Polarlicht
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Erdmagnetfeld Wie entsteht das Polarlichtoval?

19. Januar 2025, 12:00 Uhr

Ob in Kanada, Skandinavien, Island oder Russland: Die besten Orte, um Polarlichter zu sehen, liegen auf einem Ring rund um die Pole des Planeten – im Norden, aber auch im Süden. In die Antarktis kommt man nur nicht so einfach wie nach Fairbanks oder Tromsø. Wenn es Aktivität gibt, dann zeigt sie sich bei klarem Himmel auf jeden Fall entlang des Polarlichtovals. Aber wie entsteht das eigentlich? Und warum sehen wir in Deutschland vor allem die roten Polarlichter?

Die Sonne ist ein großer Gasball, aus dessen Oberfläche ununterbrochen Gase ausbrechen. Bei einem solchen Ausbruch stößt die Sonne elektrisch geladene Teilchen aus: Elektronen und Protonen. Diese Teilchen – auch Sonnenwind genannt – werden mit einer sehr hohen Geschwindigkeit ausgestoßen und fliegen in Spiralen durch das Planetensystem. Ob der Sonnenwind die Erde treffen wird, hängt davon ab, wo auf der Sonne diese Eruption stattfindet, wie weit sie sich zu diesem Zeitpunkt gedreht hat und wie schnell sich die Teilchen bewegen. Um die rund 150 Millionen Kilometer bis zur Erde zurückzulegen, benötigt der Sonnenwind zwei bis vier Tage.

Ein Schutzschild für den Planeten

Davor, dass die einprasselnden Teilchen im großen Stil in die Atmosphäre gelangen, bewahrt die Erde eine riesige magnetische Blase – die Magnetosphäre. Das Magnetfeld entsteht durch Ströme von flüssigem Eisen im äußeren Erdkern und schützt uns vor den anströmenden heißen und elektrisch geladenen Teilchen. Die Sonnenwindteilchen können nicht senkrecht zu den irdischen Magnetfeldlinien eindringen – sie werden entlang der Magnetopause, der äußersten Abgrenzung der Magnetosphäre, abgelenkt und müssen um das Erdmagnetfeld herumströmen.

Illustration der Interaktion des Erdmagnetfelds mit den Sonnenstürmen.
Eine künstlerische Darstellung der Bewegung eines koronalen Massenauswurfs von der Sonne in Richtung der Magnetosphäre der Erde. Bildrechte: NASA's Goddard Space Flight Center

Gleichzeitig verformt das ständige Einprasseln des Sonnenwindes die Magnetosphäre: Das Magnetfeld auf der zur Sonne gewandten Seite wird zusammengedrückt und an der sonnenabgewandten Seite zu einem langen Schweif auseinandergezogen, der mehrere Millionen Kilometer in den Weltraum ragt. Die Magnetosphäre auf der Tagseite wird auf etwa sechs bis zehn Erdradien (circa 60.000 Kilometer) gestaucht, während der Magnetosphärenschweif auf der Nachtseite in seiner Länge schwankt und Hunderte von Erdradien betragen kann. An der Bugstoßwelle, einer bogenförmigen Front noch vor der Magnetosphäre, wird der Sonnenwind aus dem All zunächst von Überschall- auf Unterschallgeschwindigkeit abgebremst.

Wo ist das Polarlichtoval? Auf der Nordhalbkugel heißen diese Polarlichter Aurora borealis, auf der Südhalbkugel Aurora australis. Die Wahrscheinlichkeit, Polarlichter zu sehen, ist nahe dem Polarlichtoval am höchsten. Auf der Nordhalbkugel zieht sich das Polarlichtoval über Alaska, Kanada, Grönland, Island, Norwegen, Finnland und Sibirien. Das südliche Polarlichtoval liegt dagegen fast ausschließlich über dem antarktischen Kontinent.

Nur nahe der magnetischen Pole, wo sich die Magnetfeldlinien der Erde zur Tag- oder Nachtseite biegen, kann ein kleiner Teil des Sonnenwindes nahezu ungehindert in die Atmosphäre gelangen. Diese sogenannten "polar cusps" sind im Wesentlichen zwei Löcher in der Magnetosphäre und die einzigen zwei Regionen auf der Erde, an denen Sonnenwindteilchen direkten Zugang zur Atmosphäre haben. Hier lenken die Magnetfeldlinien den Sonnenwind nach unten, wo er mit den Teilchen in der Luft zusammenstößt und sie zum Leuchten anregt. Während sich die Erde dreht, werden die Sonnenwindteilchen in verschiedene Regionen der Atmosphäre geschleudert – ganz so, wie eine Spritztube Zuckerguss auf einem rotierenden Kuchen. Dadurch entsteht eine spezielle Version des Polarlichts, die auch tagsüber sichtbar sein kann.

Der Magnetosphärenschweif und das Polarlichtoval

Ein Großteil des Sonnenwindes fliegt jedoch weiter am Magnetosphärenschweif entlang. Wie die Erde hat auch die Sonne ein eigenes Magnetfeld. Beim Ausströmen aus der Sonnenoberfläche nimmt der Sonnenwind dieses Magnetfeld mit und transportiert es durch das Sonnensystem, weshalb es auch interplanetares Magnetfeld (IMF) genannt wird. Die magnetische Richtung des IMF wechselt im Gegensatz zum Erdmagnetfeld ständig, innerhalb von Tagen oder sogar Stunden. Wenn der ankommende Sonnenwind wie das Magnetfeld der Erde nach Norden gerichtet ist, gelangen nicht viele Sonnenwindteilchen in die Erdatmosphäre. Ist das IMF jedoch entgegengesetzt zum Erdmagnetfeld nach Süden ausgerichtet, können sie sich besonders leicht verbinden. In diesem Fall verschmelzen die Magnetfeldlinien des Sonnenwindes mit den Magnetfeldlinien der Erde und besonders viele Sonnenwindteilchen können entlang der verschmolzenen Feldlinien auf der Nachtseite einströmen. Ändert sich die magnetische Richtung des Sonnenwindes, hört die Verbindung der Magnetfeldlinien wieder auf.

Illustration der Interaktion des Erdmagnetfelds mit den Sonnenstürmen.
Illustration der Interaktion des Erdmagnetfelds mit den Sonnenstürmen Bildrechte: ESA

Die eingeströmten Teilchen sammeln sich dann in der sogenannten Plasmaschicht. Aus diesem Reservoir stammen die Sonnenwindteilchen, die das Polarlicht auslösen. Sobald eine gewisse Dichte erreicht ist, werden die Teilchen entlang der magnetischen Feldlinien erdwärts in Richtung des nördlichen und südlichen Pols der Erde geschleudert. Die Feldlinien aus der Plasmaschicht treffen die Erde aber nicht direkt an den magnetischen Polen. Vielmehr münden sie in der Erdoberfläche in zwei Ovalen. Das sind circa 200 bis 1.000 Kilometer breite, ringförmige Bereiche rund um die magnetischen Pole.

Die energiereichen geladenen Teilchen rasen auf Spiralbahnen um diese Feldlinien in die Erdatmosphäre und treffen dort mit Gasteilchen in der Luft zusammen. Beim Zusammenstoßen übertragen die Elektronen des Sonnenwindes einen Teil ihrer Energie auf Gasmoleküle und -atome in der Luft und versetzen sie so in einen angeregten Zustand. Wenn diese nach kurzer Zeit wieder in einen Zustand geringer Energie zurückkehren, setzen sie ein Photon frei, das wir als Licht wahrnehmen.

Wenn die Elektronen mit Sauerstoff in einer Höhe von etwa 100 Kilometern kollidieren, leuchtet es grün. Stoßen die Sonnenwindteilchen mit Stickstoff zusammen, leuchtet es blau und violett. Das seltenere Rot gibt es, wenn die Sonnenwindteilchen mit Sauerstoff in einer Höhe von etwa 300 Kilometern zusammenstoßen.

Geomagnetische Stürme sorgen für Sichtbarkeit außerhalb des Ovals

Mitunter kommt es auf der Sonne zu heftigen Massenauswürfen, bei denen große Mengen von Teilchen in einer besonders schnellen und dichten Wolke von der Sonne ausgestoßen werden. So eine Sonnenwindwolke schüttelt unsere Magnetosphäre kräftig durch und bringt sie regelrecht zum Flattern wie eine Fahne im Wind. Verschmilzt so eine Wolke mit der Magnetosphäre, entsteht ein geomagnetischer Sturm. Dann strömen mehr Sonnenwindteilchen in die Plasmaschicht ein und es kommt zu wesentlich mehr Zusammenstößen mit Luftmolekülen. In der Folge entstehen besonders intensive Polarlichter, die sogar noch weiter südlich sichtbar sein können. Das liegt daran, dass die Magnetfeldlinien im Schweif bei starken geomagnetischen Stürmen stärker zusammengedrückt werden und das nördliche Oval nach Süden Richtung Äquator wandert. In südlichen Breiten können wir dann die höherstehenden roten und violetten Polarlichter sehen.

Polarlichter über der Lutherstadt Wittenberg
Ein rot aus großer Höhe: Polarlichter über Wittenberg Bildrechte: Holger Wenski

Aktuell kommt es häufiger zu solchen geomagnetischen Stürmen. Denn das Magnetfeld der Sonne dreht sich ungefähr alle elf Jahre um – dann ist die Aktivität der Sonne am höchsten und es kommt zu starken geomagnetischen Stürmen auf der Erde. Dieses Maximum der Sonnenaktivität haben wir im Herbst 2024 erreicht – und es kann nich gut ein Jahr anhalten. Dass Polarlichter schon Mitte 2024 mehrmals in südlicheren Breiten, unter anderem auch in Deutschland, zu sehen waren, war bereits auf solche starken magnetischen Stürme um das bevorstehende Maximum zurückzuführen. Der Sturm im Mai 2024 war sogar der stärkste geomagnetische Sturm seit 2003. In der Zwischenzeit gab es zwar ein Sonnenaktivitätsmaximum, aber es war schwächer ausgeprägt als das, was wir derzeit erleben.

Links

Die zu erwartende Ausprägung des Polarlichtovals und die Stärke der Aurora lässt sich im Weltraumwetterbericht verfolgen - unter anderem beim Space Weather and Prediction Center der US-amerikanischen NOAA.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Polarlichter - schön und gefährlich | 13. Januar 2025 | 22:50 Uhr

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