Artenvielfalt Nabu Wintervogelzählung: Sperling dominiert, Amsel verliert
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18. Januar 2025, 13:00 Uhr
Die jährliche Vogelzählung "Stunde der Wintervögel" des Nabu ist weitgehend abgeschlossen. Bis zum 20. Januar können noch Sichtungen nachgemeldet werden. Experte Martin Rümmler erklärt, welche Ergebnisse sich abzeichnen. Dass etwa der Bergfink in diesem Jahr um 355 Prozent zugelegt hat, liegt höchstwahrscheinlich an einigen riesigen Schwärmen und weniger an einer Rekordvermehrung der Vögel.
Der Haussperling dominiert weiterhin den Winter in Deutschland. Die jährliche Vogelzählung "Stunde der Wintervögel" des Nabu liefert erste Ergebnisse und festigt die Vorreiterstellung der Singvogelart. Alle Bürgerinnen und Bürger können Vögel in ihrem Umfeld zählen und sich so an dem großen Citizen Science-Projekt beteiligen. Noch bis zum 20. Januar können weitere Sichtungen nachgemeldet werden, aber einige Tendenzen zeichnen sich bereits ab.
Amselsterben zeichnet sich ab
Die häufigsten Arten in diesem Winter: Haussperling, Blaumeise und Amsel. Die klassischen "Gartenvögel" sind also weiterhin stark vertreten. Allerdings ist die Zahl der Amseln um 18 Prozent gesunken. Vogelschutzexperte Martin Rümmler ist für die fachliche Unterstützung der Vogelzählung zuständig. Dass in diesem Jahr so viel weniger Amseln gesichtet wurden, überrascht ihn nicht: "Wir wissen, dass im letzten Jahr das Usutu-Virus in einigen Teilen Deutschlands grassiert hat, was die Amseln dezimiert hat. Das schlägt sich jetzt nieder", erklärt Rümmler. 2018 hatte das Virus beispielsweise in Hamburg dazu geführt, dass der Amselbestand fast komplett eingebrochen war.
Der große Gewinner in diesem Jahr war dagegen der Bergfink: Plus 360 Prozent! Diese Zahl ist allerdings mit Vorsicht zu genießen, betont Martin Rümmler. "Bei den Bergfinken muss man beachten, dass sie oft in sehr großen Schwärmen vorkommen und dann aber auch wirklich sehr regional begrenzt." Wenn also in diesem Jahr zwei Schwärme mehr zufällig durch das Sichtfeld der Vogelbeobachter gekreuzt sind, kann das die Zahlen schon erheblich verzerren. Deshalb ist es insgesamt schwierig, bei Vogelarten, die in großen Schwärmen unterwegs sind, Trends nachzuweisen.
Auch das Zählen eines solchen Schwarms ist, gelinde gesagt, tricky. "Das muss man mehr oder weniger durch Schätzungen machen", erklärt Rümmler.
Auch Experten hätten dabei mitunter ihre Probleme: "Man kann beispielsweise ein Zeitintervall wählen, wenn ein Schwarm durchfliegt und sagen: Innerhalb einer Sekunde waren das jetzt schätzungsweise hundert Vögel. Das kann man dann hochrechnen." Bei Bergfinken kann so ein Schwarm dann auch gerne mal mehrere tausend Individuen groß sein.
Auch bei Wasservögeln wie Gänsen müsse man aus diesem Grund vorsichtig sein mit der Interpretation der Daten, erklärt Nabu-Experte Martin Rümmler. Das betrifft in diesem Jahr Mitteldeutschland sehr stark, da hier (Stand 17. Januar) enorme Anstiege der Sichtungen gemeldet wurden: Bei Blässgänsen in Sachsen-Anhalt (+670%), Kanadagänsen in Sachsen (+1300%) und Graugänsen in Thüringen (+1400%). Weil Vögel einfach "sehr mobil" sind, so Rümmler, ergibt es Sinn, darauf zu achten, welche Tendenzen sich beispielsweise über mehrere Jahre abzeichnen.
Auf einem absteigenden Ast: der Feldsperling
Einer der Verlierer der letzten Jahre: Der Feldsperling. Aktuell steht er noch an Position fünf, aber er könnte künftig weiter abrutschen. Während der etwas größere Haussperling die am häufigsten gesichtete Art in diesem Winter ist, geht es seinem kleineren Verwandten nicht so gut. Das liegt daran, dass er einen anderen Lebensraum bevorzugt. Er meidet Innenstädte und ist auf Wiesen und an Waldrändern zu Hause, damit ist sein Lebensraum durch intensive Landwirtschaft gefährdet.
"Dass es weniger Feldsperlinge gibt, ist eine Beobachtung, die nicht nur wir mit unserer Vogelzählung machen, sondern auch die großen Monitoring-Programme stellen das fest", betont Rümmler. Den Vögeln fehle es an Bruststätten, aber auch der Rückgang an Insekten und Wildpflanzen mache ihnen zu schaffen.
Im Winter zählt es sich besonders gut
Bei den Teilnehmern der Nabu-Vogelzählung ist die jährliche Winterzählung weiterhin beliebt – über 100.000 Vogelfans haben ihre Beobachtungen bei der "Stunde der Wintervögel" aufgeschrieben. Vögel zählen scheint ein ziemliches Winter-Hobby zu sein. Die "Stunde der Gartenvögel", die im Mai wieder ansteht, verzeichnet jedes Jahr deutlich weniger Teilnehmende, berichtet Martin Rümmler: "Man kann die Vögel im Winter einfach besser erkennen, weil sie an die Futterstellen kommen und die Bäume keine Blätter tragen." Im Sommer sei man dagegen häufig auf Hilfsmittel wie das Fernglas angewiesen oder müsse die Vögel anhand ihres Gesanges bestimmen.
Die winterliche Kälte scheint die Vogelbeobachter dagegen nicht abzuhalten. "Mitunter kann man auch vom warmen Wohnzimmer aus durch die Fensterscheibe Vögel zählen", findet Nabu-Vogelexperte Martin Rümmler.
Falls Sie sich nun fragen, wie hoch ihre Chance ist, im eigenen Garten beispielsweise einer bestimmten Vogelart zu begegnen: Die Kohlmeise ist in dieser Hinsicht am häufigsten anzutreffen und wurde in den meisten Gärten gesichtet.
Links/Studien
Einen Überblick über die Zahlen aus diesem und den vergangenen Jahren bietet der Nabu auf seiner Website. Über die Karten-Funktion können Sie sehen, welche Vögel bei Ihnen besonders häufig gesichtet wurden.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 2 | 13. Januar 2025 | 14:00 Uhr
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