Telefonphobie Was tun gegen die Angst vorm Hörer?
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03. März 2020, 13:04 Uhr
Der Atem stockt, wenn das Telefon klingelt; die Hände werden kalt, wenn man selbst anrufen muss: Von Telefonphobie sind immer mehr Menschen betroffen, vor allem jüngere. Sie nehmen lieber einen langen Weg auf sich, um einen Termin zu vereinbaren, anstatt einfach zum Hörer zu greifen. Doch wie entsteht diese Vermeidungsstrategie und was kann man dagegen tun?
Kaum jemand von uns geht heute überhaupt noch ohne Telefon aus dem Haus. Da scheint die Vorstellung, dass jemand Angst vorm Telefonieren haben könnte, eigentlich absurd. Doch der JIM-Studie 2018 zufolge nutzt nur noch jeder fünfte Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren das Smartphone zum Telefonieren. Jüngere Nutzer kommunizieren hauptsächlich über verschiedene Messengerdienste - im Durchschnitt 36 Mal am Tag. Das geht rund um die Uhr, ist schneller und man kann sich nicht blamieren. Und genau darin sehen Psychologen den Grund für eine sogenannte "Telefonphobie".
Wir könnten anfangen zu stottern oder nicht das Richtige sagen. Die Bedingungen am Telefon sind erschwert. Wir können den anderen nicht sehen, uns fehlt sein nonverbales Feedback.
Außerdem müssen wir sehr spontan agieren und wissen, was wir sagen wollen. Es geht also eigentlich gar nicht um die Angst vor dem Telefon an sich, wie der Begriff vorgibt, sondern um das Telefonieren. Wir müssen mit jemandem sprechen, den wir vielleicht gar nicht kennen, und werden dafür vielleicht bewertet.
Es geht um die soziale Interaktion, nicht um das Gerät und müsste daher eher Telefonierangst heißen.
Die Ursachen dafür sieht Annegret Wolf in unserem veränderten Kommunikationsverhalten und in der Technik, die uns dafür zur Verfügung steht. Auch früher gab es schon Menschen mit Hemmungen vorm Telefonieren, sie hatten nur meist keine Alternative.
Heute können wir alles schriftlich machen. Es gibt für alles ein Online-Formular: Von der Tischreservierung bis zum Friseurtermin. Mit Kollegen mailen wir, Freunden schicken wir eine Textnachricht.
Damit wird uns zum einen das Vermeidungsverhalten erleichtert, andererseits verlernen wir, am Telefon miteinander zu sprechen. Annegret Wolf spricht in diesem Zusammenhang von einem Generationenproblem. Vielen fehle einfach die Übung im Telefonieren, da das ja nach einem gewissen Schema ablaufe:
Man braucht Anfangsfloskeln. Man muss spontan reagieren, auch die Stille aushalten, wenn man mal nicht nichts zu sagen weiß.
Die technikaffine Jugend hat das Telefonieren also erst gar nicht gelernt. Sie alle whatsappen und snapchatten, sie ergehen sich in Sprachnachrichten. Telefonisch aber sind sie nicht erreichbar, was zunächst nicht besorgniserregend ist.
Aber es gibt Menschen, die bekommen Panikattacken. Ihnen wird übel, die Hände werden feucht, sie erröten, die Stimme bricht weg.
Der Kampf beginnt im Kopf
Für Annegret Wolf ist das eine Angstsymptomatik, die vielen den Alltag schwer macht und daher behandlungsbedürftig sein kann. Eine eigenständige Diagnose ist die "Telefonphobie" jedoch bislang nicht. Sie wird den Sozialphobien zugeordnet, also allen Angststörungen, die mit der Interaktion mit anderen Menschen zusammenhängen.
Eine Therapie ist also nicht unbedingt notwendig, um der Angst vorm Telefonieren zu begegnen. Die Empfehlung von Annegret Wolf: Zuerst sollte man sich bewusst machen, wovor man eigentlich genau Angst hat. Möchte man nicht aufdringlich sein? Hat man Sorge, sich zu blamieren? Und was kann denn eigentlich passieren, wenn man es wagt?
Übung macht den Meister
Hat man das alles gedanklich durchgespielt, kann man mit kleinen Übungen beginnen, rät Annegret Wolf: Kürzere Anrufe erledigen, zunächst mit vertrauten Menschen. Auch sich vorzubereiten, kann helfen: Wie beginne ich das Gespräch? Was möchte ich sagen?
Man kann sich Stichpunkte aufschreiben und vorher durchsprechen. Auch lächeln hilft, das senkt die Hemmschwelle. Man denkt positiver.
Später kann man dann immer längere Gespräche führen und vielleicht sogar wieder genießen, die Stimme des anderen zu hören, mal mit der Freundin oder den Eltern zu plaudern. Zwar hängen wir dann immer noch am Telefon. Ein Gespräch ist aber immer noch persönlicher als die Textnachricht mit Emotionsbildchen.
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