältnis von Wasserstoffmotor und Elektrobatterie dabei in Zukunft mit dem von Benzin- und Dieselantrieb beim Verbrenner vergleichen: Beide haben Vor- und Nachteile und werden für verschiedene Antriebe genutzt.
Dass Wasserstoff als Dieselersatz in LKW oder Bussen sinnvoll sein kann, zeigt ein aktuelles Projekt in München, das 2022 Wasserstoffbusse auf Dieselmotorbasis auf die Straße bringen will. Forscher der Universität Magdeburg hatten dafür wissenschaftliche Expertise geliefert. Denn von der Energieausnutzung ist der Wasserstoff-Motor "bei LKW und Bussen ähnlich gut wie die Brennstoffzelle", so Prof. Hermann Rottengruber von Uni Magdeburg.
Allerdings ist derzeit nicht nur die Herstellung von Elektrobatterien, sondern auch von grünem Wasserstoff sehr teuer. Eine Megawattstunde per Elektrolyse erzeugter Wasserstoff koste aktuell rund 1.000 Euro und müsse am Ende runter auf 200 Euro, so Drossel. Dies sei allein mit einer verbesserten industriellen Fertigung nicht zu erreichen, weitere Innovationen auf diesem Gebiet seien nötig. Gerade das könne sich aber auch für Landstriche lohnen, die demnächst mit dem Ausstieg aus der Kohleverstromung zu kämpfen haben wie die Lausitz oder das mitteldeutsche Braunkohlerevier, wie Fraunhofer-Chef Neugebauer erklärte: "Aktuelle Kohleregionen können sich als Energieregionen der Zukunft profilieren."
cdi
Korrektur
In der ersten Fassung hatten wir eine falsche Umrechnung der Kosten für die Wasserstoff-Herstellung. Das haben wir geändert. Außerdem haben wir den Hinweis auf Wasserstoff-Motoren als Diesel-Alternative ergänzt.
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