Asteroid trifft Erde
Asteroiden könnten ganze Städe oder sogar den Planeten auslöschen. Von den Asteroiden, deren Umlaufbahn zwischen Erde und Sonne liegt, wissen Astronomen kaum etwas. Bildrechte: imago/Science Photo Library

Astronomie Erdnahe Asteroiden: Teleskope suchen in der Dämmerung nach Planetenkillern

22. Juli 2022, 09:57 Uhr

Die meisten bekannten Asteroiden haben ihre Umlaufbahn jenseits der Erde im äußeren Sonnensystem Richtung Mars, Jupiter und noch weiter draußen. Doch manche von ihnen fliegen auch zwischen Erde und Sonne, also im inneren Bereich des Sonnensystems und damit in potenzieller Nähe zur Erde. Nur wenige dieser außerirdischen Felsbrocken sind bekannt, aber mit einem speziellen Durchmusterungsverfahren könnte sich das ändern.

Ein Asteroid könnte das Leben auf der Erde auslöschen. Die Dinosaurier hatte dieses Schicksal bereits ereilt. Dabei kommen einige Asteroiden nicht aus dem großen Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter zu uns. Manche von ihnen fliegen zwischen der Erde und Sonne entlang. Genau diese erdnahen Objekte (engl. Near Earth Objects, kurz: NEO) hat sich der Astronom Scott Sheppard am Institut für Astronomie an der University of Hawaii genauer angeschaut.

Neue teleskopische Durchmusterungen trotzen dem grellen Licht der Sonne und suchen während der Dämmerung nach Asteroiden in Sonnenrichtung, erklärt der Astronom in seinem Aufsatz. So wurden jüngst bisher unbekannte erdnahe Asteroiden entdeckt. Einer davon ist 'Ayló'chaxnim 2020 AV2, der erste entdeckte Asteroid mit einer Umlaufbahn zwischen Venus und Sonne. Und der kürzlich entdeckte Asteroid 2021 PH27 hat die Kürzeste bekannten Umlaufzeit um die Sonne (ungefähr 114 Tage).

Diese Asteroiden-Klassefizierungen gibt es

Diese Art von inneren Asteroiden werden in drei Klassifizierungsgruppen eingeordnet:

  1. Alle Asteroiden, die sich vollständig innerhalb der Umlaufbahn der Erde um die Sonne bewegen, fallen unter die Gruppe der Atira-Asteroiden. Sie werden auch Inner Earth Objects (engl. Innere Erdobjekte, kurz: IEO) genannt. 
  2. Bei der Vatiras-Gruppe bewegen sich die Asteroiden vollständig innerhalb der Umlaufbahn der Venus.
  3. Dann gibt es noch die hypothetischen Vulcanoids, die sich innerhalb der Merkurbahn bewegen – bisher wurden solche Asteroiden noch nicht beobachtet.

Eine Infografik, die den Unterschied zwischen einem Komet (l.) und einem Asteroid (r.) zeigt.
Eine Infografik, die den Unterschied zwischen einem Komet (l.) und einem Asteroid (r.) zeigt. Bildrechte: MDR

Weitere Klassen von äußeren Asteroiden sind:

  • Amore, die sich der Erde nähern, aber die Erdbahn nicht kreuzen
  • Apollos,die die Erdumlaufbahn kreuzen, aber eine größere Halbachse als die Erde haben
  • Und der Atens-Typ: Diese Asteroiden kreuzen ebenfalls die Erdumlaufbahn, haben aber eine kleinere Halbachse als die der Erde.

Die Klassifizierung selbst hat recht wenig mit der ausgehenden Gefahr von Asteroiden gemein. Da geht es eher um die Größe, ihre Geschwindigkeit und ob sie die Erdbahn kreuzen. Je mehr erdnahe Asteroiden es gibt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass einer von ihnen gefährlich ist.

Die Gefahr aus dem All: Wie häufig sind die inneren Asteroiden?

Und je kleiner ein Asteroid ist und je mehr Sonnenlicht er absorbiert, desto größer ist seine Bewegung. Astronom Scott Sheppard vermutet, dass es nur wenige Atiras-Asteroiden gibt. Vatiras-Asteroiden werden wohl noch seltener sein.

Eine englischsprachige Infografik zu den verschiedenen Klassifizierungen von Asteroiden.
Eine englischsprachige Infografik zu den verschiedenen Klassifizierungen von Asteroiden. Bildrechte: Scott S. Sheppard, Science.org

Der Grund: Für solche Objekte wird es schwierig, sich über die Erd- und dann die Venusbahn hinaus nach innen zu bewegen. Zwar können die Gravitationskräfte der Planeten dazu führen, dass sich die Umlaufbahn der Asteroiden verändert.

Von den Felsen, die aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter ins innere Sonnensystem gekommen sind, dürften jedoch nur rund 1,2 Prozent eine Atiras-Umlaufbahn erreicht haben. Bei den Vatiras-Asteroiden dürften nur 0,3 Prozent aus dem Asteroidengürtel stammen.

Innere, erdnahe Astroiden haben vermutlich eine kurze Lebensspanne

Einige Atiras und Vatiras stammen wahrscheinlich nicht aus dem großen Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter, sondern kommen vielleicht aus stabilen Bahnen zwischen Venus, Merkur und Sonne.

Die Lebensspanne der inneren Asteroiden dürfte begrenzt sein. Laut Sheppard wird 2020 AV2 in ein paar Millionen Jahren die Venusbahn kreuzen. Irgendwann wird er dann mit dem Planeten kollidieren. Ein anderes Szenario: Die Gravitationskräfte der Venus dürften den Asteroiden entweder zur Sonne ablenken, wo er zerfallen wird, oder der Asteroid würde aus dem inneren Sonnensystem herausgeschleudert werden.

Erde in Gefahr: Mögliche Killer-Asteroiden frühzeitig entdecken?

Die meisten Vatira-Asteroiden sind eher klein, schätz Sheppard. Rein statistisch dürfe keiner dieser Asteroiden größer als 1,5 Kilometer im Durchmesser sein. Sicher sagen lässt sich das allerdings nur schwer: Aufgrund des Streulichts der Sonne können nur die größeren Asteroiden beobachtet werden.

Der Asteroid 2021 PH27 kreuzt die Bahnen von Venus und Merkur und gehört deshalb zur Atira-Gruppe. Mit einem Durchmesser von einem knappen Kilometer gehört er zu den relativ großen inneren Asteroiden, die den Beinamen Planetenkiller tragen. (Asteroiden größer als 140 Meter gelten immerhin noch als potenzielle Städtekiller).

Astronom Sheppard hofft auf eine die fortlaufende Dämmerungsdurchmusterung. Sie könnte zur weiteren Erkennung potenzieller Killer-Asteroiden führen. Je mehr Asteroiden bekannt sind, desto eher kann abgewogen werden, welche Gefahr von ihnen ausgeht. Und um so eher können Raumfahrtmissionen agieren und beispielsweise Raumsonden zur Ablenkung der Asteroiden schicken, wie es gerade auch bei der Dart-Mission der Nasa erprobt wird.

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