Interview Astronomiejahr 2023: Planeten, nachtleuchtende Wolken, Sternschnuppe und möglicherweise Polarlichter

29. Oktober 2023, 00:42 Uhr

Wie wird das astronomische Jahr 2023 aussehen? MDR WISSEN hat mit dem Leiter des Planetariums in Halle (Saale), Dirk Schlesier, über nachtleuchtende Wolken, den Lauf der Planeten, Sternschnuppen, Finsternisse, Sonnenaktivitäten und mögliche Polarlichter über Mitteldeutschland geredet.

Bereits zu Jahresbeginn wird sich der Höhepunkt der Sternschnuppen der Quadrantiden ereignen. Ihr Maximum erreichen sie in der Nacht des 4. Januar 2023 – am selbigen Tag steht die Erde auch im Perihel, ihrem sonnennächsten Punkt. Doch wer Sternschnuppen beobachten will, für den hat Dirk Schlesier einen anderen Tipp. Er ist der Leiter des Planetariums in Halle (Saale) und hat mit MDR WISSEN über das astronomische Jahr 2023 gesprochen.  

Eine Weltraum-Kollage mit Dirk Schlesier, dem Leiter des Planetariums in Halle (Saale), im Vordergrund. 14 min
Eine Weltraum-Kollage mit Dirk Schlesier, dem Leiter des Planetariums in Halle (Saale), im Vordergrund. Bildrechte: MDR, Planetarium Halle/Dirk Schlesier, Nasa, SpaceX

Sternschnuppen in 2023: Besonders drei Meteorströme lohnen sich

Die Perseiden im August und die Leoniden im November gehören wohl zu den bekanntesten Sternschnuppen. "Allerdings haben diese im Laufe der Zeit ein bisschen nachgelassen", findet Schlesier.  

Dennoch lohnt es, sich im August einfach "auf eine Wiese zu legen – gerade weil die Temperaturen dann auch entsprechend angenehm sind –, um nach oben zu gucken und die eine oder andere Perseide zu erwischen." Das Maximum wird in der Nacht vom 12. auf den 13. August 2023 erreicht. Der Planetariumsleiter empfiehlt sich den Termin schon einmal im Kalender zu notieren. Manchmal bieten Sternwarten, Planetarien oder Städte entsprechende Sternschnuppen-Veranstaltungen an. 

Eine Sternschnuppe über einem Felsbogen in Italien. 2 min
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Sternschnuppen im August, Sternschnuppen im November, Sternschnuppen im Dezember: Schöne Himmelsspektakel, wenn das Wetter und der Himmel es zulassen, dass wir sie sehen. Doch wie entsteht eine Sternschnuppe?

Mo 13.12.2021 10:42Uhr 01:40 min

https://www.mdr.de/wissen/astrokalender/sternschnuppe-zwanzig-zweiundzwanzig-wie-entsteht-eine-sternschnuppe100.html

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In manchen Jahren verschiebt sich der Meterstrom-Höhepunkt um ein bis zwei Tage. "Dann ist man vielleicht besser dran ein, zwei Tage zuvor oder danach zum Himmel zu schauen", erklärt Schlesier. Ähnliches gilt für die Leoniden Mitte November. Jedoch gibt es von den Leoniden eher wenig Sternschnuppen. "Was vielleicht eher zu empfehlen ist: Die Geminiden, die im Dezember auftreten. Das ist ein etwas stärkeres Strom, so zumindest mein Eindruck."

Kaum eine richtige Finsternis in 2023

Mir Sonnen- und Mondfinsternissen sieht es in 2023 eher mau aus. "Es gibt vier Finsternis im Jahr 2023. Aber wir werden hier über Mitteldeutschland nur eine wirklich wahrnehmen können", erzählt Schlesier im Interview. Am 28. Oktober 2023 gibt es eine partielle Mondfinsternis, die "wir tatsächlich über Mitteldeutschland sehen können". 

Bei dieser Mondfinsternis sieht man den Erdschatten zu einem kleinen Teil über die Mondoberfläche wandern. Es keine totale Mondfinsternis.

Dirk Schlesier, Leiter des Planetariums in Halle (Saale)

Das bedeutet, so Schlesier, dass der Mond wird nicht so rot werden wird, "wie man das vielleicht von totalen Mondfinsternissen kennt. Aber man wird merken, dass sich der Mond schon ändert."

Weltweit kann man am 14. Oktober 2023 eine ringförmige Sonnenfinsternis betrachten – nur nicht über Mitteldeutschland oder Deutschland. Da der Mond dann "ein bisschen weiter weg von der Erde ist, schafft er es nicht ganz die Sonne abzudunkeln. Da wird sich so ein Feuerring um den Mond ergeben", so der Hallenser. Wer die Sonnenfinsternis am 14. Oktober sehen möchte, muss nach Nord- oder Südamerika, Westafrika, oder in die Pazifik-Region aufbrechen. 

Supermond, doch nicht so super

Am 1. August 2023 steht der Mond der Erde auf seiner Umlaufbahn besonders nahe. Zum selben Zeitpunkt ist auch Vollmond. Deswegen wird ein Super-Vollmond am Nachthimmel stehen. "Wenn das zusammentrifft, dann wirkt er für einige Menschen ein bisschen heller und größer. Das ist so ein bisschen Geschmacks- oder Ansichtssache", wähnt Schlesier. Die wenigsten werden hier tatsächlich einen Unterschied erkennen. 

Doch es gibt tatsächlich ein Phänomen, bei dem der Mond uns größer erscheint: die Mondtäuschung. "Da ist es tatsächlich so, dass der Mond, gerade wenn er aufgeht oder nahe des Untergangs ist und dem Erdboden relativ nah ist, können wir nicht so richtig die Entfernung einschätzen. Dann ergibt sich für unser Auge eine optische Täuschung", erörtert der Leiter des Planetariums in Halle. 

Der Mond scheint dann viel größer zu sein. Zumindest für das menschliche Auge. Unser Gehirn spielt uns da einen Streich. Schlesier hat sogar ein kleines Experiment vorgeschlagen: Zücken sie einfach ihre Handkamera oder Fotoapparat und machen ein Foto von dem "großen" Mond. "Dann werden sie bitter enttäuscht sein und merken, wie klein der ist. Fürs Auge gesehen ist es wirklich sensationell anzuschauen. Das ist die Mondtäuschung, da trickst uns unser Gehirn ein bisschen aus. Und die Fotos zeigen dann die Realität."

Der Lauf der Planeten in 2023

Als Planeten-Fan freut sich Schlesier vor allem auf Jupiter, Saturn, die Venus und den Merkur: "Die Venus strahlt wirklich sehr, sehr hell, sodass viele Leute in den Planetarien anrufen und sagen, dass sie ein Ufo oder etwas anderes gesehen haben." Die Venus können Sie besonders gut Anfang des Jahres beobachten. Im Juni ergibt sich eine erneute Möglichkeit zum Venus-Watching. 

Beim Merkur ist es schwerer. Der ist nicht so hell und eher in Horizontnähe zu finden. "Der ist auch nicht so groß wie die Venus. Er hat nicht so eine dichte Atmosphäre wie unser Schwesterplanet", erörtert Schlesier. Dennoch lohnt der Blick am 30. Januar 2023 zum südöstlichen Horizont. Am 29. Mai 2023 zeigt sich der Merkur erneut am Osthorizont. 

Jupiter ist im Herbst, besonders im November, gut zu beobachten. "Wer ein kleines Fernrohr oder ein gutes Fernglas hat und eine ruhige Hand oder ein Stativ, der sollte sich mal die Monde anschauen. Da sieht man tatsächlich vier Monde um den Jupiter herum", so Schlesier.

Der Blick zum Saturn lohnt sich im August und September. Am 27. August steht er sogar in Opposition und ist besonders schön zu beobachten. Mit einem Blick durch ein kleines Fernrohr zeigen sich sogar seine Ringe.  

Nachtleuchtende Wolken

Im Juni und Juli empfiehlt Schlesier den Blick zum Himmel kurz nach Sonnenuntergang. Dann zeigen sich besonders hell leuchtende Wolken: "Die kommen nicht durch das Wetter, wie wir das durch so troposphärische Erscheinungen kennen, sondern durch Reflexion des Sonnenlichts an Eiskristallen zustande." Die Sonne ist zu diesem Zeitpunkt bereits untergegangen, aber diese Kristalle sind sehr weit oben in der Atmosphäre und die reflektieren das Sonnenlicht.

Manche dieser Wolken haben sogar Wellenmuster, was der Planetariumsleiter als sehr schön empfinden und empfehlen kann. Im Juni 2022 konnte man dieses Phänomen ebenfalls oft beobachten. Eine weitere Empfehlung (jedoch weiter außerhalb der groß-beleuchteten Ortschaften) ist die Milchstraße im Sommer zu beobachten: "Die steht dann im großen glitzernden Band über dem Himmel und im Sommer steht die Milchstraße besonders hoch." 

Polarlichter über Halle?

Die Sonne ist derzeit sehr aktiv. Wer sein Teleskop mit einer speziellen Finsternis-Folie ausstattet, kann sogar Sonnenflecke beobachten. "Ich gehe mal davon aus, dass sie auch im Jahr 2023 im Jahresverlauf noch einmal zulegen können. Und immer, wenn man viele Sonnenflecke auf unserem Stern sieht, dann weiß man: Da geht richtig die Post ab", sagt Schlesier. 

Und das Schöne ist: Vielleicht gibt es auch Polarlichter – ich möchte es nicht versprechen, weil sie über Mitteldeutschland sehr selten zu beobachten sind.

Dirk Schlesier, Leiter des Planetariums in Halle

Doch er selbst durfte 2003 Polarlichter über Halle bewundern. Zwar lohnen sich eher die Polarregionen als Ausgangspunkt für Polarlicht-Jäger und -Jägerinnen, aber vielleicht hat man 2023 auch in Mitteldeutschland etwas Glück – immerhin wäre es ein Jubiläum.  

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