Artenvielfalt-Forschung Wer das Glück sucht, muss Vögel finden – je mehr, desto besser
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29. Dezember 2020, 12:08 Uhr
Hängt der Haussegen schief zwischen den Jahren oder ist die Luft raus, dann raus an die Luft und mal gucken, wie es in der Vogelwelt aussieht. Denn eine große Vogelvielfalt in der Umgebung macht genauso glücklich wie etwa mehr Geld vom Chef – oder der Chefin. Sagt jedenfalls die Forschung.
Ein Plus von 14 Vogelarten entspricht dem Wohlgefühl von 124 Euro zusätzlich auf dem Lohnkonto. Klingt vielleicht ein wenig seltsam, ist aber mehr als nur gefühlte Realität, so das ist Ergebnis einer Studie des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung Halle-Jena-Leipzig (iDiv) und der Uni Kiel: Viele verschiedene Vögel in unserer Umgebung steigern unser Wohlbefinden genauso stark wie mehr Geld auf dem Lohnzettel.
Und das gilt demnach rein rechnerisch in Pirna genauso wie in Porto oder Palermo. Für die Studie wurden nämlich Daten des 2012 "European Quality of Life Survey" ausgewertet, einer Umfrage unter 26.000 Erwachsenen aus 26 Ländern in Europa. Ausgangswert war das durchschnittliche Einkommen in Europa von 1.237 Euro pro Monat. Studienautor Joel Methorst (Doktorand am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum, am iDiv und der Goethe-Universität Frankfurt) fasst die Studienergebnisse so zusammen:
Europäerinnen sind besonders zufrieden mit ihrem Leben, wenn in ihrem Umfeld eine hohe Artenvielfalt vorherrscht. Am glücklichsten sind unseren Ergebnissen zufolge diejenigen, die in ihrem tagtäglichen Leben viele verschiedene Vogelarten erleben können, oder die in einer naturnahen Umgebung leben, in der viele Arten beheimatet sind.
Die Analyse der sozioökonomischen Daten der Befragten zeigte, dass für die individuelle Lebenszufriedenheit die Vogelvielfalt genauso wichtig ist wie das Einkommen. Die Gleichung lautet also: Artenvielfalt = Wohlbefinden. Daraus könnte man schließen: Weil uns unser Wohlbefinden was wert sein sollte, sollten wir die Natur schützen.
Warum wir Wohlbefinden an Vogelvielfalt messen
Und warum hat man das ausgerechnet an der Vielfalt der Vogel-Arten festgemacht und nicht an Insekten? Weil Vögel sich als Indikatoren für die biologische Vielfalt bestens eignen. Sie sind sichtbare Elemente der Natur, man hört sie sogar, selbst wenn man sie nicht sieht. Ein zweiter Faktor ist die Umgebung – viele verschiedene Vögel brauchen naturbelassene, abwechslungsreiche Landschaften und Gewässer.
Auf zur Wohlbefindens-Messung!
Wer jetzt direkt mal das eigene Wohlbefinden messen will, geht am besten raus und guckt, wie viele Vögel sich im Garten oder Park rumtreiben. Und wer jetzt sagt, "och nee, ich kann sowieso nur Meisen von Spatzen unterscheiden" oder "Im Winter ist sowieso kaum ein Vogel hier, die sind doch in den Süden abgezwitschert": Das sind alles nur Ausreden. Hier kann man mal sehen, welche Vögel sonst noch so im Wald, auf der Wiese, in Parks oder im Garten herumflattern. Und trainiert sich gleich noch fit für die Vogelzählung des NABU, vom 8. bis 10. Januar 2021, wenn "die Stunde der Wintervögel" schlägt.
(lfw)