Biologie Darum vergiften sich Giftfrösche nicht selbst
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06. August 2021, 09:22 Uhr
Möglicherweise haben Sie sich die Frage noch nie gestellt, aber auf jeden Fall ist sie naheliegend: Wie schaffen es giftige Tiere, sich nicht selbst zu vergiften? Bei ziemlich toxischen Fröschen und Vögeln gibt es jetzt neue Erkenntnisse.
- Giftfrösche können ihr Gift nicht selbst herstellen, sondern nehmen es über die Nahrung auf
- Unklar war, warum sie sich dadurch nicht selbst vergiften
- Offenbar sorgt ein spezieller Mechanismus im Frosch dafür – und den kann man sich auch bildlich ganz gut vorstellen
Vielleicht haben Sie mal von der Thematik des Kröten-Leckens gehört. Dabei wird einer bestimmten Giftkrötenart in den Nacken gedrückt, bis ein Sekret aus den Drüsen quillt. Und das eignet sich wohl hervorragend für den einen oder anderen Trip. Und ist darüber hinaus illegal.
Bei anderen Fröschen sollte man das nicht nur der Gesetzeslage wegen tunlichst unterlassen. Zum Beispiel im Falle des Schrecklichen Pfeilgiftfrosch, eines der giftigsten Tiere der Welt. Das über die Haut abgesonderte Batrachotoxin ist ein starkes Nervengift. Es verhindert eine Inaktivierung der Natriumkanäle und löst Muskel- und Atemlähmungen aus. Zwar kann es einer gesunden Haut nichts anhaben (und selbst eine Aufnahme durch den Mund ist bei einem gesunden Verdauungstrakt folgenfrei) – allerdings reichen kleinste Verletzungen der Haut aus, damit das Gift eindringen und wirken kann. Dafür braucht es keine großen Mengen. Je nach Stärke der Vergiftung kann es für Menschen innerhalb von zwanzig Minuten tödlich wirken.
Froschgift? Gefundenes Fressen
Jetzt mal so gedacht: Was ist, wenn sich das Fröschelchen mal verletzt hat? Und sei's ein Pikser in die Haut? Stichwort Autointoxikation, so die Vokabel für Leute vom Fach. Eine berechtigte Frage, vor allem vor dem Hintergrund, wie diese Tiere überhaupt erstmal an ihr Gift kommen. Das stammt von Insekten, die den Tieren als Nahrung dienen. Also: Giftfrösche fressen das Gift, speichern es und sondern es ab. Verrückt, vor allem weil es ihnen ganz offenbar nichts anhaben kann.
Autointoxikation … … beschreibt das Vergiften eines Körpers durch Stoffe, die im Körper selbst gebildet werden. Dieser Zustand ist selten und kann durch eine Krankheit bedingt auftreten, zum Beispiel eine Stoffwechselerkrankung.
So gab es die Idee, dass die Tiere vielleicht spezielle Natriumkanäle besitzen, die gegen die Wirkung von Batrachotoxin resistent seien. Ist aber nicht so, wie Forschende verschiedener kalifornischer Universitäten jetzt gezeigt haben. Ihre Untersuchung legt einen anderen Mechamismus nahe: Proteine, genauer gesagt Schwamm-Proteine. Die sorgen sozusagen dafür, dass das Gift aufgewischt und dadurch die Bindung an den Natriumkanälen verhindert wird.
Gift im Körper? Schwamm drüber.
Das scheint im Übrigen nicht nur bei Fröschen so zu sein. Die Forschenden hatten noch einen weiteren Untersuchungsgegenstand: Vögel. Ja, es gibt giftige Vögel. Nicht viele, zugegeben, aber der Zweifarbenpirol zählt dazu und auch er setzt auf Batrachotoxin zur Abwehr. Das ist nicht nur in seiner Haut, sondern auch in seinen Federn enthalten.
Abgesehen davon, dass es ohnehin nicht ganz unspannend ist, zu wissen, wie es sehr giftige Tiere schaffen, sich nicht versehentlich selbst zu vergiften, gibt's einen weiteren Nutzen: Das Wissen, wie die Gifte im Körper der Gifttiere gehandhabt werden, kann auch zur Entdeckung von Gegenmitteln gegen verschieden Gifte führen, darauf weist das Forschungsteam hin. Und damit würden Frosch und Vogel nicht nur sich selbst schützen, sondern auch die Menschheit. Die dann hoffentlich nicht damit anfängt, an ihnen zu lecken.
flo
Link zur Studie
Die Studie Evidence that toxin resistance in poison birds and frogs is not rooted in sodium channel mutations and may rely on "toxin sponge" proteins erschien am 5. August im JGP Journal of General Physiology.
DOI: 10.1085/jgp.202112872
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