Buckel-Wal, springend
Buckelwale fressen in Tiefen zwischen 50 und 250 Metern Bildrechte: imago/blickwinkel

Plastikmüll im Meer Wale schlucken pro Tag bis zu zehn Millionen Mikroplastikteilchen

11. April 2024, 13:05 Uhr

Pro Tag vertilgen Wale bis zu zehn Millionen Mikroplastikteilchen. Und die stammen zum größten Teil nicht direkt aus dem Wasser, sondern sind in der Nahrung der Meeressäuger enthalten.

Krill ist die Nahrung der Buckelwale, sie besteht aus Kleinstkrebsen, den Euphasidae, die zum Zooplankton gehören. Wäre das Meer nun ein Supermarkt und könnten Wale lesen, müssten über den schwimmenden Krill-Wolken Warnhinweise schweben: Vorsicht, enthält Mikroplastik! Ein Forschungsteam der Uni Stanford hat nämlich entlang der kalifornischen Küste erforscht, wieviel Mikroplastik Wale fressen.

Wo die Wale futtern

Antarktischer Krill (Euphausia superba) auf einer Hand
Kleinstkrebse: Wie nahrhaft sind sie noch, wenn sie Mikroplastik enthalten? Bildrechte: IMAGO / blickwinkel

Die Forscher untersuchten anhand 191 ausgewählter Wale, wo im Meer die Ozeanriesen fressen: Sie "grasen" in Tiefen zwischen 50 und 250 Metern, unglücklicherweise genau in der Region des Wassers, in der am meisten Mikroplastik vorkommt. Allerdings gelangt das Mikroplastik dem Stanford-Team zufolge nicht über verschlucktes Wasser in die Wale, sondern über deren Nahrung. Und je nach Nahrungs-Art ist es mehr bzw. weniger. Buckelwale, die Hering und Sardellen verschlingen, vertilgen demnach schätzungsweise 200.000 Mikroplastikteile pro Tag, bei Ernährung durch Krill sind es dagegen zehn bis 20 Mal so viel. Finnwale, die sowohl die winzigen Krustentierchen als auch Fische fressen, futtern nach Schätzungen der Forscher pro Tag zwischen drei bis zehn Millionen Mikroplastikteile. Und auch Blauwale, die größten Tiere der Erde, über 30 Meter lang und bis zu 200 Tonnen schwer, nehmen mit der Nahrung täglich rund zehn Millionen Mikroplastikteile auf.

Mikroplastik im Kleinstkrebs: Was macht das mit dem Nährwert?

Finnwale beim Mittagessen. Sie fressen Krill, der zuvor von einigen Artgenossen nach oben getrieben wurde.
Finnwale an der Wasseroberflä he Bildrechte: Alfred-Wegener-Institut / Helena Herr

Aber was bedeutet das nun für den Nährwert des Krills und der Fische? "Noch wissen wir nicht, ob die Krustentierchen, die Mikroplatik vertilgen, weniger ölhaltig sind, oder Fische weniger fetthaltig sind, weil ihnen das Mikroplastik, das sie vertilgt haben ihrem Körper vorgaukelt, dass sie satt sind", sagt Studien-Autorin Shiril Kahane-Rapport. Wäre das der Fall, hieße das bezogen auf die Wale, dass sie zwar viel fressen, allerdings ohne entsprechenden Nährwert. "Das ist so, als ob man für einen Marathon trainiert und dabei die ganze Zeit Gummibärchen futtert", erklärt die Wissenschaftlerin.

Und was macht das Mikroplastik in den Bartenwalen?

Großer Krillschwarm
Warum sich wo wieviel Krill bildet und ansammelt ist noch Bildrechte: IMAGO / Bluegreen Pictures

Wale sind zwar nicht die einzigen Meeresbewohner, die Mikroplastik aufnehmen, insgesamt ist das inzwischen für tausend Arten bekannt. Wale aber sind die Meeresbewohner, die am meisten Mikroplastik von allen aufnehmen. Noch ist unklar, was mit dem Mikroplastik im Wal-Inneren passiert: Es könnte beispielsweise die Magenschleimhaut der Meeressäuger zerkratzen, in den Blutkreislauf gelangen, oder durch das Tier hindurchgehen, listet Forscherin Kahane-Rapport die verschiedenen Möglichkeiten auf. Der aktuelle Stand lautet ihr zufolge schlicht: "Wir wissen es noch nicht."

Warum das dringend erforscht werden muss, verdeutlicht der Senior-Autor der Studie, Ozean-Wissenschaftler Jeremy Goldbogen: "Große 'Filter-Fische' wie Bartenwale haben sich entwickelt, um große Mengen des Ozeans zu verarbeiten und zu filtern. Sie sind wie Wächter über Umweltveränderungen, einschließlich Verschmutzungen wie Mikroplastik".

Blauwal
Blauwal. Auch er ein Wächter der Umweltveränderungen in den Tiefen der Meere Bildrechte: IMAGO / Nature Picture Library

Links/Studien

Die Studie "Feldmessungen zeigen ein Expositionsrisiko durch die Aufnahme von Mikroplastik durch filterfressende Megafauna" ist in "nature communications" erschienen.

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