Wissen-News Meeresschaum an deutschen Küsten mit PFAS-Chemikalien belastet
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04. Februar 2025, 11:36 Uhr
Die Schaumberge, die sich oft an den Stränden von Nord- und Ostsee türmen, laden manche Kinder zum Spielen ein. Kann der Kontakt gefährlich sein? Eine Greenpeace-Studie weist auf hohe Chemikalien-Gehalte hin.
PFAS-Chemikalien, auch Ewigkeitschemikalien genannt, finden sich einer Greenpeace-Studie zufolge in angespültem Meeresschaum an Stränden der deutschen Nord- und Ostseeküste. Experten der Umweltschutzorganisation nahmen im November und Januar nach eigenen Angaben Schaumproben an Stränden auf der ostfriesischen Insel Norderney, in Schleswig-Holstein auf der Insel Sylt und in Sankt Peter-Ording sowie in Boltenhagen und Kühlungsborn in Mecklenburg-Vorpommern. Alle Proben seien mit den Chemikalien belastet, teilte Greenpeace mit.
PFAS-Chemikalien in allen Schaumproben gefunden
Die PFAS-Konzentrationen, die nun an deutschen Stränden gefunden wurden, sind laut Greenpeace vergleichbar mit Gehalten aus früheren Studien in den Niederlanden, Dänemark und Belgien. Bislang gebe es sonst keine Daten über die Belastung mit den Chemikalien im Meeresschaum an deutschen Stränden.
Greenpeace ließ die genommenen Stichproben auf 31 PFAS-Chemikalien untersuchen – 14 Substanzen davon wurden nachgewiesen. Die höchste Konzentration wurde demnach in einer älteren Schaumprobe in Kühlungsborn gefunden - dort lag der Wert bei rund 160.000 Nanogramm pro Liter. Bei frischerem Schaum aus der Brandung, etwa auf Sylt, wurde noch eine Konzentration von rund 96.000 Nanogramm pro Liter gemessen.
Fehlende Grenzwerte, unzureichende Aufklärung
Zum Vergleich: In Dänemark gibt es laut Greenpeace einen Grenzwert für Badegewässer von 40 Nanogramm pro Liter. Die Proben aus Deutschland liegen demnach alle zwischen 290- bis 3777-fach über diesem Grenzwert. Die Umweltschützer bemängeln, dass deutsche Behörden bislang keine entsprechenden Grenzwerte für Badegewässer erlassen hätten. "Derzeit gibt es keine Umweltqualitätsnorm für PFAS in Meerwasser oder Meeresschaum." Auch der ab kommendem Jahr geltende deutsche Grenzwert für Trinkwasser von 100 Nanogramm pro Liter würde demnach deutlich überschritten werden.
PFAS Per- und Polyfluoralkylsubstanzen sind eine große Gruppe von synthetischen Chemikalien, die weit verbreitet sind – unter anderem in der Umwelt, im Trinkwasser und in der Nahrung. Sie werden seit langem in vielen Industrien und in Haushaltsprodukten eingesetzt, aufgrund ihrer wasser- und fettabweisenden Eigenschaften sowie ihrer Stabilität. Sie enthalten jedoch starke chemische Bindungen und sind daher schwer abbaubar. Menschen können PFAS vor allem über Nahrung und Trinken aufnehmen, denn die Chemikalien gelangen in Böden, das Grundwasser, Futtermittel, Verpackungen oder ins Meer. Einige PFAS stehen im Verdacht, krebserregend zu sein.
Greenpeace kritisiert, dass in Deutschland nicht genug gegen die Ewigkeitschemikalien unternommen wird. "In Dänemark und den Niederlanden warnen die Behörden vor dem Kontakt mit Meeresschaum und erklären, wie man sich nach einem Strandbesuch dekontaminiert", sagte Julios Kontchou, Ökotoxikologe und Autor der Studie von Greenpeace in einer Mitteilung. Deutsche Behörden testeten hingegen nicht mal offiziell. Behörden sollten dazu auffordern, nach dem Kontakt mit dem Meeresschaum die Haut gründlich mit klarem Wasser abzuwaschen, hieß es.
Gesundheitsamt warnt vor Verschlucken
In Niedersachsen empfehlen Experten für den vorsorglichen Gesundheitsschutz – unabhängig von der PFAS-Belastung – grundsätzlich nicht mit Meeresschaum zu spielen, den Schaum in den Mund zu nehmen oder gar zu schlucken. Ein Infoblatt des Landesgesundheitsamts in Niedersachsen aus dem vergangenen Jahr weist darauf hin, dass Meeresschaum PFAS enthalten kann.
"Die Menge an PFAS im Meeresschaum variiert stark, je nach Standort und Zeit, jedoch ist noch unklar, wodurch die PFAS-Konzentration im Meeresschaum beeinflusst wird", heißt es in dem Schreiben. Wegen einer "sehr geringen Konzentration an PFAS" stelle Schwimmen, Baden und Spielen im Meerwasser aber kein gesundheitliches Risiko da, Verschlucken allerdings schon. Das Bundesumweltministerium hielt sich zunächst bedeckt, ließ konkrete Fragen des SWR, wie sich Strandbesucher nun verhalten sollen, unbeantwortet.
Links
Greenpeace hat die komplette Studie veröffentlicht. Das Bundesumweltministerium hat eine Handreichung zu PFAS auf seiner Website.
dpa/jar/kie
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 03. Februar 2025 | 19:18 Uhr
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