Neue Handelsrouten Eisschmelze in der Arktis sorgt für neue Seewege
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21. Juni 2022, 16:45 Uhr
Die Eisschmelze in der Arktis wird in den kommenden Jahrzehnten enorme Ausmaße annehmen. Für die Schifffahrt ergeben sich dadurch jedoch neue Routen, die den CO2-Ausstoß deutlich reduzieren könnten. Forschende von der Brown University haben dafür verschiedene Szenarien modelliert.
Klimamodelle zeigen: Teile der Arktis, die zuvor ganzjährig mit Eis bedeckt waren, schmelzen so schnell, dass sie in zwei Jahrzehnten für Monate eisfrei sein könnten. Unzählige Arten, die die Minustemperaturen zum Überleben brauchen, werden so gefährdet, warnen Forschende. Gleichzeitig könnten sich aus der Eisschmelze aber kürzere und damit klimafreundlichere Routen für die Schiffsfahrt ergeben. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Brown University.
Bis 2065 werde die Schiffbarkeit so weit zunehmen, dass komplett neue Routen in den internationalen Gewässern der Arktis entstehen könnten. Das würde nicht nur die Emissionen der Schifffahrtsbranche reduzieren, sondern auch die russische Kontrolle über die Handelswege im Gebiet zurückdrängen. Denn im Gegensatz zur Antarktis, gibt es für die arktischen Gewässer mehrere nationale Gesetze und internationale Abkommen.
Neue Routen werden Welthandel verändern
"Es gibt kein Szenario, in dem die Eisschmelze eine gute Nachricht ist", sagt Amanda Lynch vom Institut für Umwelt und Gesellschaft der US-amerikanischen Brown University. Fakt sei aber, dass das Eis bereits zurückgeht, weshalb jetzt der Zeitpunkt gekommen sei, um über die Auswirkungen zu sprechen. Es wäre bereits jetzt klar, dass die neu entstehenden Routen einen großen Einfluss auf die Weltpolitik und den Handel haben werden.
Seit 1982 räumt das Seerechtsübereinkommen der UNO den arktischen Staaten beispielsweise erweiterte Befugnisse ein. Artikel 234 besagt, dass Länder, deren Küsten nah an den Schifffahrtsrouten zur Arktis liegen, den Seeverkehr regulieren können, sofern das Gebiet den größten Teil des Jahres mit Eis bedeckt ist. Grund dafür ist die Vermeidung von Meeresverschmutzung durch Schiffe. Russland habe diese Vereinbarung aber seit Jahren für seine eigenen ökonomischen Interessen missbraucht, so Charles Norche, Direktor des Zentrums für Meeres- und Küstenrecht der University of Maine und Co-Autor der Studie. So verlangte Russland unter anderem hohe Mautgebühren und veranlasste Reedereien dadurch dazu, diese Gebiete zu umgehen. Stattdessen fuhren viele Schiffe durch den Suez- oder Panamakanal, was zwar ein längerer Weg, aber am Ende kostengünstiger sei.
Kürzere Routen, niedrigere Kosten, weniger CO2 Emissionen
Durch die Eisschmelze werde sich die Schifffahrt aus den russischen Hoheitsgewässern in die internationalen Gewässer der Arktis verlegen, was die Routen um 30 bis 50 Prozent verkürzen würde. Das hätten vorangegangen Studien bereits gezeigt, so Lynch. Die Reisezeit der Schiffe könnte um 14 bis 20 Tage reduziert werden und Reedereien ihre Treibhausgasemissionen um etwa 24 Prozent senken.
Die Ergebnisse sollen Lynch zufolge den Staats- und Regierungschefs als Grundlage für Gespräche dienen. Die Wissenschaftler der Studie hoffen, dass dadurch die richtigen Entscheidungen zum Schutz des Klimas getroffen werden können.
MDR/Sarah-Maria Köpf