Eisberge bei Sonnenuntergang im Uummannaq Fjord, Grönland, Nordamerika. 54 min
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Audiofeature – AMOC Was, wenn die atlantische Umwälzströmung versiegt und keiner darüber spricht?

20. Januar 2025, 09:21 Uhr

Eine Studie aus dem niederländischen Utrecht hat es in sich: Sie sagt eindeutig einen Kipppunkt für die atlantische Umwälzströmung voraus und infolgedessen eine unumkehrbare fatale Abkühlung des Klimas in Nordeuropa. Sollten wir darüber berichten und wenn ja, wie?

Über einen "düsteren Brief" wird der MDR WISSEN Reporter Karsten Möbius auf das Thema aufmerksam. 40 führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der ganzen Welt warnen darin vor verheerenden Folgen, wenn die atlantische Umwälzzirkulation – kurz AMOC – tatsächlich versiegen sollte. Das Szenario, was darin beschrieben wird, könnte dramatischer kaum sein: statt Erwärmung eine schier unglaubliche Abkühlung, vor Norwegen kein Fischfang mehr möglich, die Landwirtschaft Nordeuropas bricht zusammen, die tropischen Regengebiete verschieben sich und sorgen für Überschwemmungen hier und Trockenheit dort.

Süßwasser vom Grönländischen Eisschild lässt Strömungen wohl stoppen

Grund für das Versiegen des Stroms soll das abtauende Eis auf Grönland werden. Das Süßwasser, was vom schmelzenden Eisschild in den Atlantik fließt, wird das Absinken von kaltem Salzwasser vor den Küsten der größten Insel der Erde behindern. Dieses Kaltwasser ist quasi der Motor für die Strömungen des Wassers im Ozean, das sich auf dem Weg zum Äquator erwärmt und für Meeresbewegungen bis ins Südpolarmeer verantwortlich ist. Und das, so sagt es die Studie aus den Niederlanden, droht schon in diesem Jahrhundert.

Einfache Darstellung des Golfstroms mit warmem Wassertransport von Nordamerika bis Europa und kühlem Wasser zurück Richtung Nord- und Südamerika. USA-Westküste mit starker Erwärmung seit 1870 und Bereich südlich von Grönland mit Abkühlung.
Die Atlantische Umwälzzirkulation (AMOC) droht zu stoppen. Das hätte fatale Auswirkungen auf das Klima. Bildrechte: PIK

Was für ein Stoff für Journalistinnen und Journalisten – doch Karsten Möbius zweifelt! Was bedeutet es für Menschen, wenn sie von solchen Studien hören, zieht es ihnen nicht einfach den Boden unter den Füßen weg? Ist Berichterstattung über solche Kipppunkte ein Grund dafür, dass sich die Menschen von Klimathemen abwenden? Sollten sie nicht dennoch erfahren, was die Forscher herausgefunden haben? Der Journalist macht das, was er am besten kann, er fragt nach. Seine Reise führt ihn nach Utrecht, den Ort von dem die spektakuläre Untersuchung stammt, nach Hamburg, wo die dramatischen Auswirkungen des Kipppunkts in Frage gestellt werden, nach Kiel, wo er von Deutschlands bekanntestem Klima-Wissenschaftler Mojib Latif Kritik einstecken muss.

Das Team von MDR Wissen, Ina Lebedjew und Karsten Möbius bei Mojib Latif.
Ina Lebedjew und Karsten Möbius bei Mojib Latif (Mitte). Bildrechte: Ina Lebedjew

Es wird eine Reise, an deren Ende eine Antwort auf die Frage steht: Sollten wir darüber berichten und wenn ja, wie?