Küken lernen Gesang nicht richtig Singen Vögel durch Verkehrslärm falsch?
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14. Mai 2021, 17:06 Uhr
Flugzeuge, Baustellen, Verkehr – Lärm macht uns krank. Das ist seit längerer Zeit bekannt. Doch nicht nur Menschen, auch Tiere leiden unter lautem Verkehr. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung. Demnach haben Vogelküken bei Verkehrslärm Probleme, den Gesang der Eltern zu erlernen. Das hat mehr mit uns zu tun, als es im ersten Augenblick scheint.
Die Singvögel in unseren Gärten, Wiesen und Wäldern schuften derzeit. Fast alle befinden sich mitten in der Brut- und Aufzuchtzeit. Füttern, Wärmen, Bewachen – die Elternvögel sind rund um die Uhr gefordert. Doch der Nachwuchs braucht mehr als Futter, Wärme und Schutz. Er muss von den Eltern auch singen lernen. Diese Gesangsschule wird jedoch häufig gestört.
Gerade die großen Städte werden immer lauter. Der andauernde Lärm scheint die jungen Vögel zu beeinträchtigen. Das haben Forschende des Max-Planck-Instituts für Ornithologie im oberbayrischen Seewiese nun belegt. Anhand von Zebrafinken – kleinen, grau-weißen Vögeln mit rotem Schnabel, den namensgebenden Zebrastreifen auf der Kehle und einem sehr markanten Gesang. Für den Versuchsaufbau würden Zebrafink-Küken in zwei Gruppen eingeteilt, erklärt Forschungsgruppenleiter Henrik Brumm.
Wir haben für unsere Studie männliche Zebrafinken-Küken genommen und denen regelmäßig den Gesang von erwachsenen Männchen vorgespielt. Eine Gruppe von Vögeln bekam zusätzlich Verkehrslärm zu hören, den wir entlang viel befahrener Straßen in München aufgenommen haben.
Auch das Immunsystem der Vögel ist geschwächt
Die Ergebnisse überraschten die Wissenschaftler: Zum einen hatten die Zebrafinken, die neben dem Gesang auch Straßenlärm hörten, ein schwächeres Immunsystem. Zum anderen lernten sie auch schlechter und viel langsamer den Gesang der erwachsenen Vögel, erklärte Brumm.
Wenn sie schlecht lernen, ist zum Beispiel der Gesang kürzer oder sie haben nur bestimmte Teile kopiert. Oder bringen die Teile der Reihenfolge durcheinander.
Ursache dafür ist nach Ansicht der Forschenden der durch den Lärm entstehende chronische Stress. Welche Konsequenzen der fehlerhafte oder unvollständige Gesang für die Vögel hat, können die Wissenschaftler noch nicht abschließend sagen. "Aber wir vermuten, dass diese Lernfehler, sich fortsetzen, weil ja die Vögel in der nächsten Generation den Gesang neu lernen", erklärt Henrik Brumm. "Die Verhaltensbiologen nennen diesen Prozess kulturelle Evolution, weil die Tiere etwas ausbilden, was sie weitergeben, von einer Generation an die nächste. In diesem Fall der Gesang, der sich bei Stadt- und Landvögeln zunehmend auseinanderentwickeln kann."
Mit Lärm brauchen Tiere 30 Prozent mehr Zeit zum Lernen
Gleichzeitig sind Vögel sehr mobil – so dass sich Land- und Stadttiere wieder vermischen und Fehler ausgeglichen werden könnten. Wenn die Tiere mit dem fehlerhaften Gesang überhaupt einen Partner finden würden. So bleibt als feste Erkenntnis die Lernverzögerung, die durch menschengemachten Lärm entsteht: Normalerweise haben Zebrafinken den Gesang mit 90 Tagen erlernt. Die Tiere, die mit Straßenlärm lernten, brauchten durchschnittlich 30 Prozent mehr Zeit, nämlich 120 Tage. Dieses Phänomen ist in der Wissenschaft bereits bekannt. Allerdings bislang vor allem bei Menschen, erzählt Brumm.
Aus der medizinischen und psychologischen Literatur weiß man, dass Menschenkinder, die in lauten Umgebungen aufwachsen, etwa in der Nähe eines Flughafens oder einer Autobahn, unter Lerndefiziten erleiden. Das kann auch zur Störung der Sprachkompetenz führen.
Somit kann die Erkenntnis der Ornithologie auch den Menschen nutzen. Denn die Wissenschaftler planen, diese durch Lärm verursachten Lerndefizite an Zebrafinken weiter zu erforschen und so den Einfluss von Lärm auf die kognitiven Fähigkeiten zu untersuchen.
Link zur Studie
Die Untersuchung "Traffic noise disrupts vocal development and suppresses immune function" ist hier in ScienceAdvances erschienen.
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