Atmosphärische Phänomene Eisnebelhalos: Die geheimnisvollen Wetterphänomene des Erzgebirges
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17. Februar 2025, 17:08 Uhr
Kaum jemand kennt sie, dabei sind die geheimnisvollen Spiegelungen im Winterhimmel besonders gut im Erzgebirge zu sehen. Claudia Hinz vom Deutschen Wetterdienst lebt im erzgebirgischen Schwarzenberg. Im Gespräch mit MDR Wissen verrät sie, was es mit den Eisnebelhalos auf sich hat und warum die Chancen, sie zu erblicken, auf dem Fichtelberg und dem Keilberg besonders hoch sind.
Frau Hinz, Sie sagen selbst, Sie sind Eisnebelhalos hoffnungslos verfallen. Was sind Eisnebelhalos – und warum kennt sie niemand?
Eisnebelhalos sind Erscheinungen, die durch Lichtbrechungen an Eiskristallen stattfinden. Man braucht also Eiskristalle, damit sie entstehen. Der eine oder andere hat sicher schon einmal am Himmel bei einem Aufzug von hohen dünnen Zirruswolken einen Ring um die Sonne gesehen. Das ist ein Halo. Das gibt es natürlich auch am Boden, wenn Luftfeuchte auskristallisiert.
Diese atmosphärischen Phänomene gibt es hier bei uns?
Wir haben hier ein kleines Gebiet rund um den Fichtelberg, wo das im Winter durchschnittlich zehn Mal vorkommt. Dann zerfällt der Böhmische Nebel, der sich aus Tschechien über den Erzgebirgskamm kämpft, in lauter kleine Eiskristalle. Diese Eisnebelhalos sind dann nicht am Himmel, sondern um einen herum. Man ist sozusagen der Mittelpunkt eines Halo-Universums. Überall um einen herum glitzert es. Überall um einen herum entstehen Halos, in Sonnenrichtung, in Gegenrichtung. Überall, wo man hinsieht, sieht man irgendwelche Bögen. Das ist das Schönste, was man sich vorstellen kann. Wer das einmal gesehen hat, ist süchtig und will das einfach immer wieder sehen – und kommt einfach nicht mehr davon los.
Überall um einen glitzert es. Das ist das Schönste, was man sich vorstellen kann. Wer das einmal gesehen hat, ist süchtig und will das immer wieder sehen.
Eisnebelhalos sind also so etwas wie Regenbögen am Eishimmel?
Halos liegen anders als der Regenbogen. Der Regenbogen liegt der Sonne gegenüber. Der größte Teil der Halos liegt jedoch um die Sonne herum – und am gesamten Himmel. Sie sind farbig und haben auch Spektralfarben. Es sind aber nicht so die sauberen Regenbogenfarben, hauptsächlich sieht man rötliche bis gelbliche Töne. Die anderen Farben werden meist verschluckt. Es gibt auch weiße Spiegelungshalos.
Momentan sind um die 50 Haloarten bekannt, der häufigste Halo ist ein Ring mit 22 Grad um die Sonne herum sowie ein zweiter mit 46 Grad. Es gibt auch einen, der parallel zum gesamten Horizont einmal um den gesamten Himmel herum verläuft. Man muss sich das so vorstellen: Man steht in einer Wolke von Eiskristallen und um einen herum glitzern überall farbige Bögen, egal wo man hinschaut. Das ist Physik zum Anfassen.
Kaum jemand kennt Eisnebelhalos – woher kommt Ihre Faszination?
Schon als Kind war ich begeistert von Wetterphänomenen. Als wir für zehn Jahre in Bayern lebten, sah ich mein erstes Eisnebelhalo. Wir fuhren immer auf den Pass, dort waren die Bedingungen ähnlich wie am Erzgebirgskamm. Der Nebel floss aus dem Tal über den Sattel und löste sich in Eiskristalle auf. Traumhaft. Als wir schließlich dort weggezogen, war ich ganz traurig und dachte 'oh je, jetzt siehst Du nie wieder Eisnebelhalos in deinem Leben'. Für meine Arbeit kam ich dann auf den Fichtelberg und merkte: hier gibt es auch Eisenbelhalos. Sie sind sogar viel größer als in Bayern. Da habe ich mich so gefreut.
Warum sind Eisenbelhalos eher unbekannt?
Das sind sie gar nicht. Während unserer Recherchen fanden wir in einem Jahrbuch von Joachimsthal, dass der Keilberg einmal Sonnenwirbel hieß. Wahrscheinlich waren damit die um die Sonne wirbelnden Eiskristalle gemeint. Das heißt, der Keilberg war früher nach den Eisnebelhalos benannt. In historischen Büchern geht es immer wieder um die bunten glitzernden Bögen, sogar Gemälde zeigen sie. Eisnebelhalos hat es im Erzgebirge schon immer gegeben. Das hat auch nichts mit Schneekanonen zu tun. Vielleicht sind sie dadurch häufiger, aber sie waren schon immer da. Auch an der früheren Wetterwarte auf dem Fichtelberg wurden sie immer wieder beobachtet.
Wo finde ich die Eisnebelhalos genau?
Sie treten in einem nur sehr kleinen Gebiet zwischen Keilberg und Fichtelberg, vielleicht noch zwischen Tellerhäuser und Oberwiesenthal auf. Woanders sind sie nicht zu sehen. Wenn man den Kamm weiter in Richtung Osterzgebirge geht, hat man bei böhmischem Nebel keine Sonne mehr. Der Kamm ist hier mit 900 bis 1.000 Metern zu niedrig. Der Fichtelberg und der Keilberg liegen darüber. Sonne und Nebel sind die Zutaten, die dringend gebraucht werden. Diese gibt es zusammen nur in diesem kleinen Gebiet.
Wann ist die Zeit günstig, Eisnebelhalos zu sehen?
Ich habe auf unserer Fichtelbergseite verschiedene Webcams von beiden Seiten des Erzgebirges zusammengestellt. So kann man sich von zu Hause die groben Bedingungen anschauen. Man sieht hier, ob böhmischer Nebel und Sonne ist – und ob es sich lohnt, hochzufahren. Auf den Sattelitenbildern ist das nicht immer so eindeutig zu erkennen. Das heißt aber nicht, dass man oben auf dem Berg wirklich Eisnebelhalos sieht und den böhmischen Nebel richtig einschätzt. Wir hatten schon Tage, an denen wir nicht hochgefahren sind, und es gab trotzdem Halos und umgekehrt. Hundert Prozent vorhersagen kann man es nicht. Ansonsten erfreut man sich einfach am Winter.
Also wäre es gut, direkt auf den Keilberg oder den Fichtelberg zu fahren?
Wenn sich die Nebelwand am Keilberg stark verändert, sollte man unbedingt hochfahren. Natürlich braucht man auch negative Temperaturen, damit sich die Eiskristalle bilden. Auf dem Keilberg kann man direkt in den böhmischen Nebel hineinlaufen. Das haben wir selbst gerade gemacht. Unterhalb des Skigebietes Neklid sind wir einfach in den böhmischen Nebel hineingelaufen. Als wir dort waren, umschlossen uns sofort die Eisnebelhalos.
Ist es also gut, direkt auf dem Kelberg in den Nebel zu laufen? Klappt das auch am Fichtelberg?
Bis zum Fichtelberg kommt der böhmische Nebel nur selten. Er müsste erst unten ins Tal an die Grenze fließen und dann wieder hochkommen, das macht er nicht. Er nimmt natürlich den leichteren Weg nach Oberwiesenthal – und so sind die Halos meistens in Oberwiesenthal zu sehen und weniger auf dem Fichtelberg. Man braucht also Nebel, Sonne und Frost. Wenn man dann Glück hat, findet man sich plötzlich in einem Meer glitzernde Eiskristalle wieder.
Das klingt magisch …
Genau. Man fühlt sich wie in der Antarktis. Überall glitzert es. Wenn jemand zehn Meter entfernt steht, liegen die glitzernden Halos sogar zwischen den Personen, so nah sind sie. Wie schon gesagt: Physik zum Anfassen.
Wie lassen sich die Eisnebelhalos fotografieren?
Gut wäre ein Weitwinkel. Viele Handys haben ja schon heute gute Weitwinkel, je größer der Weitwinkel, desto mehr passt von dem Halo drauf. Sie sind ja riesengroß – wie gesagt, der kleine Ring misst 22 Grad, der große Ring 46 Grad. Sie brauchen also einen Weitwinkel von mindestens 20 Millimetern, um alles draufzubekommen. Spezielle Filter sind nicht notwendig. Manchmal ist es gut, die Sonne abzudecken, mit einem Finger oder mit einer Baumspitze, weil die Blendwirkung natürlich recht hoch ist.
(tomi)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Dienstags direkt | 10. Dezember 2024 | 20:00 Uhr
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